Das Karrieremacherbuch
Danach berechtigen fachliche Kompetenz und die Dauer der Tätigkeit zum Aufstieg. Ich glaube, Experten nannten das Kaminkarriere. Dass das nicht stimmt, wissen wir alle. Das geht aus den Köpfen aber nicht raus.
Maischberger: Der Akademikeranteil liegt heute, wie vor mehr als 25 Jahren in Bologna geplant, bei 40 Prozent. Akademiker arbeiten in Funktionen, die früher für Menschen mit kaufmännischer Lehre und Facharbeiter bestimmt waren. Das hat zu einem Verdrängungswettbewerb geführt, bei dem zeitweise Abiturienten mit dualer Ausbildung im Vorteil gegenüber den Bachelorabsolventen waren. War das trotzdem die richtige Entwicklung, Herr Dose?
Thomas Dose: Ja, auf jeden Fall. Es ist schwierig für diejenigen, die in dem alten System großgeworden sind, für die die Lehre und erst recht das Studium etwas Besonderes war. Durch die häufigen Unternehmenswechsel ist das duale System mit seiner Branchenbindung letztendlich im Nachteil und hat an Bedeutung stark verloren. Zudem hat ein Studium heute keinen großen Wert mehr, wo es fast jeder Zweite hat. Meine Generation musste, denke ich, erst mal verdauen, dass wir keine Akademiker sind, wie meine Eltern sie kannten. Viele haben auf einen Aufstieg hingearbeitet, der sich nicht realisieren ließ. Es ist doch heute so: Wir haben als Akademiker oft ganz normale Jobs, Projektmitarbeit, Assistenz, Administration. Aber wir können fast alle verantwortungsvoller arbeiten als früher in solchen Jobs. Es gibt weniger Vorgaben von oben. Auch die persönlichen Fähigkeiten kommen in den teamorientierten Arbeitsformen besser zum Tragen.
Maischberger: Ganz interessant, Frau Rettig, inzwischen gibt es Coachs, die Mitarbeiter auch beim Positions- und Arbeitsplatzwechsel unterstützen.
Rettig: In unserem Unternehmen erstellen freiberuflich tätige Mitarbeiter Profile, erfassen Präferenzen und gleichen sie mit offenen Stellen ab – damit jeder auch auf Positionen rotiert, die ihm liegen. Auch der Übergang in andere Unternehmen und auch andere Länder wird aktiv gefördert. Vor allem mit speziellen Partnerunternehmen. Unsere Mitarbeiter rotieren dorthin, deren Mitarbeiter zu uns. Das ist für alle Seiten ein Vorteil. Studien haben ergeben, dass rotierende Mitarbeiter um bis 50 Prozent effektiver arbeiten als solche, die länger auf einem Arbeitsplatz bleiben.
Maischberger: Dabei bewirbt man sich nicht mehr …
Rettig: Nein, es gibt ja die zentrale Datenbank »Germanpeople« im Netz, in der berufsrelevante Daten gespeichert sind und bei der Freigabe durch den Bewerber von jedem abrufbar.
Maischberger: Die Zahl der Führungskräfte hat sich in den letzten Jahrzehnten verringert. Eine Zahl des Instituts für Arbeitsmarktforschung sprach 2009 von 6 bis 7 Prozent. Inzwischen sind etwa 3 Prozent echte Führungskräfte, aber mehr als 20 Prozent Projekt- und Teammanager. Wie ist das bei Ihnen, Herr Dose?
Holger Dose: Wir managen alle unseren eigenen Bereich. Es gibt Koordinatoren, die Ansprechpartner für fachliche und organisatorische Fragen sind, und Teammanager, die dafür sorgen, dass wir gut zusammenarbeiten und Konflikte schnell gelöst werden. Früher gab es den Anspruch, diese Aufgabe in einer Hand zu bündeln, doch das hat sich als ineffizient erwiesen. Die Organisatoren und Teammanager sind Angestellte des Stabs und gleich für verschiedene Abteilungen zuständig.
Maischberger: Rechts von mir sitzt der Vater von Herrn Dose, Holger Dose. Sie sind nun 65 Jahre alt und seit einigen Jahren im neuen Berufsbild des Teammanagers tätig. Wie ist das für Sie?
Holger Dose: Es macht mir sehr viel Freude, mit den Menschen zu arbeiten. Meine Aufgabe ist es letztendlich, für eine positive Zusammenarbeit und gute Kommunikation miteinander zu sorgen. Früher war das etwas, was der Manager mitmachen musste. Dazu hatten jene, die aus dem Fach kamen, aber oft keine Lust. Viele waren einfach auch nicht geeignet und geschult dafür. Doch alle Studien besagen ja, dass zufriedene Menschen, die konfliktfrei miteinander arbeiten können, auch viel effektiver sind. Am besten, es entsteht eine Atmosphäre, in der gar keine Grabenkämpfe entstehen. Das ist mein Job. Mir macht das viel Freude.
Maischberger: Vor kurzem wurde das Rentenalter auf 70 erhöht. Erleben Sie Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz?
Holger Dose: Die gab es schon immer, aber es ist auch weniger geworden. Man muss auch sehen, dass es Tätigkeiten gibt, die einem bestimmten Alter eher entsprechen als andere. Viele Ältere
Weitere Kostenlose Bücher