Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Titel: Das kastilische Erbe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
Vom Netzwerk:
hier eintreffen soll?«
    »Doch, das sind wir allerdings«, knurrte Gutierre de Cárdenas. »Und ihr habt gerade beinahe den Prinzen erschlagen!«
    Wieder Schweigen. Jimena versuchte sich aufzurichten. Sie sah an sich herunter. Überall nur Blut. Eine Hand umschloss die ihre.
    »Doña Jimena, was macht Ihr nur für Sachen?«, hörte sie die sanfte Stimme des Prinzen.
    »Euch das Leben retten«, erwiderte sie ein wenig undeutlich. »Das war meine Aufgabe. Dafür bin ich geschickt worden.«
    Dann wurde alles schwarz um sie, und sie verlor das Bewusstsein.

Kapitel 22
    Zwischen Tordesillas und Madrid, März 2012
    Endlich schien die Sonne, und der eisige Wind hatte sich gelegt. Isaura machte es sich nach dem Frühstück auf der Bank vor dem Haus bequem. Sie nahm sich eine Kanne Tee und ein paar sündhaft schokoladige Gebäckstücke mit hinaus, die sie in einer Panadería in Tordesillas gekauft hatte, und widmete sich wieder der Caminata . Fast kam es ihr vor, als habe sie eine gute Freundin vernachlässigt und kehre nun endlich zu ihr zurück, um ihren spannenden Erzählungen zu lauschen. Der Kater, den sie nach ausgiebigem Studium ihres Spanischwörterbuchs Golondrino getauft hatte – was so viel wie »Landstreicher« bedeutete –, nahm neben ihr Platz. Er drehte sich auf seinem Kissen ein paarmal im Kreis und ließ sich dann mit einem zufriedenen Schnurren darauf nieder. Die Augen fest geschlossen, aalte er sich in der wärmenden Frühlingssonne. Isaura sah lächelnd auf ihn herunter und kraulte ihm den Bauch.
    »Für einen Landstreicher bist du ganz schön sesshaft und träge geworden«, sagte sie vorwurfsvoll, was den Kater nicht zu stören schien.
    »Du gehst ja nicht einmal mehr auf die Jagd, oder hast du heute Nacht auch nur einmal mein Bett verlassen?«
    Er schnurrte nur noch lauter und schien zu sagen: Was willst du? Wenn du mir von deinen Einkäufen Katzenfutter mitbringst, wozu soll ich dann jagen?
    »Ja, ich frage mich, ob das ein Fehler war«, überlegte sie laut und zauste ihm die Ohren. »Wir werden bald an einer Mäuseplage ersticken.«
    Doch auch dieses Horrorszenario beeindruckte den Kater nicht. Isaura wandte sich wieder ihrer Lektüre zu, und für die nächsten beiden Stunden war nur das Vogelgezwitscher in den Bäumen und das Schnurren des Katers zu hören.
    Das Klingeln ihres Handys ließ Isaura auffahren. Sie sah sich verwirrt um, ehe sie begriff, was dieses Geräusch zu bedeuten hatte, das weder zu diesem Ort zu gehören schien noch zu der Welt, in der sie in ihrem Buch versunken war. Es war ein hässlicher, störender Misston, und sie überlegte, ob sie ihn ignorieren sollte. Doch der Anrufer war hartnäckig. Vielleicht war es ja Señor Campillo, der Anwalt und Freund ihrer Großtante Carmen, der sich erkundigen wollte, wie ihre Entscheidung ausfallen würde.
    Isaura stand auf und ging in die Küche, wo das Handy seit ihrer Ankunft unberührt auf dem Tisch lag. Halb hoffte sie, es würde bis dahin zu klingeln aufgehört haben, doch die nervtötende Melodie erklang erneut, als sie in die Küche trat. Wie hatte sie sich nur solch einen Klingelton aussuchen können?
    Sie drückte auf die Taste und hielt das Telefon ans Ohr. »Ja?«, sagte sie leise, fast ein wenig verzagt.
    »Isa, bist du es? Ich kann dich kaum hören. Sprich doch lauter!«
    Justus!
    Ein Anruf aus einer anderen Welt, aus einer anderen Zeit, die sie hinter sich gelassen hatte. Mit Staunen stellte Isaura fest, dass sie die vergangenen zwei Tage nicht einmal an ihren Mann und seinen Verrat gedacht hatte.
    »Was gibt es?«, erkundigte sie sich und versuchte nicht verärgert zu klingen.
    »Du hast dich noch gar nicht gemeldet, seit du abgeflogen bist, und da habe ich mir halt Gedanken gemacht.«
    Er sorgte sich um sie? Sollte sie sich jetzt darüber freuen? Vermutlich schon, doch sie empfand nichts.
    »Mir geht es gut«, sagte sie so ruhig wie möglich, obwohl er sie ja gar nicht danach gefragt hatte.
    »Wo bist du?«, bohrte er weiter.
    »In einem Haus außerhalb von Tordesillas«, gab sie nur widerstrebend Auskunft, so als sei das ihr Geheimnis, das sie mit niemandem teilen wollte. Zumindest mit keinem, der nicht zu ihrer neuen Welt gehörte.
    »Nie davon gehört. Wo ist denn das? Und was machst du da?«
    Sie fühlte, wie der Ärger sich in ihr zusammenballte und ihren Magen verkrampfen ließ. »Nördlich von Madrid«, sagte sie kurz. »Ich bin hier in dem Haus, das Carmen mir hinterlassen hat.«
    »Oje«, sagte er. »Vermutlich ein

Weitere Kostenlose Bücher