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Das Kartengeheimnis

Das Kartengeheimnis

Titel: Das Kartengeheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jostein Gaarder
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Aber als er dann urplötzlich aus dem Bett sprang und gleich von der Akropolis loslegte, beschloß ich doch, wenigstens bis zum Frühstück zu warten.
    Ich wartete sogar, bis wir damit fertig waren. Vater hatte noch einmal Kaffee bestellt und zündete sich eine Zigarette an, während er einen großen Stadtplan von Athen auseinanderfaltete.
    »Findest du nicht auch, daß es langsam ein bißchen zuviel wird?« fragte ich.
    Er sah mich an.
    »Du weißt, was ich meine«, fuhr ich fort. »Wir haben schon oft über deine ewige Pichelei gesprochen. Aber wenn du jetzt auch noch deinen Sohn mit hineinziehst...«
    »Tut mir leid, Hans-Thomas«, sagte er. »Du hast den Martini wohl nicht vertragen.«
    »Das ist es nicht. Ich finde, du könntest selber ein bißchen zurückstecken. Es wäre doch schade, wenn Arendals womöglich einziger Joker am Ende wie alle anderen im Suff enden würde.«
    Er dampfte geradezu vor schlechtem Gewissen, und er tat mir auch gleich wieder ein bißchen leid; aber ich konnte ihm schließlich nicht immer nach dem Mund reden.
    »Ich werd’s mir überlegen«, sagte er.
    »Überleg’s dir nicht zu lange. Ich bin mir nicht so sicher, ob Mama sich für matschbirnige Philosophen begeistern kann, die an der Traube hängen.«
    Er rutschte verlegen auf seinem Stuhl hin und her, und ich dachte: Ganz schön hart, sich gegenüber seinem eigenen Sohn für seinen Lebenswandel rechtfertigen zu müssen. Es überraschte mich deshalb nicht wenig, als er sagte: »Der Gedanke ist mir auch schon gekommen, Hans-Thomas.«
    Die Antwort war so stark, daß ich fand, daß es für diesmal reichte. Und trotzdem kam mir plötzlich noch ein Gedanke: Ich weiß nicht, warum, aber ich hatte plötzlich das Gefühl, daß ich nicht über alles im Bild war, was Vater über Mamas Gründe, uns zu verlassen, wußte.
    »Wie kommen wir zur Akropolis?« fragte ich und sah in die Karte. Damit waren wir wieder beim Thema.
    Um Zeit zu sparen, nahmen wir ein Taxi zum Eingang zur Akropolis. Von dort aus ging es durch eine Allee den Berghang entlang, ehe wir zum eigentlichen Tempelgelände hinaufsteigen konnten. Als wir endlich vor dem Parthenon, dem größten Tempel, standen, konnte Vater vor Aufregung kaum stillstehen. Er lief hierhin und dorthin und rief immer wieder: »Phantastisch... das ist einfach phantastisch!«
    Nachdem wir lange genug im und um den Parthenon herumgelaufen waren, beschlossen wir, eine kleine Pause einzulegen. Von dort, wo wir standen, schauten wir auf zwei Amphitheater, die gleich unterhalb des steil abfallenden Berghanges lagen. Im älteren hatten sie auch die Tragödie über König Ödipus aufgeführt, erzählte Vater. Dann zeigte er auf einen großen Stein und sagte: »Setz dich.«
    So begann der zweite große Vortrag über die Athener, der, ehrlich gesagt, wieder ziemlich an mir vorüberrauschte. Vielleicht, weil es schon so heiß war; vielleicht aber auch, weil mir beim Blick ins Tal eine andere Geschichte einfiel, die ich noch spannender fand.
    Danach, als die Sonne so hoch am Himmel stand, daß es fast keine Schatten mehr gab, sahen wir uns einen Tempel nach dem anderen an. Mein Vater zeigte mir alles mögliche, erklärte mir den Unterschied zwischen dorischen und ionischen Säulen und demonstrierte mir, daß der Parthenon keine einzige gerade Linie hatte. Und dieses riesige Gebäude hatte nichts anderes enthalten als eine zwölf Meter hohe Statue von Athene, Athens Schutzgöttin! Ich erfuhr, daß die griechischen Gottheiten auf dem Olymp wohnten, einem großen Berg weiter im Norden Griechenlands. Aber ab und zu stiegen sie herab zur Erde und mischten sich unter die Menschen. – Dann waren sie wie große Joker im Menschenspiel, meinte Vater.
    Es gab auf der Akropolis auch ein kleines Museum, aber wieder bat ich um Gnade, und auch diesmal wurde sie gewährt. Wir verabredeten, wo ich draußen warten sollte. Der Grund, weshalb ich nicht mit ins Museum wollte, war natürlich auch das Büchlein in meiner Hosentasche. Ich setzte mich auf einen Stein. Im Festsaal auf der magischen Insel saßen zweiundfünfzig Zwerge an ihren Tischen; bald würde jeder von ihnen seinen Satz aufsagen...

KARO SIEBEN
    ... ein großer Karneval, in dem sich alle als Spielkarten verkleiden mußten...
     
     
     
    Die Zwerge redeten wild durcheinander, doch dann klatschte der Joker in die Hände. „Haben sich alle ein paar Worte für das Jokerspiel ausgedacht?“ fragte er die Versammlung.
    „Jaaaa“, schallte es im Chor zurück.
    „Dann

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