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Das Kettenlädenmassaker

Das Kettenlädenmassaker

Titel: Das Kettenlädenmassaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
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hin.
    »Das ist es immer noch«, krächzte Jim.
    »Nein, ich meine Mister Compton-Cummings. Einfach so tot umzufallen.«
    »Oh, das. Ja, es muß schrecklich gewesen sein.«
    »Im einen Augenblick noch ein großer freundlicher Bär von einem Mann, mit den Hosen um den Knöcheln, und im nächsten …«
    »Halt, Augenblick mal«, sagte Jim. »Sie wollen doch wohl nicht andeuten, daß Sie und er …«
    »Aber selbstverständlich waren er und ich. Heute ist Dienstag, oder nicht?«
    »Ja, aber …«
    »Wir haben es immer dienstags getan.«
    »Was denn? Sie und er? Ich meine, äh, Sie sind so … und er war … nun ja, meine ich.«
    »Ein Maurer«, sagte die Sekretärin.
    »Hä?«
    »Ein Freimaurer. Ich habe ihm jeden Dienstag geholfen, sich für seine Logentreffen umzuziehen. He, Sie haben doch wohl nicht …?«
    »Ach wo, nie im Leben«, antwortete Jim und schlug sich mit der Hand auf das Herz. Der heiße Tee aus dem Becher verteilte sich auf seinem Hemd. »O verdammt!«
    »Sie sind wirklich sehr ungeschickt, wissen Sie?«
    »Ich geb’ mir immer Mühe, es nicht zu sein.« Jim zupfte an seinem nassen Hemd und schüttelte den Kopf. »Also ist er gestorben, während er seine Freimaurerinsignien angelegt hat.«
    »Ich bin sicher, daß er so hätte gehen wollen.«
    »Wollte er?«
    »Nun ja, ich schätze nicht wirklich. Aber man kann sich schließlich nicht aussuchen, wie man stirbt, oder? Genausowenig wie man sich seine Eltern aussuchen kann. Das sollte keine Beleidigung sein.«
    »Hab’ ich auch nicht so aufgefaßt«, erwiderte Jim. »Also ist er einfach so mir nichts, dir nichts mausetot umgefallen, während Sie ihm in seine Robe und Was-nicht-alles geholfen haben.«
    »Ich hab’ sein Was-nicht-alles nie angefaßt.«
    Jim musterte die Sekretärin von oben bis unten. Sie war eine wunderschöne junge Frau, aber ganz eindeutig nicht für ihn bestimmt. Jim hatte nie besonderen Gefallen an Zweideutigkeiten und Toilettenwitzen gefunden. Diese ganze ewige Flirterei ließ ihn völlig kalt. Man stelle sich nur vor: eine Frau, die hinter jedem Wort, das man von sich gibt, eine eindeutige Anspielung sieht! Ein richtiger Alptraum.
    »So«, sagte Jim, einmal mehr und diesmal langsam. »Glauben Sie vielleicht, daß die Anstrengung beim Anlegen seiner Freimaurerinsignien für die Herzattacke verantwortlich war?«
    »Entweder das oder die Blasmusik.«

4
     
    »Das hat sie gesagt?« Omally spuckte in sein Pint Large. »Du machst Witze!«
    »Mache ich nicht.« Pooley schlug sich einmal mehr mit der Hand aufs Herz, vorsichtig darauf bedacht, die zu nehmen, die nicht das Getränk hielt. »Natürlich hat sie dann hinzugefügt, daß sie damit gemeint hat, mit Musik in den Schnabel der Teemaschine zu pusten, weil sich darin etwas festgesetzt hätte. Ich hatte jedenfalls genug. Ich hab’ mich entschuldigt und gemacht, daß ich verschwinde.«
    »Und das war ganz recht so«, stimmte Omally ihm zu. »So geht das schließlich nicht hier bei uns in Brentford. Eine Frau wie diese Sekretärin ist hier vollkommen fehl am Platz.«
    Jim Pooley hob eine Augenbraue bei dieser Bemerkung, die ihn aus John Omallys Mund doch sehr überraschte — Omally war in der ganzen Gemeinde als Frauenheld bekannt und gefürchtet. Doch er wußte genau, was sein bester Freund meinte. Die kleine Stadt Brentford hatte etwas ganz Besonderes, etwas, das sie von den umliegenden Gemeinden und Bezirken abgrenzte. Etwas, das nicht gemessen und katalogisiert und in Definitionen gefaßt werden konnte. Es war subtil und schwer faßlich. Und es war kostbar. Es war Magie. Die Menschen, die hier lebten, spürten es, und sie waren glücklich.
    Jim seufzte, leerte sein Glas und stellte es zurück auf den Tresen.
    Die beiden standen im Fliegenden Schwan, diesem Viktorianischen Juwel in der ramponierten Krone der Brentforder Kneipenszene. Schiefe Sonnenstrahlen stießen durch die stumpfen Fensterscheiben und funkelten auf Aschenbechern und Meßgläsern, auf der polierten Mahagonitheke und dem blanken Messing. Selbst hier war die Magie.
    »Noch mal das gleiche, Neville, bitte«, sagte Jim und schob sein Glas über den Tresen.
    »Und für mich auch«, sagte John.
    Neville der Teilzeitbarmann zapfte die beiden Pints und lächelte seinen Gästen zu. »Weißt du, John«, sagte er, als die Biere ausgeschenkt und bezahlt waren, »dieses Buch, das du da bei dir hast — es könnte durchaus ein paar Mäuse wert sein.«
    »Dieses Buch hier?« fragte Jim und drehte den Gegenstand, der vor ihm auf dem

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