Das katholische Abenteuer - eine Provokation
Beichte verziehen werden.
Ich glaube … ich hoffe, dass Jesus auferstanden ist. Und ich glaube, dass jeder Mensch nach dieser wundervollen österlichen Metapher der Auferstehung die Chance auf einen Neuanfang hat.
Ich glaube, dass Gott jeden Einzelnen von uns meint und uns in den Mittelpunkt der Schöpfung rückt.
Ich wünsche mir, dass es ein Leben nach dem Tode gibt und dass ich meinen Vater wiedersehe.
Das ist doch schon eine ganze Menge.
Der Thrill der Wahrheit
Das achte Gebot in der Politik: Warum sich das Lügen letztlich dann doch nicht rechnet
»Denn wahr ist nur, was nicht in diese Welt passt.«
Theodor W. Adorno, Ästhetische Theorie
Die Situation: Die hessische SPD-Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger verweigert ihrer Parteichefin und Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti die Gefolgschaft, als diese sich mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin küren lassen will, obwohl sie genau das vor der Wahl dem Wähler gegenüber ausgeschlossen hatte.
Und da steht sie nun in der Landschaft, die Abgeordnete Metzger, mit ihrem verrutschten Bienenstock auf dem Kopf, wie ein Sperrbalken, und sie sagt »Nö«. Dabei schnurrte doch alles gerade so schön. Und lief in Richtung Macht, und plötzlich stehen alle Räder still.
Man kann sich die eindringlich geführten Gespräche in der Parteizentrale gut vorstellen. Gewissen? Hä? Haben wir eigentlich so jetzt nicht mehr vorgesehen, Genossin, wenn du verstehst, was wir meinen, wir haben schließlich Fraktionsdisziplin, verdammt, wir können auch anders …
Doch die Dame steht wie eine Eins, und 41 hessische SPD-Abgeordnete sind überhaupt »nicht begeistert«, während Dagmar Metzger sie und sich selber um die Macht bringt nach einer hauchdünn gewonnenen Wahl, die rein rechnerisch mit einer Koalition mit der Linken zur Macht verhelfen könnte. Allerdings war eine Koalition mit der Linken vor der Wahl ausgeschlossen worden. Jetzt eine einzugehen, wäre Betrug am Wähler. Wäre eine Lüge. Und da sagt Frau Metzger: Nein. Und stürzt damit womöglich den großen Chef. Das hat antiken Rang. Und der Chef? Dem dämmert
gerade, dass er gar nicht Churchill ist, sondern doch nur Kurt Beck.
Alle hatten sich gerade so schön machiavellistisch heißgeredet. Noch zwei Wochen zuvor hatte der Politologe Franz Walter im SPIEGEL das »Lob der Lüge« gesungen und sie als Erfolgsmodell der Politik gepriesen. Er hielt Metzgers »Nein« für übertrieben. Koalitionsaussagen seien nicht in Granit gemeißelt, sie müssten angepasst werden, wenn sich die Mehrheiten ändern. Allerdings, das sei hier ebenfalls vermerkt, Bismarck und Adenauer und Hannah Arendt als Zeugen zu rufen, um ein paar linke Betonköpfe zu salvieren, war Geiselnahme in besonders schwerwiegenden Fällen. Aber sowieso zeigt sich jetzt: Die Lüge ist gar nicht so erfolgreich! Effektiver als Andrea Ypsilanti konnte man sich nicht tottricksen, und jetzt war wieder dieser Finsterling Koch am Ruder, den man doch schon zur Strecke gebracht hatte mit einem Sperrfeuer von unglaublich moralischen Wahlkampfparolen. Was für ein Kollateralschaden! Ein Riss im Himmel!
Die Lüge hatte doch einen so schönen Lauf. Neben den Ethik-Ratgebern und Gauner-muss-man-Gauner-nennen- Episteln nämlich gibt es durchaus diese andere Welle, die der Lüge Wert beimisst. Die Kunst des Lügens, Die Wahrheit über die Lüge und, klar, Lob der Lüge heißen entsprechende Titel. Da tobt ein leiser Kulturkrieg. Er wird geführt zwischen Biologisten und Moralisten.
Der Bestseller von Roger Willemsen (mit Dieter Hildebrandt und Traudl Bünger), dieses flotte Lügenkompendium mit dem gar nicht flotten, sondern doch eigentlich tragischen Uwe-Barschel-Titel Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort!, scheint nur Belege für das zu liefern, was die Evolutionsbiologen schon seit einiger Zeit laut und ebenfalls bestsellerträchtig sagen: Alle lügen! Sie geben der ganzen Sache naturwissenschaftlichen Glanz. Für unseren Kampf ums Dasein, führen sie aus, ist die Täuschung essentiell. Tarnverhalten oder Mimikry sind eingeschriebene Programme.
Seitdem die Biologie auch nach Fragen der Moral greift, haben wir ganz beachtliche kulturelle Adaptionsleistungen an die Lüge hinter uns gebracht, Mimikry sozusagen. Zu Ende gedacht bedeutet das: Die Lüge ist keine ethische Kategorie mehr, sondern eine ausschließlich biologische, womit die Schuld abgeschafft wäre. Uff! Das wird in einem größeren Zusammenhang diskutiert derzeit. Nach Ansicht von
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