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Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Titel: Das kastilische Erbe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Palast einfanden! Sie waren fest entschlossen, der Königin ihre Stadt zurückzugeben. Am Ende waren es zwei Dutzend kampferfahrene Männer, die im Palast Alba auf den Einbruch der Dunkelheit warteten. Sie trugen dunkle, weite Umhänge, unter denen sie ihre Schwerter verbergen konnten. Die Gesichter mit Kapuzen verhüllt verließen sie den Palast durch eine Nebenpforte. Sie überquerten die breite Marktgasse und huschten dann durch enge Durchlässe und Höfe an der Ruine der Kirche Santa María vorbei, die einst während eines Aufstands schwer beschädigt worden war.
    »Da kommt jemand«, zischte Don Miguel und hob warnend die Hand. Die anderen drückten sich an die Mauern des noch intakten Chores. Sie lauschten den sich nähernden Schritten.
    »Schnappt ihn euch«, raunte Don Pedro, der ältere der beiden Neffen des Herzogs von Alba. »Wir können es uns nicht leisten, jetzt entdeckt zu werden.«
    Don Miguel nickte und schlich lautlos um die Ecke. Die Schritte verstummten unvermittelt. Ein unterdrückter Ausruf des Erstaunens und ein Schlag waren zu hören, dann ein schleifendes Geräusch. Die Silhouette des hünenhaften Dons tauchte wieder auf und näherte sich den anderen, einen erschlafften Körper fest umklammert.
    »Wen habt Ihr da erwischt?«, erkundigte sich Don Pedro. Sie zerrten den Gefangenen in die Ruine der Kirche. Der Mond schien durch das zerfallene Dach und strich über ein Antlitz, das Jimena fast einen Schrei entlockt hätte.
    »Er trägt das Wappen von Toledo«, stellte Don Miguel fest. »Einer von Carrillos Männern.«
    Don Pedro zog seinen Dolch. »Gehen wir kein Risiko ein. Bringen wir ihn zum Schweigen!«
    »Nein!«, stieß Jimena aus und fiel ihm in den Arm. »Bitte, ich flehe Euch an, tötet ihn nicht.«
    Don Miguels Gefangener hatte das Bewusstsein bereits wiedererlangt. Die Hände des Hünen um seinen Hals verhinderten, dass er einen Laut von sich geben konnte, doch seine Augen waren weit aufgerissen und starrten Jimena an.
    Jimena erwiderte seinen Blick. Ihre Lippen formten lautlos seinen Namen.
    »Ramón!« Dass sie sich auf diese Weise wiedersehen sollten!
    »Was soll das? Dies ist nicht die Stunde für Sentimentalitäten. Er könnte alles verraten«, wandte Don Pedro ärgerlich ein.
    »Dann bindet ihn, und lasst ihn hier im Chor zurück, wo niemand ihn finden kann«, bat Jimena.
    Don Miguel hob die Schultern. »Wenn Euch so viel daran liegt …«
    Geschickt fesselte er Ramón, steckte ihm ein Stück seines eigenen Umhangs als Knebel in den Mund und warf ihn vor dem Steinblock, auf dem vermutlich einst der Altar gestanden hatte, auf den Boden.
    »Weiter! Wir haben schon zu viel Zeit verloren.«
    Jimena wandte sich noch einmal zu Ramón um, doch in diesem Augenblick verschwand der Mond hinter den Wolken, sodass sie in seinem Gesicht nicht lesen konnte.
    Sie hätte sich gern an ihn geschmiegt und ihm versichert: Ich komme wieder und befreie dich, doch jetzt ist es sicherer für dich, hier im Verborgenen zu bleiben. Sonst läufst du Gefahr, zwischen die Fronten zu geraten.
    Doch wie hätte sie das vor den Männern tun können? Sie durfte ihnen nicht verraten, dass sie diesen Mann liebte, der ihren Feinden die Treue geschworen hatte. Sie konnte nur versuchen, ihn unversehrt durch diese Nacht zu bringen. Wenn Isabel gesiegt haben würde, wenn sie als rechtmäßige Königin anerkannt werden würde, vielleicht würde dann auch Ramón ihr endlich Treue schwören. Dann könnten Ramón und sie endlich wieder zusammen sein.
    Doch dies waren nicht der rechte Ort und die Zeit für ihre Träume. Jetzt hatten sie eine Aufgabe zu erfüllen. Sie mussten Isabel ihre Stadt zurückgeben.
    So blieb ihr nur zu hoffen, dass Ramón in ihrem Herzen lesen konnte und dass er verstand, dass dies nur zu seinem Besten geschah. Noch einmal sandte sie ihm einen Blick, in den sie all ihre Liebe legte. Dann wandte sie sich ab und folgte Don Pedro und den anderen.
    Sie schlichen weiter bis zum Tor und beobachteten die Männer, bis die Wachablösung nahte. Sie warteten, bis sich die erste Mannschaft entfernt hatte, ehe sie zuschlugen. Schnell und lautlos, das war entscheidend! Wenn es nur einem gelang, Alarm zu schlagen, konnte der Plan misslingen. Doch Don Pedro und sein Bruder hatten die richtigen Männer für diese Aufgabe gewählt. Sie schlichen sich nah an die ahnungslosen Wächter und überwältigten sie alle gleichzeitig auf Don Miguels Zeichen. Es ging erstaunlich schnell und völlig lautlos vonstatten, und ehe es

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