Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT
jede Waffe.
»Wo ist dieser Brief?« fragte der General.
Kastler hatte Ramirez angelogen, ihm gesagt, er habe einen Brief geschrieben, in dem das Geschehen von Chasŏng und sein rassischer Hintergrund in allen Einzelheiten geschildert worden sei. Er habe ihn nach New York geschickt, und Kopien sollten an die wichtigsten Zeitungen, den Militärausschuß des Senats und den Verteidigungsminister weitergeleitet werden, falls der General nicht das tue, was man von ihm verlange.
»Wo ich ihn nicht mehr erreichen kann«, erwiderte Peter. »Und Sie auch nicht. Sie haben keine Möglichkeit, an ihn heranzukommen. Wenn ich nicht bis morgen mittag in New York erscheine, wird man ihn öffnen. Dann wird ein sehr aggressiver Redakteur die Geschichte von Chasŏng lesen.«
»Er wird sie gegen Ihr Leben eintauschen«, sagte Ramirez vorsichtig. Doch seine Drohung war leer; seiner Stimme fehlte die Überzeugungskraft.
»Das glaube ich nicht. Er würde die Prioritäten abwägen. Ich glaube, daß er das Risiko eingehen würde.«
»Es gibt andere Prioritäten! Die gehen weit über uns hinaus!«
»Ich kann mir schon vorstellen, daß Sie sich das eingeredet haben.«
»Es ist die Wahrheit! Ein Zufall, ein Zusammentreffen von Umständen, das sich in tausend Jahren nicht wiederholen könnte. Man darf dem nicht einfach ein Etikett umhängen, das es nicht verdient! «
»Ich verstehe.« Kastler blickte auf die Waffe hinunter. Der Brigadier zögerte und legte sie dann neben sich auf den Tisch. Aber er entfernte sich nicht vom Tisch. Die Waffe lag so, daß er sie schnell mit der Hand erreichen konnte. Peter registrierte die Geste mit einem Kopfnicken. »Ich verstehe«, wiederholte er. »Das ist die offizielle Erklärung. Ein Zufall. Ein Zusammentreffen von Umständen. Es war reiner Zufall, daß sämtliche Truppen in Chasŏng schwarz waren. Über sechshundert Männer getötet, und Gott allein weiß, wie viele vermißt — alle schwarz.«
»So war es.«
»So war es nicht !« widersprach Kastler. »Damals gab es keine nach Rassen getrennten Bataillone.«
Ramirez’ Gesichtsausdruck war verächtlich. »Wer hat Ihnen das gesagt?«
»Truman hat 48 den Befehl erteilt. Sämtliche Truppenteile wurden integriert.«
»So schnell es sich ermöglichen ließ«, sagte der General monoton und ausdruckslos. »Die Militärbehörden waren auch nicht schneller als die anderen.«
»Wollen Sie sagen, daß Sie ein Opfer Ihrer eigenen Verzögerungstaktik wurden? Ihr Widerstand gegen einen Befehl des Präsidenten führte dazu, daß schwarze Truppen in Massen hingeschlachtet wurden? Ist es das?«
"Ja.« Der Brigadier trat einen Schritt vor. »Widerstand gegen eine unmögliche Politik! Aber, Herrgott, Sie können sich doch ausmalen, wie die Radikalen dieses Landes diese Politik verdreht hätten! Und die außerhalb des Landes!«
»Das kann ich verstehen.« Peter sah, wie in Ramirez’ Augen ein Hoffnungsfunke aufglomm. Der Soldat hatte nach einem Rettungsanker gegriffen, der sich ihm immer wieder entzog, und glaubte einen kurzen Augenblick lang, er habe ihn in Reichweite. Kastler änderte seinen Tonfall, gerade genug, um die falsche Hoffnung des Brigadiers auszunutzen. »Wir wollen die Opfer einen Augenblick außer acht lassen. Was ist mit MacAndrew? Wie paßt er zu Chasŏng?«
»Die Antwort darauf kennen Sie doch. Als Sie anriefen, habe ich Dinge gesagt, die ich Ihnen nie hätte sagen sollen.«
Es war alles so offensichtlich. Die Lüge ging ganz tief, dachte Peter. Die Angst vor der Entdeckung war zweifacher Natur und in einer Hinsicht für Ramirez erschreckender als in der anderen, so daß die kleinere — die Übermittlung falscher Geheimdienstdaten an einen Feind — in den Vordergrund geschoben wurde, um die gefährlichere zu vermeiden. Doch was war jene andere Furcht?
»MacAndrews Frau?«
Der General nickte schuldbewußt, als litte er darunter. »Wir haben damals getan, was wir für richtig hielten. Unser Ziel war es, das Leben von Amerikanern zu retten.«
»Sie wurde dazu benutzt, falsche Informationen zu übermitteln«, sagte Peter.
"Ja. Dafür eignete sie sich perfekt. Die Chinesen hatten umfangreiche Spionagenetze in Japan aufgebaut; einige japanische Fanatiker halfen ihnen. Für viele war es einfach eine Frage des Orients gegen die Weißen.«
»Das ist das erste Mal, daß ich so etwas höre.«
»Man hat nie viel darüber geschrieben. MacArthur belastete das beständig; man hat es heruntergespielt.«
»Was für Informationen haben Sie
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