Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
guten Nachrichten im Gepäck. König Alfonso von Portugal sind seine Eroberungen in Nordafrika zu Kopf gestiegen. Er lässt sich jetzt gar Alfonso der Afrikaner nennen!«
Jimena sah Beatriz verwirrt an. »Und was hat das mit Isabel und Kastilien zu tun?«
Teresa lächelte und schüttelte den Kopf. Es war nicht gerade Beatriz’ Stärke, Fakten kurz und verständlich zusammenzufassen.
»Also ich denke, sein Erfolg macht ihn maßlos, und daher hat er beschlossen, seine Nichte Juana zu ehelichen. Und nicht nur das! Es geht ihm natürlich nicht nur darum, sich ein hübsches, junges Weib zu nehmen. Derer gibt es viele. König Alfonso hat Juana mit der Ankündigung seiner Heiratsabsichten sogleich zur Königin von Kastilien ernannt und den Adel des Landes aufgefordert, ihr zu folgen und ihr Treue zu schwören! Es wird dich nicht wundern, dass unser junger Marquis de Villena dem Aufruf mit fliegenden Fahnen gefolgt ist. Und, wie Carrillo sagt, nicht nur er!«
Das kam zwar nicht ganz überraschend, war aber dennoch sehr besorgniserregend. Wenn Portugal sich hinter Juana stellte und auch bereit war, ihre Rechte mit Waffengewalt durchzusetzen, dann stand Kastilien ein blutiger Bürgerkrieg bevor!
Jimena dachte an das kleine, blasse Mädchen, das sie in Erinnerung hatte. Wie alt war Juana jetzt? Vierzehn? Und König Alfonso fast vierzig. Ein dicker, bärtiger Mann, der sich seiner Kraft wohl bewusst war. Arme Juana, sie war nur ein Spielball der Macht.
»Außerdem hat er durchblicken lassen, Isabel habe ihren Bruder, den König, vergiftet, um sich seines Throns zu bemächtigen.«
»Aber das ist doch Unsinn«, entgegnete Jimena müde.
Beatriz nickte. Noch immer war ihre Miene abweisend. »Ja, Isabel ist ein guter Mensch. Nicht einmal für eine Krone würde sie einen Mord in Auftrag geben, aber ich frage mich, ob nicht jemand anders nachgeholfen hat. Jemand, den wir beide gut kennen!«
Jimena spürte, wie ihr plötzlich das Atmen schwerfiel. »Da du hoffentlich nicht von mir sprichst, kannst du nur meine Tante Dominga meinen.«
»Und? Würdest du für ihre Unschuld die Hand ins Feuer legen?«, drängte Beatriz.
»Ja, natürlich!«, rief Jimena empört, auch wenn ihr Magen ein wenig zu schlingern begann. Dominga hatte es gewusst und Isabel auf den baldigen Tod ihres Bruders vorbereitet.
Ja, aber das hieß noch lange nicht, dass sie dem nachgeholfen hatte. Sie hatte es gesehen, wie so vieles, das in ihren Visionen auftauchte.
Wirklich nur gesehen?
Jimena hoffte es mit ganzem Herzen, doch Beatriz’ Worte hatten Zweifel gesät. Es war ein guter Zeitpunkt gewesen. Enrique hatte sich mit seiner Schwester versöhnt und sie wieder als Erbin eingesetzt.
Nein! Nein, das konnte und wollte sie nicht glauben, und damit basta!
Doch damit waren die schlechten Nachrichten noch nicht zu Ende. Jimena wusste zwar nicht, was Königin und König hinter verschlossenen Türen mit dem Erzbischof besprochen hatten, doch sie ahnte, was ihm so übel aufstieß: deren zunehmende Vertrautheit mit Kardinal Mendoza, zu dem nun auch noch eine schmeichelhafte Einladung seines Bruders, des Marquis de Santillana, nach Guadalajara kam. Jimena wusste nicht genau, warum Carrillo die Mendozas so sehr hasste. Jedenfalls versuchte er vergeblich, einen Keil zwischen die mächtigen Granden und Isabel zu treiben, und genauso vergeblich forderte er ein Mitspracherecht in Regierungsangelegenheiten ein, das er zu haben glaubte, weil er sie von Anfang an unterstützt und damit ihre Ehe mit Fernando und ihre Thronbesteigung erst möglich gemacht habe.
Doch Isabel wollte davon nichts wissen. Sie war die alleinige Herrscherin von Kastilien, und sie allein entschied, wem sie ihr Vertrauen schenkte und wessen Rat sie annahm. Ein Mitspracherecht räumte sie niemandem ein, auch nicht dem Primas von Kastilien und Erzbischof von Toledo!
Beleidigt reiste Carrillo bereits am nächsten Tag in aller Frühe ab. Jimena hatte nicht einmal Gelegenheit, sich von Ramón zu verabschieden. Traurig stand sie am Tor und sah in die Ferne, wo nur noch eine Staubwolke vom Tross des Erzbischofs zu sehen war.
Ihr Herz wurde schwer. Wohin konnte das führen? Es ging nicht nur um sie und Ramón, sagte sie sich. Es ging um die Machtverhältnisse in Kastilien, und da konnte es nur von Vorteil sein, den Erzbischof auf Isabels Seite zu wissen – gerade weil Portugal jetzt unverhohlen drohte. So sprach sie Isabel darauf an, als sie sie am nächsten Abend endlich allein in ihrem Gemach
Weitere Kostenlose Bücher