Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
forderte sie auf, ihn zu kraulen, was Isaura bereitwillig tat.
»Na, wenn du meinst. Dann lass ich dir deinen Willen. Ich finde die Geschichte auch sehr schön.«
Sie goss sich den Rest der Flasche ins Glas und trank den Wein, während ihr Blick abwechselnd auf dem Gemälde und auf dem Collier ruhte. Dann erhob sie sich und schloss das Kästchen und das Buch.
»Ich sollte jetzt zu Bett gehen«, sagte sie zu dem Kater und merkte selbst, wie schwerfällig ihre Zunge sich bewegte, was das Tier aber vermutlich nicht störte.
»Willst du wieder hinaus, oder kommst du mit mir hoch? Weißt du, daheim in meiner Wohnung in München würde mir keine Katze ins Schlafzimmer kommen, geschweige denn eine, die ich kaum ein paar Stunden kenne. Aber heute Nacht wäre ich froh, wenn du mir Gesellschaft leistest.«
Ein Teil ihres Geistes spottete darüber, dass sie sich mit einem Kater unterhielt, doch der Rest war von einer Flasche Rotwein angenehm benebelt. Behutsam trug Isaura das Buch und das Kästchen nach oben und holte dann ihren Koffer. Der Kater begleitete sie bereitwillig und legte sich dann ans Fußende ihres Bettes, wo er sich noch ein wenig das Fell schleckte und dann zufrieden die Augen schloss.
»Man könnte fast meinen, du hast mich verstanden«, murmelte Isaura, ehe ihr die Augen zufielen und sie in ihre Träume hinabglitt, die sie wieder in das finstere Gemach führten, das sie mit der dunklen Königin teilte.
Kapitel 14
Ávila, 1468
Der Vertrag vom 18. September 1468 ging als der Pakt von Toros de Guisando in die Geschichte ein, und die Beteiligten aus den verschiedenen Adelshäusern unterließen nichts, um die Worte des Königs im ganzen Land zu verkünden. Wieder einmal triumphierte der Erzbischof von Toledo, der nun all seine Macht in die Waagschale warf, um Isabels Ansprüche zu unterstützen. Jimena wusste nicht, was hinter den verschlossenen Palasttüren verhandelt worden war, das Ergebnis jedenfalls wurde in schwarzer Tinte niedergeschrieben und von König Enrique IV. unterzeichnet und gesiegelt. Noch einmal enterbte er seine Tochter Juana vor aller Welt und setzte seine Halbschwester Isabel als seine rechtmäßige Thronerbin ein. Die Königin schäumte und machte ihm die Hölle heiß, doch der König entfloh allen Vorwürfen und zog sich in die Wälder zurück – zur Jagd oder zu seinen einsamen Spaziergängen, die seine Höflinge mit Kopfschütteln bedachten.
Doch nun, da Isabel von einer unbedeutenden Infantin zur Kronerbin von Kastilien aufgestiegen war, drehte sich auch das Ehekarussell wieder, und von allen umliegenden Ländern meldeten sich Gesandte, die einen Vorschlag zu unterbreiten hatten. Portugal stand genauso auf der Liste der Anwärter wie Frankreich, und selbst England meldete Interesse an. Doch Isabel lehnte jeden Vorschlag, den der König ihr übermitteln ließ, höflich, aber bestimmt ab. Enrique war alles andere als erfreut und ließ die Vermittler hinhalten. Vielleicht hoffte er, Isabel könne es sich noch anders überlegen. Zwingen konnte er sie nicht, jedenfalls nicht, solange sie unter Carrillos Schutz stand und er ihrer nicht habhaft werden konnte. Seinen Missmut konnte er ihr daher nur über seine Boten übermitteln und hoffen, dass sie seine Briefe las und sich ihren Inhalt zu Herzen nahm.
»Ich werde auf keinen Fall einen dieser alten Männer heiraten, die er mir aussucht«, schimpfte sie und fügte dann ruhiger hinzu: »Eine solche Ehe muss gut überlegt werden. Jetzt geht es nicht nur um mich. Jetzt geht es auch um das Wohl Kastiliens.«
Carrillo unterstützte sie in ihrer Meinung, doch Jimena hatte den Verdacht, dass er bereits an eigenen Plänen wob, die vielleicht ebenso wenig Isabels Zustimmung finden würden. Vorläufig jedenfalls unternahm er keinen Versuch, Isabel mit diesem Thema unter Druck zu setzen. Ja, er bestärkte sie gar darin, weder nach Frankreich noch nach England die Hand auszustrecken. Von den weniger mächtigen Ländern und den aus ihnen stammenden Anwärtern ganz zu schweigen.
Aber dann war da noch Alfons V. von Portugal, der bereits seit seinem sechsten Lebensjahr offiziell auf dem Thron saß. Inzwischen zählte er sechsunddreißig Jahre und gehörte für Isabel verständlicherweise schon zu den alten Männern, die sie auf keinen Fall heiraten wollte. Da es aber eine mächtige Partei unter den Adeligen gab, die Portugal nahestanden, ja, von dort kamen oder enge verwandtschaftliche Beziehungen hatten, wäre diese Verbindung taktisch klug gewesen
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