Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Karussell der Spitzbuben

Das Karussell der Spitzbuben

Titel: Das Karussell der Spitzbuben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
Vom Netzwerk:
mit einem einzelnen Affen zu tun hatte. Doch nichts geschah...
    Nach einer Stunde ungefähr wechselte das Tier, das bisher quer über seinen Beinen lag, die Stellung. André hörte es vom Bett springen, hörte das Tappen der Fußsohlen auf einem offensichtlich steinernen Boden, und er hörte das laute, dumpfe Zubodenfallen des schweren Körpers. Der grunzende Wohllaut ließ Passou fröstelnd zusammenschauern.
    Und dann starrte er auf einen hellen, rechteckigen Fleck... Es mußte sich um ein Fenster handeln, und es gab keinen Zweifel daran, daß der Morgen graute...
    Nach zwanzig Minuten konnte Passou schon mehr erkennen. Aber es war nicht viel Erfreuliches... Sein Bett stand in einem riesenhaften Saal. Und rund um sein Bett lagen sieben Affen... Sieben ausgewachsene Affen. Und alle trugen sie das gleiche leuchtendrote Fell.
    Nach weiteren zehn Minuten wußte André, daß sich der Saal zu ebener Erde befand. Deutlich erkannte er jenseits des Fensters die Schloßmauer und eine schmale eiserne Pforte. Und er sah den Stamm eines Baumes.
    André beobachtete die Affen... Sie alle schienen im tiefsten Schlaf zu liegen... Vorsichtig zog er seine Beine an... Noch vorsichtiger schwang er sie über den Bettrand hinweg, bis er festen Boden unter seinen Füßen spürte. Da, eine Feder knarrte... Passou erstarrte. Doch der Schlaf der Tiere schien fester zu sein, als er geglaubt hatte.
    André schätzte die Entfernung zum Fenster auf ungefähr zwölf bis fünfzehn Meter...
    Es schien alles gutzugehen.
    Doch als ihn nur noch drei Schritte vom Fenster trennten, stieß eine der rothaarigen Bestien ein lautes Kreischen aus. Wie auf Kommando sprangen alle sieben Affen auf und stimmten ein infernalisches Geschrei an, das sich hallend widerbrach.
    André Passou, halb irr vor Angst, war mit zwei Sätzen am Fenster und wollte es aufreißen... Doch vergeblich... das Fenster besaß keinen Wirbel. Es war nur mit einem Schlüssel zu öffnen. Gehetzt wandte sich André um. Das Entsetzen lähmte ihn so sehr, daß statt eines Hilferufes nur ein heiseres Röcheln über seine Lippen kam.
    Das größte Tier war nur noch wenige Meter von ihm entfernt und hatte sich hoch aufgerichtet. Auch die anderen sechs Gorillas waren nicht untätig geblieben und kamen in einem Halbkreis auf ihn zu... Geräuschlos und langsam... Meter um Meter... Als sich das Leittier zum Sprung zusammenzog, peitschte ein Kommando durch den Saal.
    Im Türrahmen stand der schwarzgekleidete Kutscher vom vergangenen Abend. Innerhalb weniger Sekunden war der Saal bis auf André und das Bett leer...
    War alles nur ein teuflischer Spuk?
    Als Passou den Hof betrat, sah er dort sein Auto stehen. Die Reifen hatte man in Ordnung gebracht, und der Kutscher war gerade dabei, die Koffer danebenzustellen.
    Aus dem Hauptportal aber kam der weißhaarige Mann auf André zu. Er reichte ihm einen Umschlag und sagte dazu: ,Monsieur, ich weiß, daß Sie keinen Grund zur Freude haben, wenn Sie meiner ansichtig werden. Es tut mir aufrichtig leid. Auf der anderen Seite jedoch danke ich Ihnen im Namen der Wissenschaft. Insbesondere der Verhaltensforschung. Für die ausgestandene Angst erlauben wir uns, Ihnen ein Honorar von zweitausend Francs anzubieten
    André Passou griff zu und ließ noch einmal seine Blicke zu dem Fenster im zweiten Stock hinaufgleiten, hinter dem er noch vor wenigen Minuten allein mit sieben roten Affen gewesen war...“

    Der Apotheker lächelte verschmitzt. „Ja, liebe Freunde, das war also meine Geschichte. Ich hoffe, ich habe niemanden gelangweilt...“ Eine Zeitlang herrschte Schweigen am Tisch. Dann war es Lupont, der Lehrer, der mit belegter Stimme seiner Meinung Ausdruck verlieh. „Ich finde die Experimente dieser Verhaltensforscher äußerst makaber... Nur leuchtet mir nicht ein, warum die Affen rot sein mußten. Ich habe mein Lebtag noch nichts von roten Affen gehört
    „Wissenschaftler haben oft sonderbare Einfälle“, warf der Bürgermeister ein. „Ich finde es jedenfalls anständig, daß man den Mann ordentlich entschädigt hat für die ausgestandene Angst.“
    Gustav Lerron wendete sich Marc Loire zu, und in seinen Augen funkelte es ironisch. „Und was sagt unser Held zu der Geschichte? Wie hättest du dich verhalten?“
    Marc Loire machte eine seiner großsprecherischen Gesten und erwiderte spöttisch: „Dein Vertreter scheint ein ausgesprochener Hasenfuß zu sein. Der hätte wahrscheinlich auch Angst gehabt, wenn man ihn mit einem Haufen Spatzen zusammengesteckt

Weitere Kostenlose Bücher