Das Kind der Rache
noch etwas ereignen könnte.«
Bob Carey schüttelte den Kopf. »Bist du verrückt? Ich habe
keine Lust, den ganzen Tag zu warten, bis du irgendwelche
Visionen hast!«
»Du bist unverschämt, Bob Carey«, sagte Lisa. »Du denkst
wieder einmal nur an dich selbst. Wenn du keine Lust hast,
noch etwas hierzubleiben, warum fährst du nicht allein nach La
Paloma zurück? Wir werden schon einen Weg finden, wie wir
nach Hause kommen.« Sie nahm Alex an der Hand und schritt
auf den Ausgang der Kapelle zu. Nach einigem Zögern setzte
sich auch Kate in Bewegung. »Kate!« rief Bob. Seine Freundin
wirbelte herum.
»Kannst du immer nur an dich selbst denken?« Sie rannte
los. Nach wenigen Schritten hatte sie Lisa und Alex erreicht.
Sie verließen die Mission, einen Häuserblock weiter fanden
sie eine Telefonzelle. Aufmerksam las Alex die dort angebrachten Bedienungsanweisungen, dann wählte er die
Nummer des Instituts. Erst nach dem zweiten Versuch kam die
Verbindung zustande. Dr. Torres meldete sich. Alex erklärte
ihm, was vorgefallen war. Als er mit seiner Schilderung fertig
war, fragte der Arzt: »Bist du sicher, Alex, daß du schon mal
auf diesem Friedhof gewesen bist?«
»Ich glaube, ja«, war die Antwort. »Was meinen Sie, Dr.
Torres, soll ich noch etwas hierbleiben? Wäre es nicht möglich,
daß ich mich noch an etwas erinnere?«
»Nein«, sagte Dr. Torres ohne Zögern. »Ein Experiment pro
Tag genügt. Ich möchte, daß du jetzt sofort nach Hause fährst.
Ich werde inzwischen deine Mutter anrufen und ihr alles
erklären.«
»Sie wird sehr böse auf mich sein«, antwortete Alex. »Ich
habe ihr gesagt, daß wir zum Baden nach Santa Cruz fahren.«
»Ich verstehe.« Es entstand eine längere Pause. »Beantworte
mir bitte die folgende Frage, Alex. Als du deine Eltern belogen
hast, warst du dir da im klaren, daß du ein Unrecht begingst?«
»Nein«, sagte Alex, nachdem er einige Sekunden über die
Frage nachgedacht hatte. »Ich wußte nur, das war die einzige
Möglichkeit, den Ausflug zu machen.«
»Wir sprechen Montag noch darüber«, antwortete Torres.
»Wegen der Ausrede, die du gebraucht hast, werde ich mit
deiner Mutter sprechen. Du kannst ihr die Wahrheit sagen, sie
wird dir keine Vorwürfe machen. Allerdings weiß ich nicht,
wie sich deine Freunde aus der Affäre ziehen können.«
Er wollte sich gerade von Dr. Torres verabschieden, als der
Arzt ihn unterbrach.
»Alex, ist es dir denn wirklich gleichgültig, wenn deine
Freunde Schwierigkeiten bekommen?«
»So ist es«, sagte Alex. »Meine Freunde sind mir
gleichgültig, ebenso wie alle anderen Menschen auf der Welt.«
»Auch darüber müssen wir reden«, kam Dr. Torres' Antwort.
Er sprach so leise, daß Alex ihn kaum verstehen konnte. »Und
zwar schon morgen, Alex. Die Sache ist so dringend, daß wir
nicht bis Montag warten können.«
Alex legte auf und verließ die Telefonzelle. Kate, Lisa und
Bob starrten ihn erwartungsvoll an.
»Er will, daß ich sofort nach Hause fahre«, verkündete Alex.
»Er hat mir versprochen, daß er meine Mutter anruft und ihr
alles erklärt.« Er verstummte. Nach kurzem Nachdenken fügte
er hinzu: »Ich werde mit meiner Mutter reden, damit sie die
Sache bei euren Eltern ausbügelt.«
Lisa dankte ihm mit einem Lächeln. Dagegen war Kate von
den Augen abzulesen, daß sie sich immer noch Sorgen machte.
»Und wie kommen wir nach Hause?« fragte sie.
»Ich fahre euch«, bot Bob Carey an. Er reichte Alex die
Hand. »Mir tut es leid, was ich vorhin gesagt habe. Es war
nur... Du weißt ja, Alex, du bist nicht mehr der gleiche wie
früher, und das verunsichert mich. Kann sein, daß ich da auch
mal falsch reagiere.«
»Das geht schon in Ordnung«, sagte Alex.
Marsh Lonsdale legte den Hörer auf die Gabel zurück. »So,
das wäre erledigt«, sagte er. »Ich finde es aber trotzdem nicht
ganz richtig, was die Kinder getan haben.«
»Ich dachte, du warst dir mit Dr. Torres einig, daß wir die
Angelegenheit auf sich beruhen lassen«, argumentierte Ellen.
Marsh schien resigniert. »Mir geht es nicht in den Kopf, daß
zwei Jungen und zwei Mädchen sich ins Auto setzen und nach
San Francisco fahren, obwohl sie genau wissen, daß sie das
nicht dürfen. Und daß sie uns noch belügen, um die Spuren zu
verwischen, macht die Sache nicht besser.«
»Aber Alex wußte doch gar nicht, daß er nicht nach San
Francisco fahren durfte.«
»Immerhin weiß er, daß er uns nicht belügen darf«, sagte
Marsh. Er wandte
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