Das Karussell der Spitzbuben
Herr Claus mit C hatte andere Pläne. „Wenn Sie nichts dagegen haben, lehne ich mich hier ein bißchen an die Wand!“
Er tat es, und ich hörte die Wand ächzen und schluchzen.
„Ich komme gleich zur Sache“, kam er zur Sache. „Ich habe Ferienbesuch. Die beiden Söhne meiner Schwester. Schon eine Woche trampeln sie auf meinen Nerven herum. Seit gestern nun vermisse ich mein goldenes Feuerzeug samt Kette!“ Er funkelte mich mit bösen, strafenden Augen an, als wäre ich der Dieb. Noch ehe ich etwas sagen konnte, fuhr er mit abwinkender Hand dröhnend fort: „Sie brauchen nicht in Erwägung zu ziehen, daß ich es verloren haben könnte. Kette und Feuerzeug waren fest an meinem braunen Anzug verankert, und der hing im Schrank.“
„Haben Sie Ihre Neffen schon gefragt?“ erkundigte ich mich eingeschüchtert nach dem Nächstliegenden.
„Hat keinen Zweck, ich würde mich bei der Fragerei nur unnötig aufregen. Und dann könnte mir die Hand ausrutschen. Hier, sehen Sie sich diese Hand an.“ Er streckte mir seine beeindruckende Rechte entgegen.
„Erinnert mich irgendwie an eine Schaufel!“ gestand ich wahrheitsgemäß. So wahr ich Balduin Pfiff heiße, so eine Hand war mir noch nie begegnet!
Mein Besucher schüttelte sie und versicherte mir mit Traurigkeit in der Stimme: „Ich lüge nicht, wenn ich sage, daß für einige Zeit kein Gras mehr wächst, wo die mit drei Zentnern Schwung im Ziel landet. Und das würde mir meine Schwester bis an ihr Lebensende nicht verzeihen.“
„Wie alt sind die Neffen denn?“
„Zwölf und dreizehn!“
„Glauben Sie, daß es einer war oder daß beide an dem Abhandenkommen beteiligt waren?“
Er stieß mit seinem ausgewachsenen Zeigefinger nach mir. „Genau das, Meisterdetektiv, sollen Sie herausfinden! Mein Wagen steht unten. Von mir aus könnten wir gleich fahren!“
Er war nicht nur ein mächtiges Denkmal, er war auch ein Mann mit Geschwindigkeit. Wenn er mit dem Honorarbezahlen auch so tempogeladen wäre, dann würde er zu meinen Lieblingskunden zählen. Während ich in meine Jacke fuhr, erkundigte ich mich: „Wußten beide von dem Feuerzeug an der Kette?“
„Keiner, ich hab’ den Anzug gar nicht angehabt. Und in meinem Schlafzimmer haben sie nichts zu suchen.“
Paul und Vinzenz saßen vor dem Fernsehapparat, als Herr Claus und ich eintrafen. Wir hatten uns unterwegs einen Plan zurecht gelegt. Also packte Onkel Claus den langen Paul am Kragen und verschwand mit ihm in der Küche.
„Ich bin Detektiv!“ sagte ich zu dem erschrocken dreinblickenden Vinzenz. „Kannst du dir vorstellen, warum ich hier bin?“
„Nö, nicht ‘n Klecks!“ Vinzenz hatte sich von seinem Schrecken bereits wieder erholt. Das jedenfalls las ich in seinen Augen.
„Seit gestern vermißt dein Onkel einen ihm liebgewordenen Gegenstand, der zudem noch eine Menge wert ist.“
„Ach, wirklich?“ staunte Vinzenz.
„Du hast nicht zufällig eine Ahnung, wohin dieser Gegenstand gegangen sein könnte.“
„Nö, nicht ‘n Klecks!“
„Er vermißt sein goldenes Feuerzeug!“
„Hat er aber gar nichts gesagt davon. Warum nicht? Wir hätten doch mit suchen geholfen.“
„Ach...“
„Sind Sie wirklich ein richtiger Detektiv?“
„Ich habe sogar einen Fahndungshund. Du hast es nicht zufällig gefunden?“
„Was???“
„Das Feuerzeug!“
„Nö. Ich rauch’ ja nicht. Und an seinem Schrank war ich auch nicht, Ehrenwort!“
„Und wie steht’s mit Paul?“
„Der ist genauso unschuldig.“
„Na, das werden wir sehen!“ grinste ich, und Vinzenz verzog ebenfalls sein sommersprossiges Gesicht.
Wir wechselten die Neffen aus. Paul marschierte strahlend herein. „Ein Detektiv sind Sie, hat Onkel Fritz gesagt.“
„Hat er dir auch gesagt, warum ich hier bin?“
„Nö, hat er nicht. Ich hab’ ihn gefragt, aber da hat er nur seine Hände auf den Rücken getan.“
„Ach, sieh mal einer an, auf den Rücken!“ Ich ahnte, nein, ich wußte, warum.
„Der ist zur Zeit sauer!“
„Und warum?“
„Keine Ahnung. Vielleicht sind wir ihm zu laut.“
„Ich bin hier, weil was verschwunden ist.“
„Das ist ‘n Ding!“
„Findet dein Onkel auch.“
„Und was ist verschwunden? Oder dürfen Sie das nicht
sagen?“
„Sein Feuerzeug ist verschwunden. Und — er hat einen von euch in Verdacht.“
„Das ist ‘n Ding!“ staunte Paul und tat anschließend beleidigt. „Wie kann er nur seine eigenen Neffen verdächtigen? Täten Sie das auch, Herr
Weitere Kostenlose Bücher