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Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Titel: Das kastilische Erbe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Lass uns zusammen Weihnachten feiern, das Fest der Liebe und des Friedens, auf dass wieder Harmonie zwischen uns einkehre wie früher und wir wieder eine Familie sind!«
    Das Erstaunen des Königs verwandelte sich in ein Strahlen. Er zog Isabel in seine Arme und küsste ihre Wangen.
    »Liebste Schwester! Warum bist du hier in Cabreras Haus abgestiegen? Komm gleich mit. Du bist herzlich eingeladen, und dein Gefolge natürlich auch. Wir wollen sogleich aufbrechen.«
    Rösser wurden eiligst gesattelt, und der König ließ es sich nicht nehmen, das Pferd seiner Schwester persönlich bis zum Tor des Alcázar zu führen. Unterwegs plauderten sie freundlich miteinander. Jimena konnte zwar nicht hören, worüber sie sprachen, doch sie sah den König entspannt lächeln. Ja, er führte seine Schwester nicht nur durch die ganze Stadt, wo die Menschen begannen, der Prinzessin zuzujubeln, er veranstaltete ihr zu Ehren auch ein Festbankett, bei dem sie ihn vom Platz an seiner Rechten mit lustigen Anekdoten aus ihrer Jugend unterhielt. Sie verstand es brillant, gemeinsame Erinnerungen heraufzubeschwören, sodass der König den ganzen Abend heiter und in gelöster Stimmung war. Das Thema Erbfolge und die Rechte seiner Tochter wurden natürlich nicht angesprochen. Überhaupt sollte es an diesem Abend nicht um Politik gehen. Jimena sah, dass Andrés und Abraham Senior das Geschwisterpaar nicht aus den Augen ließen, sodass sie kaum zum Essen kamen. Erst spät in der Nacht ließ ihre Anspannung nach. Ihre Taktik der Überraschung war aufgegangen. Bereits am nächsten Morgen schickten sie einen Boten los, der Fernando nach Segovia rief. Denn nun sollte der König auch mit seinem Schwager Freundschaft schließen.
    Und so feierte man am Hof von Segovia am 27. Dezember ein zweites Weihnachtsfest.
    Im Alcázar von Segovia gab es für Jimena auch ein Wiedersehen mit Ramón. Nicht ganz unerwartet, und doch spielte ihr ganzer Körper verrückt, als sie seine Nähe unvermittelt ahnte. Sie waren am nächsten Tag gerade auf dem Weg zum großen Saal, als es heiß und kalt in ihr aufwallte. Jimena ärgerte sich über sich selbst, doch sie musste sich kurz an einer der Säulen abstützen, bis sie ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Schwer atmend blieb sie stehen, während Isabel mit Beatriz und Teresa den Saal betrat.
    »Ramón!«, kam es ihr über die Lippen, obwohl sie es nicht wollte. Sie sah sich um, konnte ihn aber nicht entdecken. Er musste jedoch hier sein. Sie spürte es ganz deutlich!
    Einer der Wandteppiche rauschte, dann trat Ramón ein wenig verlegen hervor.
    »Ich hätte es mir denken können, dass du mich entdeckst«, sagte er und schlug verlegen den Blick nieder.
    »Warum versteckst du dich hier drin?« Jimena runzelte die Stirn.
    »Um einen Blick auf dich zu werfen. Ich weiß, wir haben uns im Zorn getrennt, und ich darf nicht hoffen, dass du mir noch einmal verzeihst, doch ich konnte nicht anders, ich musste dich sehen – vielleicht, um mein Leiden ein wenig zu vergrößern? Ja, ganz sicher. Denn nun stehst du vor mir, so strahlend, so begehrenswert. Was bist du für eine wunderschöne Frau geworden!«
    Nun fühlte sich Jimena unsicher. »Was redest du nur für einen Unsinn! Willst du mich verspotten?«, fragte sie, obgleich sie die Bewunderung in seiner Stimme hörte und den unterdrückten Schmerz.
    Ramón trat näher, nun beinahe stürmisch, und griff nach ihren Händen. »Nein, ich spotte nicht. Gibt es in Isabels Haushalt denn keine Spiegel? Sieh dich an! Dein Haar, deine Augen, diese reine, helle Haut und dein Mund, bei dessen Anblick man nur noch an Küsse denken kann.«
    Jimena lachte, um ihre Befangenheit zu überspielen. »Ramón, bist du nun unter die Dichter gegangen?«
    »Nein, aber wenn ich dich sehe, dann verstehe ich, warum ein Mann das Schwert niederlegt und stattdessen zur Feder greift.«
    »Was für ein Unsinn«, sagte sie noch einmal, doch dieses Mal sehr zärtlich. So ermutigt küsste Ramón sie auf den Mund.
    »Hast du Hunger?«, raunte er.
    »Oh ja«, hauchte sie und merkte, wie ihre Vernunft sich ohne Bedauern zurückzog. »Seit Monaten, nein, seit Jahren quält er mich stärker und stärker.«
    »Darf ich daraus schließen, dass du nicht von den Köstlichkeiten sprichst, die der König gerade servieren lässt?«
    Seine Frage endete in einem Kuss, der leidenschaftlicher war und länger dauerte als der erste.
    Ramón zog sie mit sich hinaus. Immer wieder blieben sie stehen und küssten einander, sobald sie

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