Das katholische Abenteuer - eine Provokation
meine Seele gesund.«
Ich glaube daran, dass das selbst für meine zerrissene, oft wundgescheuerte und unruhige Seele gilt, nur ein Wort, und dann heil, was für ein Versprechen, was für eine Hoffnung für einen verwehten, nervösen, oft schwermütigen Großstadtneurotiker wie mich. Das ist nicht wirksam im Sinne eine Instant-Therapie, doch manchmal hat es diese Magie.
Der Priester teilt die Kommunion an die Ministranten und Messehelfer aus, erst dann treten wir aus den Bänken und stellen uns im Mittelgang an, versuchen, uns zu sammeln im langsamen Hinschreiten an den Altar.
Früher wurde die Hostie auf die Zunge gelegt. Nichts sollte sie beschmutzen. In seinem neuen Buch spricht der Papst über die Mundkommunion und darüber, dass er seit neuestem zu ihr zurückkehrt. »Damit, dass ich die Kommunion jetzt kniend empfangen lasse und in den Mund gebe, wollte ich aber ein Zeichen der Ehrfurcht und ein Ausrufezeichen für die Realpräsenz setzen.« Aber auch, setzte er hinzu, um zu verhindern, dass sich Touristen die Hostie später in die Brieftasche stecken und als Souvenir mitnehmen.
Ich forme meine Hände zur Schale, der Priester legt die Hostie hinein, ich nehme sie auf und führe sie selber zum Mund. Zurück in der Bank knie ich und schließe meine Augen und bete, und oft bilde ich mir ein, dass mein Gebet inniger ist, abgeschirmter von allen Außeneinwirkungen, ich trage Jesus in mir.
Dann sitzen wir und lassen einen letzten Gesang erklingen, und der Pfarrer tritt noch einmal an die Kanzel und verliest
Stundenpläne für Messen und Musikgruppen und andere Aktivitäten, das ist der Moment, wo mir klarwird, dass ich tatsächlich Teil einer Gemeinde bin mit einem eigenen Leben. Dann wird der Segen erteilt, und wir gehen hinaus auf den Vorplatz.
Eine Stunde, anderthalb Stunden Gegenwelt. Wir haben unsere Sünden bekannt, die Passion vergegenwärtigt und die Auferstehung. Jeden Sonntag ein Ostergefühl. Wer das erlebt hat, sollte sich verwandelt fühlen.
Das klingt und liest sich so gar nicht cool, wo doch das Bemühen heutzutage darauf gerichtet ist, abgebrüht zu sein. Vielleicht ist die Sprache eine, die sich schämt, von so innerlichen Dingen zu reden. Sie müsste ein Gesang sein oder ein geflüstertes Gedicht oder ein beseeltes Schweigen.
Die Axt Gottes
Eine Erinnerung an Bischof Dybas Kampf um den Glauben und die Unverletzlichkeit des Lebens
Dass wir unsere Religion nicht mehr so selbstverständlich atmen wie noch vor einem halben Jahrhundert, hat die katholische Amtskirche nervös gemacht und in einen Modernisierungswettlauf getrieben, der ihr nicht immer guttat. Der mittlerweile verstorbene Bischof von Fulda, Johannes Dyba, hatte da nicht mitgemacht. Er behauptete seinen Stand. Und genau daraus bezog er seine Medienwirkung. Es gab kaum eine Talkshow, die ihn nicht einlud, denn er blieb sich treu.
Johannes Dyba, ein Kämpfer. Dass die Kirche immer mal wieder unter Druck gerät, fand er nicht schlimm. »Da trennt sich die Spreu vom Weizen«, sagte er. Notfalls müsse das Christentum zurück in die Katakomben. Das dürfe aber kein Grund sein, auch nur ein Jota von den Glaubensüberzeugungen abzurücken. »Die Menschen dort abzuholen, wo sie sind«, wäre ihm nicht im Traum eingefallen. Die Menschen sollten von alleine kommen, denn die frohe Botschaft und die Liturgie und das, wofür die katholische Kirche steht, sollten attraktiv genug sein. Der Mühe, den Fuß zu heben und über die Schwelle zu treten, der sollte sich der Gläubige dann schon selber unterziehen.
Ich hatte Dyba zwei Jahre vor seinem Tod im Jahr 2000 besucht. Ich glaube, man merkt dem folgenden Text an, wie sehr er mich beeindruckt hat und welche Qualitäten es sind, die ich an manchen unserer Bischöfe heute vermisse.
Zur Gründungslegende der Diözese Fulda gehört die Beseitigung eines Verständnisproblems. Der heilige Bonifatius war zu Beginn des achten Jahrhunderts in die hessischen Wälder gezogen, um den heidnischen Germanen die frohe Botschaft zu verkünden. Er hatte Vorgänger. Doch die, die sich da mittlerweile Christen nannten, kann man getrost als sittlich verwahrlost bezeichnen: Sie waren polygam, verkauften ihre Sklaven an Heiden für deren Götteropfer, ja nahmen selbst an ihnen teil.
Bonifatius, durchaus intolerant gegenüber solcher germanischer Spiritualität, hasste Missverständnisse. Um sie gar nicht erst aufkommen zu lassen, setzte er Zeichen. Er legte seine Axt an die allseits verehrte Donar-Eiche
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