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Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Titel: Das kastilische Erbe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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hatte.

Kapitel 17
    Madrigal de las Altas Torres, 1469
    Während zögerlich der Frühling Einzug hielt, blieb die Stim mung im Land weiterhin eisig. Der Marquis von Villena schäumte, weil ihm seine Beute so knapp entwischt war, und er brauchte eine ganze Weile, bis er herausfand, wohin Isabel gegangen war. Inzwischen war sie zusammen mit ihrer Mutter und deren Hofstaat nach Madrigal de las Altas Torres gezogen, einem kleinen Marktflecken eine knappe Tagesreise im Westen, in dessen Alcázar Isabel vor siebzehn Jahren das Licht der Welt erblickt hatte. Der Palast, den sich ihr Vater Juan II. als Sommerresidenz hatte erbauen lassen, bestand wie die meisten Häuser im Ort, ja, wie die meisten Gebäude auf der ganzen weiten Ebene, aus roten Ziegeln und zeigte alle Schönheiten des Mudéjarstils, den die maurischen Handwerker zu einer feinen Kunst entwickelt hatten. Doch das war nicht der Grund, warum sie sich jetzt hier befanden. Wie der Name der Stadt bereits andeutete, war Madrigal de las Altas Torres von einer starken Mauer und einhundert Türmen umgeben, aus Millionen von Ziegelsteinen und Tonnen von Mörtel, von unzähligen Händen vor mehr als zweihundert Jahren aufgebaut. Nur Ávila konnte sich einer wehrhafteren Mauer rühmen. Vier mächtige Stadttore beschirmten die Straßen in die Stadt. Sie wurden jede Nacht sorgfältig verschlossen und von Bewaffneten bewacht. Doch weder die Mauern noch die Tore und Türme waren es, die den Marquis de Villena davon abhielten, sofort nach Madrigal zu eilen und die Stadt zu belagern. Der König schwankte mal wieder und konnte sich nicht durchringen, den Palast seiner Stiefmutter anzugreifen. Es kostete Juan Pacheco wochenlange Arbeit und seine ganze Überredungskunst. Er warf seinen ganzen Einfluss in die Waagschale und ließ nichts unversucht, den König noch einmal davon zu überzeugen, dass er mit Gewalt gegen seine Schwester vorgehen müsse.
    »Sie wird zur Vernunft kommen und sich meinem Ratschlag beugen«, behauptete der König hartnäckig und sandte einen Brief nach dem anderen nach Madrigal. Isabel antwortete jedes Mal höflich und wohlüberlegt, doch sie ließ sich nicht zu dem Versprechen hinreißen, von ihren Plänen Abstand zu nehmen, den Thronfolger von Aragón zu heiraten. Dennoch war Enrique zuversichtlich, dass sie zur Einsicht kommen würde. Er pries ihr den Portugiesen an und malte ihr die Vorteile aus, die aus einer Verbindung mit ihm und seinem Land für Kastilien erwachsen würden.
    »Nur dass es für mich kein Vorteil ist, mit einem Mann verheiratet zu werden, der mein Vater sein könnte, das will er nicht einsehen«, erboste sich Isabel und zerriss den Brief ihres Bruders.
    »Das ist in seinen Augen nicht wichtig«, wagte Jimena zu entgegnen.
    Isabel nickte. »Ja, ich weiß. Solche Überlegungen stehen einer Infantin nicht zu, deren eigenes Wohl hinter dem des Landes zurückstehen muss.«
    »Du bist aber nicht nur irgendeine Infantin, die man als Heiratspfand für das Wohlwollen eines Nachbarn gibt«, erinnerte sie Jimena. »Du bist die Thronerbin von Kastilien, die selbst entscheiden muss, was für das Land gut und wichtig ist. Und wenn du sagst, dass dein Bündnispartner im Osten liegt und nicht im Westen, dann muss Enrique dies akzeptieren, selbst wenn er jetzt noch König ist.«
    Isabel seufzte tief. »Bin ich das denn? Die Thronerbin, die einst über Kastilien herrschen wird? Oder wird es mir wie meinem Bruder Alfonso ergehen? Wenn mich keine Krankheit dahinrafft, dann vielleicht die Klinge eines Dolchs oder ein Becher Gift, den meine Feinde mir reichen.«
    »Bei der Menge mächtiger Feinde, die du hast, wüsste ich nicht, worauf ich wetten sollte«, bestätigte Beatriz düster, doch Jimena fuhr ihr ins Wort.
    »Rede keinen Unsinn! Isabel wird Königin, daran gibt es keinen Zweifel. Und wenn es dich beruhigt, werde ich in Zukunft jeden Becher vorkosten, den man dir reicht!«
    Isabel griff gerührt nach ihren Händen. »Danke! Deine Zuversicht lässt auch meine Zweifel klein werden. Ich fürchte mich nicht! Alles wird so, wie es uns vorherbestimmt ist. Es gibt keinen Grund, mit dem Schicksal zu hadern.«
    »Noch nicht«, murmelte Beatriz düster.
    Bei ihrer Ankunft in Arévalo sah Jimena auch endlich ihre Tante Dominga wieder. Die schloss ihre Tochter Teresa und ihre Nichte in die Arme, war aber besorgt wegen der Umstände, die sie nach Arévalo trieb.
    »Haben wir denn Grund zur Sorge?«, erkundigte sich Jimena.
    Dominga versenkte sich in ihre

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