Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT
tun.«
O’Brien legte auf. Er war höchst verwirrt; seine Augen wirkten plötzlich wie von tiefer Trauer erfüllt. »Soweit festgestellt werden kann«, sagte O’Brien, »wurde das Feuer absichtlich gelegt. Man hat Überreste von Stoff, die mit Kerosin getränkt
waren, gefunden. Auf dem Rasen lagen Patronenhülsen, einige Fenster sind eingeschossen worden; es gibt allen Anlaß anzunehmen, daß im Hausinneren eine ganze Anzahl Kugeleinschläge zu finden sind — in dem, was von dem Haus übrig geblieben ist. Alles wird in die Labors geschickt werden.«
Peter beugte sich vor. Etwas stimmte hier nicht. »Warum haben Sie dem Agenten gesagt, daß Sie nichts wüßten?«
Der Agent schluckte. »Weil ich hören möchte, was Sie zu sagen haben. Sie haben gesagt, es betreffe das Bureau; irgendeine verrückte Theorie, wonach Hoover ermordet worden sei. Das genügt mir. Ich bin Laufbahnbeamter. Ich möchte das zuerst hören. Ich kann immer noch den Hörer abheben und das Revier noch einmal anrufen.«
O’Brien gab seine Erklärung mit ausdrucksloser, leiser Stimme ab. Das war vernünftig, dachte Kastler. Alles, was er über das Bureau erfahren hatte, deutete darauf hin, daß man großen Wert auf das richtige Bild in der Öffentlichkeit legte. Um jeden Preis Unruhe vermeiden. Den Sitz der Regierung schützen. Phyllis Maxwells Worte kamen ihm in den Sinn.
Niemand hat je darüber berichtet. Ich glaube auch nicht , daß es je dazu kommen wird ... Das Bureau wird ihn schützen. Seine Kronprinzen werden nicht zulassen, daß ein Makel auf sein Bild fällt. Davor haben sie Angst und dazu auch allen Anlaß.
Ja, überlegte Kastler. O’Brien paßte dazu. Die Last, die er trug, war die schwerste, weil er der erste war, der diese ungewöhnliche Geschichte hörte. Etwas im Bureau war sehr faul. Dieser Agent würde die Nachricht von der Fäulnis zu seinen Vorgesetzten tragen müssen. Sein Dilemma war verständlich: oft gab man den Überbringern von Nachrichten die Schuld für die Katastrophen, die sie berichteten; es konnte weh tun. Kein Wunder, daß dieser Mann schwitzte.
Aber auch seine kühnste Fantasie hatte Peter nicht auf das vorbereitet, was nun kam.
»Um am Anfang zu beginnen«, sagte Kastler, »ich war vor vier oder fünf Monaten an der Westküste und wohnte in Malibu. Es war später Nachmittag; ein Mann stand am Strand und starrte zu meinem Haus herauf. Ich ging hinaus und fragte ihn, warum er das tat. Er kannte mich; er sagte, sein Name sei Longworth.«
O’Brien schoß in seinem Stuhl nach vorn. Seine Augen bohrten sich in die Peters. Seine Lippen formten den Namen, brachten aber nur die Andeutung eines Lautes zuwege. »Longworth!«
»Ja, Longworth. Sie wissen also, wer er ist.«
»Weiter«, flüsterte der Agent.
Peter ahnte die Ursache von O’Briens Schock. Alan Longworth hatte Hoover verraten, war dem Bureau abtrünnig geworden. Irgendwie hatte sich das herumgesprochen. Aber Hoover war tot, der Abtrünnige eine halbe Welt weit entfernt — der Makel getilgt. Jetzt mußte Senioragent O’Brien die Nachricht überbringen, daß der verschwundene Longworth wieder ans Licht getreten war. Kastler tat dieser Mann in eigenartiger Weise leid.
»Longworth sagte, er wolle mit mir sprechen, weil er mein Buch gelesen hatte. Er hatte mir eine Geschichte zu erzählen und dachte, ich sei der richtige Mann, um diese Geschichte zu schreiben. Ich sagte ihm, daß ich keinen Stoff suchte. Dann machte er jene außergewöhnliche Aussage über Hoovers Tod und stellte eine Verbindung mit irgendwelchen Privatarchiven Hoovers her, die verschwunden waren. Er sagte mir, ich solle seinen Namen überprüfen; mir stünden dazu Mittel und Wege zur Verfügung, und das wußte er auch. Ich weiß, daß das verrückt klingt, aber ich habe angebissen. Ich habe ihm, weiß Gott, nicht geglaubt; Hoover war ein alter Mann und jeder wußte, daß er ein krankes Herz hatte. Aber die Idee faszinierte mich. Und die Tatsache, daß dieser Longworth sich die Mühe machte ... «
»O’Brien stand auf. Er stand jetzt hinter dem Schreibtisch und blickte mit brennenden Augen auf Peter herunter. »Longworth. Die Archive. Wer hat Sie zu mir geschickt? Wer sind Sie? Wer, zum Teufel, bin ich für Sie?«
»Was?«
»Sie erwarten, daß ich das glaube? Sie kommen mitten in der Nacht her und erzählen mir so etwas! Um Himmels willen, was wollen Sie von mir? Was wollen Sie denn noch?«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, sagte Kastler verstört. »Ich sehe Sie heute zum
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