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Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT

Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT

Titel: Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Die Frauen anderer Offiziere sollten zum Haus kommen und sich um Mutter kümmern, mit uns Picknicks veranstalten, mit ihr nachmittags einkaufen
gehen — all diese Dinge. Alle waren sehr freundlich. In Wirklichkeit zu freundlich. Siehst du, geistesgestörte Menschen sind wie Alkoholiker. Wenn sie unter einem Zwang stehen, wenn sie ausbrechen wollen, geben sie sich plötzlich ganz normal; sie lächeln und lachen und lügen überzeugend. Und dann, wenn man es am wenigsten erwartet, sind sie plötzlich verschwunden. Und das ist es, glaube ich, was geschah.«
    »Du glaubst? Du weißt es nicht?«
    »Nein. Man sagte mir, man habe sie aus der Brandung gezogen. Sie sei so lange unter Wasser gewesen, daß sie glaubten, sie sei tot. Ich war ein Kind, und das war eine Erklärung, die ich akzeptieren konnte. Sie war einleuchtend; jemand war an jenem Nachmittag mit Mutter zum Funabashi-Strand gefahren. Es war Sonntag. Aber ich war erkältet, also blieb ich zu Hause. Und dann fing irgendwann am Nachmittag das Telefon zu klingeln an. Ob meine Mutter da sei? Ob sie zurückgekommen sei? Die ersten paar Anrufe stammten von den Frauen, die sie mit nach Funabashi genommen hatten. Aber sie wollten nicht, daß ich das bemerkte. Sie taten so, als wären sie andere Leute, um mich nicht zu erschrecken, denke ich. Zwei Offiziere kamen. Sie waren nervös und erregt, aber wollten auch nicht, daß ich das merkte. Ich ging auf mein Zimmer; ich wußte, daß etwas nicht stimmte, und konnte die ganze Zeit nur denken, daß ich meinen Vater um mich wollte.«
    Wieder kamen die Tränen. Peter hielt ihre beiden Hände; er sprach mit ganz weicher Stimme zu ihr. »Weiter.«
    »Es war schrecklich. Nachts, ziemlich spät, hörte ich Schreie. Dann Rufe und Leute, die draußen herumrannten. Dann konnte man das Geräusch von Autos und Sirenen hören. Qietschende Reifen auf der Straße. Ich stieg aus dem Bett und ging zur Tür und öffnete sie. Mein Zimmer war im ersten Stock in der Galerie über der Eingangshalle. Unten schien das Haus sich mit Amerikanern zu füllen — hauptsächlich Militär, aber auch Zivilisten. Wahrscheinlich waren es nicht mehr als zehn Mann, aber alle liefen schnell herum, telefonierten, benutzten Funkgeräte. Dann ging die Haustür auf, und sie wurde hereingebracht. Auf einer Tragbahre. Sie war mit einem Laken bedeckt, aber das Laken war mit Blut befleckt. Und ihr Gesicht — es war ganz weiß. Ihre Augen waren geweitet und blickten leer, als wäre sie tot. In den Mundwinkeln war Blut, das ihr über das Kinn auf den Hals gelaufen war. Und als die Bahre unter einem Licht hindurchgetragen wurde, fuhr sie plötzlich in die Höhe und schrie,
warf den Kopf hin und her, versuchte, sich zu befreien, konnte es aber nicht, weil sie festgeschnallt war. Ich schrie auf und rannte die Treppe hinunter, aber ein Major — ein gutaussehender, schwarzer Major, den ich nie vergessen werde — hielt mich auf und hob mich in die Höhe und hielt mich fest und sagte, alles werde gut. Er wollte nicht, daß ich zu ihr ging, nicht in diesem Augenblick. Und er hatte recht — sie hatte einen hysterischen Anfall; sie hätte mich nicht erkannt. Sie stellten die Bahre ab, schnallten sie los und hielten sie fest. Ein Arzt riß Stoff weg. Er hielt eine Spritze in der Hand; er gab sie ihr, und in ein paar Sekunden war sie still. Ich weinte. Ich versuchte, Fragen zu stellen, aber niemand hörte auf mich. Der Major trug mich in mein Zimmer zurück und legte mich ins Bett. Er blieb lange Zeit bei mir, versuchte mich zu beruhigen, sagte mir, es habe einen Unfall gegeben, und mit meiner Mutter werde alles wieder gut. Aber ich wußte, daß das nicht wahr war. Man brachte mich zum Stützpunkt, und dort blieb ich, bis Dad zurückkam. Das war das vorletzte Mal, ehe man uns nach Hause, nach Amerika, zurückflog. Sein Einsatz dauerte nur noch ein paar Monate.«
    Kastler zog sie an sich. »Das einzige, was mir klar ist, ist, daß dieser Unfall nichts mit der Brandung zu tun hatte, oder damit, daß sie ins Meer hinausgespült wurde. Zum einen brachte man sie ins Haus, nicht ins Krankenhaus. Das Ganze war ein kompliziertes Täuschungsmanöver, das du zu glauben vorgabst, in Wirklichkeit aber nie geglaubt hast. Du glaubst es jetzt auch nicht. Warum hast du das all die Jahre vorgegeben?«
    Alison flüsterte: »Weil es leichter war, denke ich.«
    »Weil du dachtest, sie habe versucht, dich zu töten? Weil sie dich in Chinesisch angeschrien hat, und du nicht darüber nachdenken

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