Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
und mich nach dir sehnen könnte«, widersprach Ramón und küsste ihren Hals, dass sie am ganzen Leib erschauderte.
»Ich begehre dich«, flüsterte er ihr ins Ohr.
Jimena schlang ihre Arme um seinen Hals. »Nicht so sehr, wie ich dich begehre. Lass mich deine Liebe spüren. Ich will dir gehören, und wenn es nur für den Augenblick ist, der uns heute geschenkt wird.«
Die mahnende Stimme, die sich in ihr erhob, brachte Jimena energisch zum Schweigen. Sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken, was gut und was richtig war!
Doch es war gar nicht so einfach, einen verschwiegenen Platz im Palast zu finden. Wegen des Turniers waren zu viele Besucher in der Stadt und jedes Gemach voller Gäste. So mussten sie mit einer winzigen Wäschekammer unter dem Dach vorliebnehmen, in der sich alte Linnen und Hemden stapelten, die dringend ausgebessert werden mussten. Doch das machte ihnen nichts. Ramón schob einen der schweren Wäschekörbe vor die Tür, während Jimena ein Lager aus einem Stapel Leintüchern richtete. Da standen sie in der fast völlig dunklen Kammer und versuchten in den Zügen des anderen zu lesen. Doch die Unsicherheit währte nur einen Augenblick, dann fielen sie sich in die Arme, küssten sich und sanken auf das Lager.
Plötzlich schob Jimena Ramón von sich. Widerstrebend ließ er von ihr ab.
»Was ist?«, fragte er verunsichert.
»Lass uns den Moment noch ein wenig auskosten. Dieses Geschenk, uns lieben zu dürfen.«
»Du hast recht«, sagte er beschämt. »Ich habe mich von meiner Leidenschaft mitreißen lassen. Doch glaube mir, es ist nicht allein Leidenschaft, die ich für dich empfinde. Sie ist ein Teil meiner Liebe, die nicht nur deinen wundervollen Körper begehrt!«
»Ich weiß«, flüsterte sie, während ihre Hände über seinen nackten Körper wanderten. »Ich begehre dich auch, doch ich will dich noch bewusster erfahren. Es liegt so viel Zeit vor uns, in der wir uns wieder nur an unseren Erinnerungen laben können.«
Sie zog ihn wieder ein Stück näher und legte seine Hände auf ihren Bauch. Von dort begannen sie ihre Wanderung über ihren Körper, und bald gesellten sich seine Lippen hinzu, um sie von der Stirn bis hinunter zu ihren Zehen zärtlich zu erkunden. Jeder Augenblick war kostbar, und jeder Moment, den sie die Erfüllung hinauszögerten, steigerte ihre Lust und würde ihre einsamen Nächte erwärmen.
Endlich zog Jimena ihn zu sich und presste sich fordernd an ihn. Ramón stöhnte und umschlang sie so fest, dass sie glaubte, keine Luft mehr zu bekommen. Die Kammer um sie herum löste sich auf. Es gab nur noch sie beide und ihre Liebe, die in ihrer Lust Erlösung suchte.
Als sie endlich wieder zu sich kamen und im Dunkeln nach ihren Kleidern suchten, wussten sie nicht, wie viele Stunden verstrichen waren, doch das war ihnen auch nicht wichtig. Sie halfen sich gegenseitig dabei, sich anzukleiden, und verließen die Kammer. Ramón versuchte im Licht einer Lampe in einem der Gänge Jimenas Frisur zu retten oder die Strähnen zumindest so unter der kleinen Haube mit dem zarten Schleier zu befestigen, dass die Unordnung nicht gleich augenfällig war. Noch ein Kuss, dann trennten sie sich. Ramón kehrte zu seinen Kameraden zurück, während sich Jimena zum großen Saal aufmachte. Auf dem Weg dorthin spürte sie zu ihrer eigenen Überraschung den brennenden Wunsch, Ramón wie selbstverständlich als den Mann an ihrer Seite zu Isabel und den anderen mitnehmen zu können. Warum nur sollte das nicht möglich sein? War ihre Freundin nicht die große Königin, die die Welt in ein goldenes Zeitalter führen würde? Hoffnung keimte in Jimena auf. Irgendwann würde Isabel so mächtig sein, dass auch die größten Kirchenmänner ihr keinen Wunsch mehr abschlagen konnten. Und vielleicht würde sie dann für ihre treue Freundin einen Gefallen erbitten.
Im Palast war es ruhiger als zuvor. Es musste schon spät sein, und viele der Gäste hatten sich bereits in ihre Gemächer zurückgezogen, doch sie fand Beatriz und Teresa noch in einer Ecke des Saals. Keine der beiden erkundigte sich, wo sie gewesen war. Nun, vermutlich ahnten sie den Grund ihrer längeren Abwesenheit.
»Was gibt es Neues?«, erkundigte sich Jimena ein wenig verlegen. »Hat sich Isabel schon zurückgezogen?«
Beatriz schüttelte mit düsterer Miene den Kopf. »Nein, sie und Fernando streiten sich noch mit Carrillo im kleinen Thronsaal.«
»Sie streiten? Was ist denn geschehen?«
Beatriz zog eine Grimasse. »Er hat keine
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