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Das Kind der Priesterin

Das Kind der Priesterin

Titel: Das Kind der Priesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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bete nur zu einem möglichen wahren Gott, daß sie in Sicherheit sind und daß ihr Sohn eines Tages zurückkehren möge, um den Thron zu beanspruchen und der größte unserer Könige zu werden. Wenn sie es vorgezogen hat, mich zu verlassen, so kann ich es ihr nicht vorwerfen, denn ich hatte nie das Recht, sie mir zu nehmen, wie ich es getan habe. Ich liebte sie aber und bete, daß sie sich auch daran erinnert und mir ein wenig verzeiht.
    Ich habe mich oft gefragt, ob sie mich jemals geliebt hat. Wenn ja, war es mehr, als ich verdient habe. Aber manchmal war da ein Blick, ein Zeichen … Die Hände des Sommerwindes sind warm und leicht wie deine Berührung, Etaa; es mag sein, daß deine Mutter dich am Ende doch noch nach Hause geholt hat. Hüte meinen Sohn und vergib seinem Vater. Segne ihn, wie du mich gesegnet hast. Etaa … Ich glaube, daß ich dich nicht wiedersehen werde.
    Doch nun kommt, Ihr Herren, das Gottesauge wacht über uns, und die Sonne steht schon hoch. Es heißt, daß ein Schmied einen König ansehen darf; dann soll es das letzte sein, was er je sieht!

 
Der Gott
     
     
     
    Ich nehme an, daß ich deswegen heute rede, weil Sie sich gefragt haben, wie ein ‚grüner Junge’ im Kolonialdienst sich dazu berufen fühlte, das menschliche Problem zu lösen. Die Antwort ist ganz einfach – ich liebte Etaa, und Etaa war die Mutter von Alfilere.
    Sie werden sich wahrscheinlich alle an die Situation zu jener Zeit erinnern. Kurz vorher war der Kolonialdienst auf die Menschen gestoßen, eine intelligente Lebensform, die auf Kohlenstoff statt auf Silikon basiert, aber Sauerstoff atmet und ungefähr dieselben Temperaturen verträgt wie wir. Das machte sie zwar zu einem weiteren Konkurrenten, aber nur am Rande, und wären sie etwas anderes als Menschen gewesen, so hätten wir erwarten können, mit ihnen zu koexistieren. Unsere Studien über die Weiterentwicklung ihrer Kultur und die dürftigen Berichte über ihre Vergangenheit deuteten jedoch darauf hin, daß es sich um die unerbittlichste, unvernünftigste und aggressivste Spezies handelte, der wir jemals begegnet waren. Kombiniert mit einer hochentwickelten Technologie hätte es sie auch noch zur gefährlichsten gemacht. Auch unter diesen Umständen waren wir bereit, in Frieden mit ihnen zu leben, nur erhob sich die Frage, die ich immer wieder gehört habe, ob sie in Frieden mit uns leben würden. Die mehrheitliche Meinung der Konservativen war, daß dies unwahrscheinlich sei, deshalb gab uns unser Bezirksrat den Auftrag, zu intervenieren und ihren kulturellen Fortschritt zu drosseln. Die Liberalen im Dienst waren dagegen, sie taten ihr Bestes, den Status quo der Menschen zu fördern, und damit fing das ganze Unheil an.
    Ich bin Xenobiologe und stand damals am Anfang meiner Laufbahn; obendrein war ich zu unerfahren, um Zweifel an unserer Politik zu hegen, deshalb unterstützte ich blindlings die Einstellung der Mehrheit in bezug auf Menschen. Besonders auch deshalb, weil ich unter Menschen leben mußte, um sie zu studieren (und zu beobachten), als ‚Wagenführer’ des götterhassenden Königs von Tramaine. Als die Liberalen dem König Berichte für den Dienstgebrauch zugänglich machten und dann die benachbarten Kotaaner offen zum Krieg aufstachelten, vergalten wir Konservative es ihnen, indem wir Etaa, die kotaanische Geliebte des Königs, zusammen mit ihrem Sohn, dem Erben, entführten. Meiner strategischen Stellung wegen wurde ich dazu ausgewählt, den tatsächlichen Raub auszuführen – und, offen gesagt, wohl auch meiner Naivität wegen. Alles, was ich zu tun hatte, war, die beiden aus dem Weg und in Sicherheit zu bringen, hieß es, und gleichzeitig könnte ich meine ersten Veränderungsstudien einer unbekannten Welt betreiben … In Wirklichkeit mußte ich nur eine Ewigkeit allein zubringen, in einer trostlosen, verlassenen Welt, mit keiner anderen Gesellschaft als der einer abergläubischen, fremden Frau und ihrem schreienden, fremden Balg. Ich wußte nicht, ob ich mich wegen der Verantwortung geehrt fühlen sollte oder beschämt, weil ich ausgenutzt wurde. Doch ich tat meine Pflicht und entführte sie auf den äußeren Mond.
    Ich sandte Etaa Wein mit einem Schlafmittel darin und verrammelte alle Türen und Fenster; sie hatte immer noch keine Ahnung, was passiert war, als ich die Fähre schon nahe bei den Ruinen der toten Kolonie herunterbrachte und die Luke öffnete. Ich beobachtete sie auf dem Bildschirm, als sie hinaustrat, und wartete den ersten

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