Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT
drei Jahren — seit Reichstag! — hatten ihn viele Leute bei Cocktailpartys zur Seite genommen oder sich ihm in Restaurants einfach gegenüber gesetzt, um ihm irgendwelche verrückten Informationen zu vermitteln, von denen sie einfach wußten , daß sie ihn interessierten. Die Welt war angefüllt von Verschwörungen. Und Leuten, die gerne an Verschwörungen beteiligt gewesen wären.
»Also gut«, sagte Kastler. »Sie heißen Alan Longworth. Sie haben zwanzig Jahre als Spezialagent gearbeitet; vor fünf Monaten sind Sie in den Ruhestand getreten und wohnen jetzt in Hawaii.«
»Maui.«
»Das steht dann ja sicher in Ihrer Akte.«
Als Longworth das Wort Akte hörte, zuckte er zusammen. »Ja. In meiner Akte.«
»Jeder kann sich über den Inhalt einer bestimmten Akte informieren. Sagen Sie mir etwas, das Sie besonders identifiziert.«
»Ich habe schon überlegt, ob Sie das fragen würden.«
»Ich bemühe mich, in meinen Büchern überzeugend zu sein; das ist einfach eine Logik, die sich Schritt für Schritt entwickelt, ohne Zwischenräume. Wenn Sie wollen, daß ich mich überzeuge, müssen Sie die Zwischenräume ausfüllen.«
Longworth legte sein Jackett von der rechten Schulter auf die linke und knöpfte mit der rechten Hand sein Hemd auf. Eine häßliche, gebogene Narbe führte von seiner Brust bis unter seinen Gürtel. »Ich glaube nicht, daß Sie damit konkurrieren können.«
Peter spürte, wie sein Blut aufwallte. Aber es hatte keinen Sinn, näher auf Longworth’ Worte einzugehen. Wenn der Mann das
war, was er zu sein behauptete, hatte er sich die Zeit genommen, seine Fakten zu sammeln. Ohne Zweifel waren dabei viele Einzelheiten über Peter Kastler ans Licht gekommen.
»Wann kommen Sie morgen?«
»Wann ist es Ihnen angenehm?«
»Ich stehe früh auf.«
»Ich werde früh hier sein.«
»Acht Uhr.«
»Bis acht Uhr also.« Longworth drehte sich um und ging den Strand hinunter.
Peter blieb stehen, wo er war, und blickte ihm nach, bemerkte erst jetzt, daß der Schmerz an seinem Bein verschwunden war. Er war den ganzen Tag da gewesen, aber jetzt war er verschwunden. Er würde Joshua Harris in New York anrufen, im Osten war es jetzt ungefähr fünf; es war also noch Zeit. Es gab einen Anwalt in Washington, einen gemeinsamen Freund, dem es nicht schwerfallen würde, die Informationen über Alan Longworth zu beschaffen. Joshua hatte einmal im Scherz gesagt, daß der Anwalt eigentlich Tantiemen für Gegenschlag! fordern sollte, er hatte Kastler bei seinen Recherchen sehr geholfen.
Während Peter die Verandatreppe hinaufstieg, ertappte er sich dabei, wie er ungeduldig wurde. Ein seltsam befriedigendes Gefühl war das, das er sich nicht ganz erklären konnte.
Vor einem knappen Jahr hat sich etwas ereignet ... Ein Mann ist gestorben. Ein sehr mächtiger Mann. Es hieß, er sei eines natürlichen Todes gestorben. Das stimmt nicht. Er ist ermordet worden. . .
Peter eilte über die Veranda auf die Glastür zu und das Telefon, das er dahinter wußte.
Der Morgenhimmel wirkte verärgert. Dunkle Wolken hingen über dem Ozean; bald würde es regnen. Kastler war entsprechend gekleidet, war das schon seit mehr als einer Stunde; er trug ein Nylonjackett über seinen Khakihosen. Es war dreiviertel acht — dreiviertel elf in New York. Joshua hatte versprochen, bis halb acht anzurufen — im Osten halb elf. Weshalb die Verzögerung? Longworth würde um acht kommen.
Peter goß sich die nächste Tasse Kaffee ein, seine fünfte war das heute.
Das Telefon klingelte.
»Da hast du dir aber einen seltsamen Burschen ausgesucht, Peter«, sagte Harris in New York.
»Warum sagst du das?«
»Nun, unser gemeinsamer Freund in Washington sagt, daß dieser Alan Longworth etwas getan hat, was keiner von ihm erwartete. Er ist im falschen Augenblick in den Ruhestand getreten. «
»Hatte er seine zwanzig Jahre?«
»Knapp.«
»Das reicht doch für eine Pension, oder?«
»Sicher. Wenn man zusätzlich noch ein Gehalt bezieht. Das ist bei ihm nicht der Fall, aber darauf kommt es gar nicht an.«
»Worauf dann?«
»Longworth wurde außergewöhnlich gut beurteilt. Und was besonders wichtig ist, Hoover selbst hatte ihn bereits für eine Beförderung in die höchsten Ränge ausgewählt. Hoover persönlich hat seiner Akte eine handschriftliche Beurteilung hinzugefügt. Man möchte eigentlich glauben, daß so jemand nicht einfach in den Ruhestand tritt.«
»Andererseits könnte er sich mit solchen Zeugnissen natürlich auch einen
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