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Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Titel: Das kastilische Erbe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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bringen lassen? Oder von der Wildpastete? Die solltest du versuchen!«
    »Nein, danke. Ich bin nicht hungrig. Mir war nicht ganz wohl.«
    Sie spürte, wie ihre Wangen glühten, als sie die Lider senkte.
    »Nicht ganz wohl?«, wiederholte Beatriz, die sie aufmerksam musterte. »Also, wenn du mich fragst, dann siehst du aus, als wäre dir sogar sehr wohl!«
    Sie verstummte, als Teresa sie in den Arm knuffte. Ein gefährliches Blitzen in den Augen der Jüngeren ließ Beatriz tonlos den Mund öffnen, dann ließ sie das Thema fallen und wandte sich an Isabel. Teresa dagegen bedachte ihre Cousine mit einem seltsamen Lächeln.
    Sie weiß es , durchfuhr es Jimena heiß, und vor Scham wusste sie nicht, wohin sie schauen sollte. Stand es ihr wirklich so deutlich ins Gesicht geschrieben? Oder konnte nur Teresa lesen, was in ihr vorging?
    Natürlich. Deshalb war sie im Saal bei den anderen geblieben und hatte nicht nach Jimena gesucht. Wie hatte sie auch nur einen Moment zweifeln können? Wäre es ihr schlecht gegangen, hätte Teresa keinen Augenblick versäumt, sie zu suchen und sich um sie zu kümmern.
    Eine Hand stahl sich in die ihre, und Jimena zwang sich, ihrer Cousine in die Augen zu sehen. Doch sie las dort weder einen Vorwurf noch Entrüstung. Es strahlten nur Wärme und Freude aus ihrem Blick.
    Fernando traf am 1. Januar mit seinem kleinen Gefolge ein und wurde von Andrés de Cabrera in Empfang genommen. Er führte ihn zu Isabel, und beide gaben ihm – noch ehe er sich aus seinen nassen und schmutzigen Reisekleidern geschält hatte – im Wechsel Anweisungen, wie er sich dem König angenehm machen konnte.
    »Ja, ich habe es verstanden!«, rief er halb belustigt und halb ärgerlich. »Soll ich es noch einmal wiederholen? Keine Gespräche über Politik, die Laune des Königs mit Musik heben und ihm immer wieder süßes Buttergebäck mit feinem weißem Käse reichen. Darf ich mich jetzt umziehen?«
    Isabel trat auf ihn zu und drückte ihm einen Kuss auf die Nase. »Ja, mein Gatte, das darfst du, und dann wirst du Enrique mit deinem Charme beeindrucken, dem sich keiner entziehen kann.«
    Jimena hörte die leise Bitterkeit in den letzten Worten und senkte beschämt den Blick. Isabel war weder dumm noch blind und wusste, dass sie nicht mit den weiblichen Reizen und der Schönheit manch anderer Dame ausgestattet war – und dass ihr Gatte den fremden Reizen nur zu gern nachgab. Nicht, dass Jimena ihm je gestatten würde, die Grenze der Schicklichkeit zu überschreiten, doch der Prinz zeigte ihr deutlich, dass er nicht abgeneigt war, und sie gab sich nicht der Illusion hin, dass sie die einzige Dame sei, der er den Hof machte. Isabel tat zwar so, als bemerke sie es nicht, und Jimena war sich auch sicher, dass sie Fernando keine Vorwürfe machte, wenn sie allein waren, doch sie litt. Es fiel ihr schwer zu verstehen, dass Männer einfach anders waren und die Treue, die sie bei ihrem Ehegelübde geschworen hatten, nicht einzuhalten gedachten. Isabel dagegen ließ stets mindestens eine ihrer Damen in ihrem Gemach schlafen, wenn Fernando – wie so oft – nicht da war und das eheliche Lager nicht mit ihr teilen konnte.
    Egal, welche Befürchtungen Isabel oder ihre Vertrauten gehegt hatten, auch Enrique war gegen Fernandos Charme nicht immun, und der junge Prinz tat und sagte nichts, was die Stimmung hätte trüben können. Zu diesem Mahl war auch der frisch gewählte Kardinal und Kanzler des Königs, Pedro Gonzales de Mendoza, erschienen, der Isabel fast den ganzen Abend in Beschlag nahm.
    »Carrillo würde vor Zorn und Eifersucht tot umfallen, wenn er die beiden sehen könnte«, raunte Beatriz Jimena zu, und so ganz unrecht hatte sie damit sicher nicht.
    »Zumindest würde er toben«, gab ihr Jimena recht, die den Kardinal aufmerksam betrachtete. Er mochte etwa Mitte vierzig sein. Sein Haar war schwarz, sein Gesicht eher schmal. Er war groß, und im Gegensatz zu so vielen Kirchenmännern in bequemen Positionen schien er nicht zu Leibesfülle zu neigen. Ja, er machte eher den Eindruck eines Mannes, der sich auch in Rüstung auf einem Pferd behaupten könnte. Sein Blick war aufmerksam und klug. Sie stellte mit so etwas wie Erleichterung fest, dass ihm das Berechnende fehlte, das Jimena zunehmend bei Carrillo wahrgenommen hatte. Dennoch gab sie sich nicht der Illusion hin, dieser Mann würde seine Gunst selbstlos verteilen. Auch er war Teil einer Adelsfamilie, vermutlich der reichsten und mächtigsten von Kastilien.
    Vielleicht

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