Das Keltenkreuz
ich die Stange mit beiden Händen fest. Sie fegte dicht am Kopf des Mannes vorbei, sie traf auch, und es hörte sich an, als hätte ich in einen Batzen Teig geschlagen.
Der Wahnsinnige schrie. Es waren furchtbar klingende Laute, die seinen Mund verließen. Er war zudem noch nach rechts gesackt, stand jetzt halb schräg. Sein Mund verzog sich, denn er war nach vorn geschoben und gespitzt.
Plötzlich zitterte sein Arm. Dieses Zittern setzte sich bis in die Hand hinein fort, so daß er nicht mehr in der Lage war, das schwere Beil zu halten. Es rutschte ihm aus der Faust, dann landete es auf dem Boden, und der Mann war waffenlos.
Ich nicht.
Einen kleinen Schritt ging ich zurück. Noch brannten die Augen, aber, ich sah klarer. Der unförmige Killer vor mir war völlig von der Rolle. Er brüllte, er heulte. Aus den kleinen Nasenlöchern rann Schleim, und er tappte wie blind im Kreis.
Ich wartete den günstigsten Moment ab. Zu fest wollte ich nicht zuschlagen, und ich wollte ihn auch nicht am Kopf treffen. Die Stange erwischte ihn etwas tiefer.
Es war der Treffer, der auch einen Koloß wie ihn zu Boden schickte. Er fiel nach vorn, prallte gegen eine Figur und drückte sie mit seinem Gewicht um.
Beide fielen zu Boden. Der dicke Mann landete auf der Figur. Ich hörte ein sehr menschlich klingendes Seufzen, dann blieb er liegen wie eine große Puppe.
Ohne die Eisenstange loszulassen, bückte ich mich und schaute nach ihm. Er lebte, aber er war bewußtlos. Bei seiner Konstitution würde er diesen Treffer verkraften.
Ich wollte das Beil mitnehmen. Seine Schneide blitzte im Licht des Strahlers. In der Hand behielt ich es nicht. Mit dem Griff zuerst steckte ich es in den Hosenbund an der Rückseite. Da war die Verletzungsgefahr am geringsten.
Ich stieg über den Koloß hinweg. Viel konnte ich nicht sehen, obwohl die Tür nicht verschlossen war. Das Licht des Scheinwerfers blendete mich einfach zu stark. Deshalb ging ich neben dem Strahl auf die offenstehende Tür zu.
Es brannte nur ein Scheinwerfer schräg an der Decke. Dessen Licht fiel noch in die falsche Richtung. Trotzdem konnte man diesen Raum nicht als eine Werkstatt bezeichnen.
Wenig später sah ich, was er wirklich war. Und ich hatte das Gefühl, zu Eis zu werden.
Vor der Wand und dicht nebeneinander lagen die Toten. Es waren sechs Leichen, alles Männer.
Da wußte ich, daß ich die Leute gefunden hatte, die von Duncan Cameron losgeschickt worden waren, um das Keltenkreuz zu holen…
***
Obgleich ich damit hatte rechnen müssen nach allem, was vorgefallen war, konnte ich da so ohne weiteres nicht darüber hinweggehen. Ich war schon geschockt. Sechs Tote!
Ich stand einfach nur da und schaute sie an. Niemand hatte sie in einen Sarg gelegt, sie waren auch nicht abgedeckt worden, sie lagen einfach nur da, als wären sie vergessen worden.
Aber wie waren sie gestorben?
Das Halbdunkel reichte nicht aus, um Genaueres erkennen zu können.
Ich mußte mich schon über sie beugen, um nach irgendwelchen Verletzungen oder Schußwunden zu suchen.
Es war der widerliche Geruch der Verwesung, der mich zunächst davon abhalten wollte, aber ich machte weiter und beugte mich noch tiefer nach unten.
Das kalte Licht und auch die Schatten trugen dazu bei, daß die Gesichter der Männer auf mich künstlich wirkten. Wie aus einer harten Kunststoffmasse geschaffen und dann glasiert.
Es waren noch junge Männer. Um die Dreißig. Auch im Tod hatten sich ihre Körper nicht verändert. Sie wirkten durchtrainiert. Kämpfer, die Duncan Cameron angeheuert hatte.
Ich sah keine Verletzungen. Weder eine Schuß- noch eine Stichwunde.
Die Körper und auch die Gesichter wirkten so glatt, als wären die Leute eingeschlafen.
Gift?
Ich wußte es nicht. Es war mir auch jetzt egal. Ich konnte ihnen nicht mehr helfen und mußte mehr für mich tun und natürlich auch für Vivian Cameron.
Über das, was mit ihr geschehen war, zerbrach ich mir natürlich den Kopf. Ich stellte mir ganz einfach die Frage, ob ihr das gleiche zugestoßen war wie mir oder ob sie mit der anderen Seite gemeinsame Sache machte. Auch das wollte ich nicht völlig ausschließen. Schließlich hatte sie mich schon durch ihr Wissen überrascht. Ob Vivian mir von ihrem Großonkel als Aufpasserin mit auf den Weg geschickt worden war, das konnte sie mir nur selbst sagen. Ich wünschte mir, daß es nicht so war und sie auch nicht auf der anderen Seite stand.
Noch einmal ließ ich meinen Blick über die Gesichter der Toten
Weitere Kostenlose Bücher