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Das Karussell der Spitzbuben

Das Karussell der Spitzbuben

Titel: Das Karussell der Spitzbuben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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kann aus dieser Feststellung leicht erkennen, daß ich kein Freund von Gabor Selegy bin... nicht mehr!
    Gabor Selegy mußte man in die Sparte von Leuten einordnen, denen einfach alles gelang.
    In seinen Händen wurde jedes Geschäftchen zum Geschäft, jeder Versuch von Erfolg gekrönt, und wenn er mit Groschen rechnete, regnete es Markstücke. Setzte er sich ein bestimmtes Geschäft, das eigentlich ein anderer machen wollte, in den Kopf, dann konspirierte, intrigierte und manipulierte er so lange, bis er den Handel an sich gerissen hatte.
    Im Gegensatz zu meiner Leidenschaft, nämlich gelben Schuhen (ich besaß zu jenem Zeitpunkt in der Tat nur gelbe Schuhe), machte sich Gabor Selegy ausschließlich über zwei Dinge Gedanken: Gold und Edelsteine.
    Es dauerte jeden Morgen fast fünf Minuten, bis er all das kostbare Geschmeide auf und an sich verteilt hatte. Er trug nicht weniger als sieben Ringe und vier Ketten und Kettchen. Unter den Brillantringen einige mit mehreren Karat.
    Dabei erzählte man sich hinter der vorgehaltenen Hand, daß er sein erstes Geld als Taschendieb gemacht habe. Woher ich das alles weiß?
    Ich, Wenzel Sylvester, war längere Zeit sein Butler. Bis zu jenem Tag, an dem ich verhinderte, daß er eine reiche Witwe so übers Ohr hauen konnte, daß eine arme Witwe übriggeblieben wäre.
    Mein Chef erfuhr von meiner Menschenfreundlichkeit, entließ mich und hatte verständlicherweise von diesem Augenblick an einen Feind mehr.
    Noch einmal will ich geständig sein: Ich gebe freimütig zu, daß ich nicht die geringsten Gewissensbisse empfand, als ich eines Tages einer vornehmen Dame meine Bereitwilligkeit erklärte, Gabor Selegy zu schädigen.
    Sie war zu meinem Chef gekommen, weil sie dringend Bargeld brauchte, um heimlich gemachte Spielschulden zu bezahlen. Spielschulden, von denen ihr Mann, ein Minister, nichts wissen durfte. Selegy hatte ihr die angebotenen Perlen abgekauft und — sie anschließend dem verdutzten Ehemann zum doppelten Preis zum Rückkauf angeboten. Die Dame, so konnte man hören, hatte ihm daraufhin ewige Rache geschworen.
    Ja, und genau diese Dame, Frau Katharina Maßlos, die Ex-Minister-Gattin, stand in diesem Augenblick vor mir. „Nun, wollen Sie mich nicht hereinbitten?“ fragte sie, nachdem sie mir durch kurzes Heben ihres Gesichtsschleiers gezeigt hatte, wer sie war.
    Ich schluckte also Verblüffung und Überraschung hinunter und machte einen höflichen Diener. „Bitte, gnä’ Frau, treten Sie ein!“
    Sie tat es, ganz vornehme Dame. Im Wohnzimmer schlug sie den Schleier erneut zurück und genoß sichtlich meine Ratlosigkeit. „Mein Bester, Sie haben natürlich nicht die leiseste Ahnung, warum ich Sie besuche.“
    „Sie haben recht. Was mich natürlich nicht daran hindert, mich über Ihren Besuch zu freuen!“ versuchte ich eine kleine Schmeichelei.
    Sie winkte ab. „Lassen wir die überflüssigen Förmlichkeiten. Wie ich höre, hat Sie Selegy rausgeschmissen!“
    „Leider, gnä’ Frau!“
    Sie musterte mich mit einem langen Blick, der sich in Begleitung eines wissenden Lächelns befand, ehe sie fragte:
    „Ich hoffe, daß Ihre Gefühle gegenüber Herrn Selegy so sehr abgekühlt sind, daß Sie mit den Zähnen knirschen, wenn Sie an ihn denken, oder?“
    Ich schloß mich ihrer etwas gedrechselten Redeweise an: „Ich knirsche sehr laut und nur in Moll. Warum fragen Sie, gnä’ Frau?“
    „Weil ich auf der Suche nach Komplizen bin!“
    Ich zuckte zusammen. Hatte sie eben „Komplizen“ gesagt??
    „Komplizen?“
    Die Löckchen, die in einem Kranz unter ihrem Hut hervorsahen, wippten, als sie heftig nickte: „Ich will mich an Gabor rächen, jetzt, wo mein Mann das Ministeramt endlich los ist.“
    „Das ist verständlich!“
    O ja, ich verstand sie wirklich.
    „Ich will ihn dort treffen, wo es ihm am meisten weh tut, wo er am empfindlichsten ist.“
    „Sie wollen ihm ein Geschäft vermasseln, vermute ich.“
    „Nein, ich will ihn ausziehen, will ihn nackt sehen!“
    Ich schluckte. Immerhin war ich mal sein Butler gewesen.
    „Ob das die richtige Rache ist?“ meldete ich leise Zweifel an.
    Frau Katharina produzierte wieder eines jener Lächeln, das mehr nach Beißen aussah, als zum Schmusen einlud. „Ich bin nicht an seiner Haut interessiert, Herr Sylvester, sondern an dem, was darauf glänzt und glitzert.“
    Mir ging nicht nur ein Licht, mir ging eine ganze Lichterkette auf. „Sie wollen ihm den Schmuck abjagen.“ Die Idee gefiel mir über alle

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