Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT
geformt, die Brüste fest, der Hals lang — fast griechisch, könnte man sagen — und die Perlenkette schmeichelte ihr. Und ein gutes Gesicht. Wieder paßte das Wort elegant am besten. Ihre Augen waren natürlich auffällig; das fand jeder. Glänzend, wißbegierig, die Augen einer erfahrenen Journalistin. Sie verstand es, ihre Augen zu gebrauchen, durchbohrte jeden, den sie interviewte, und ließ keinen Augenblick einen Zweifel an dem, was sie meinte: Keine Sekunde glaube ich dir . Du mußt es schon besser anstellen.
Sie hatte mit ihren Augen eine Menge Wahrheiten aus einer Menge Lügner herausgeholt. Mehr als einmal hatte sie ganz Washington mit einer unwiderlegbaren Story erschreckt, von der viele wußten, daß es sie gab, doch nie glaubten, sie würden sie je gedruckt sehen. Sie hatte die Leute, die sie ausfragte, gezwungen, weiter zu reden, häufig nur, indem sie stumm blieb und die Arbeit ihren Augen überließ.
Natürlich gab es Zeiten, wenn ihre Augen mehr taten, als nur zweifeln; häufig versprachen sie etwas, aber sie machte sich nichts vor siebenundvierzig war nicht siebenundzwanzig, ob nun elegant oder nicht. Und je weiter die Jahre fortschritten, desto häufiger fragten sie mehr, als daß sie versprachen. Aus einer Anzahl von Gründen.
Sie nannte sich Phyllis Maxwell, nicht Paula Mingus aus Chillicothe; der erste Chefredakteur, der ihr erlaubt hatte, ihren Namen unter eine Story zu setzen, hatte ihn vor einem Vierteljahrhundert geändert. Und sie war gut; sie nahm ihre Arbeit ernst. Sie suchte sich die schwierigen Aufträge.
So wie heute. Irgend etwas an der gegenwärtigen Wahlkampagne war faul, oberfaul. Geld in atemberaubenden Beträgen wurde von Stiftern eingetrieben, die das eigentlich gar nicht wollten. Nicht näher definierte Drohungen und Zusagen, für die es keine Garantien gab, wurden als Waffen eingesetzt.
»Miß Maxwell! Schön, daß Sie uns die Ehre geben.« Das war der Oberkellner des Lafayette.
»Danke, Jacques.«
»Hier entlang, bitte, Miß Maxwell. Sie werden schon erwartet. «
Ja, das tat er. Ein junger Mann mit einem Gesicht wie ein Cherubim mit roten Backen und eifrigem Blick sprang beflissen auf. Wieder einer von diesen blankgeputzten Lügnern; es gab sie überall. Sie müssen sie streicheln . Phyllis hörte die Anweisung förmlich.
»Tut mir leid, daß ich mich verspätet habe«, sagte sie.
»Wer hat sich verspätet? Ich bin gerade erst gekommen.« Er lächelte.
»Dann haben Sie sich verspätet, nicht wahr.« Das war eine Feststellung, die der andere mit einem linkischen Lächeln hinnahm. »Macht nichts. Nehmen Sie einen Drink. Sie brauchen einen, und mir schadet er auch nicht.«
Er nahm einen. Drei. Und seine Eggs Benedict rührte er kaum an. Er konnte das Warten nicht ertragen. »Ich sage Ihnen, Phyl, Sie sind auf der falschen Spur! Sie wollen doch nicht den Ast absägen, auf dem Sie sitzen!«
»Sie bringen Ihre Metaphern durcheinander. Leute wie Sie tun das oft. Gewöhnlich dann, wenn sie etwas zu verbergen haben.«
»Wir haben nichts zu verbergen.«
»Dann wollen wir doch zum Geschäft kommen«, unterbrach sie. Sie mochte keinen Small-talk; ihre Technik war es, geradewegs auf die Dinge loszugehen, und dabei hatte sie meistens Erfolg. »Meine Information ist die folgende: man hat zwei Fluglinien, die sich um neue Routen bewerben, gesagt — und zwar auf nicht besonders subtile Art — daß das CAB eine ablehnende Haltung, et cetera einnehmen würde, sofern nicht größere Wahlspenden, et cetera, et cetera. Die Teamsters sind an eine größere Spedition herangetreten. Umfangreiche Wahlspenden, sonst könnte es zu einem Streik kommen. Die größte Pharmazeutikfirma im Osten wurde zwei Tage, nachdem man sie zu einem Wahlbeitrag aufgefordert hatte, mit einer Untersuchung seitens der FDA bedroht. Sie haben bezahlt. Es wird keine Untersuchung geben. Vier Banken. Vier führende Banken, Paul. Zwei in New York, eine in Detroit, eine in Los Angeles — die sich alle um Zusammenschlüsse mit anderen Instituten bemühten — erhielten die Auskunft, ihre Anträge könnten jahrelang festliegen, sofern sie nicht ein gewogenes Ohr fänden. Beiträge wurden geleistet; plötzlich waren die
Anträge bewilligt. Und alles das ist bestätigt und dokumentiert. Ich habe Namen, Daten und Zahlen. Es ist meine Absicht, sehr schrill zu pfeifen, wenn Sie mir keine Antworten liefern können, die diese acht Beispiele vom Rest des Wahlfeldzuges isolieren. Ich meine, wirklich isolieren. Sie
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