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Das Kind der Rache

Das Kind der Rache

Titel: Das Kind der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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wird.«
»Es scheint, der Junge hat es gut überstanden«, warf Dr.
Bloch ein, aber sein Chef brachte ihn mit einem strafenden
Blick zum Schweigen.
»Vielleicht haben Sie recht. Aber wenn der Junge bei diesem
Test keine Schäden davongetragen hat, dann nur, weil der
Bereich seines Gehirns, der für die Gefühle verantwortlich ist,
gestört ist. Oder, wie Sie es einmal so elegant formuliert haben,
weil er ein Zombie ist.«
Dr. Bloch verteidigte sich. »Ich hätte den Test bei ungünstigem Verlauf so oder so abgebrochen«, sagte er. »Ich
habe den Patienten genau beobachtet. Wenn ich erkannt hätte,
daß die Schmerzen eine bestimmte Grenze überschreiten, hätte
ich den Strom abgeschaltet.«
»Gut, aber nicht gut genug«, erwiderte Dr. Torres. »Wenn
Sie Zweifel an meiner Anweisung hatten, dann hätten Sie mich
sofort rufen müssen, und das haben Sie nicht getan. Ich gebe
Ihnen jetzt eine Anweisung, die Sie ausnahmsweise befolgen
sollten. Sie gehen jetzt in das Laboratorium und nehmen Ihr
persönliches Eigentum an sich. Sie warten in dem
Laboratorium, bis der Wachmann kommt und Sie aus meiner
Klinik eskortiert. Das Gehalt, das Ihnen noch zusteht, erhalten
Sie auf Ihr Konto überwiesen. Habe ich mich klar genug
ausgedrückt?«
»Sir...«
»Habe ich mich klar ausgedrückt?« wiederholte Dr. Torres
mit anschwellender Stimme.
»Jawohl, Sir«, flüsterte Dr. Bloch und verließ den Raum.
Raymond Torres wartete, bis sein Zorn abgeflaut war, dann
nahm er die Testberichte, um sie noch einmal in Ruhe
durchzulesen.
Vielleicht würde doch noch alles gut werden. Der Junge war
unter der ungeheuerlichen Beanspruchung, die seinem Gehirn
zugemutet worden war, nicht zusammengebrochen. Vielleicht
war Alex' Gehirn mit dem Versuch beschäftigt gewesen,
Ordnung in das Chaos der elektrischen Reize zu bringen. Das
Bewußtsein, das den Schmerz hätte registrieren können, war
blockiert gewesen.
Ob es wirklich so gelaufen war? Er würde wohl nie eine
sichere Antwort auf diese Frage bekommen.

Neunzehntes Kapitel
    »Aber er hat dir nicht gesagt, was mit unserem Jungen los ist,
oder?« stellte Marsh fest. Er faltete seine Serviette zusammen,
wobei er peinlich genau darauf achtete, daß die beiden Hälften
gleich groß waren. Ellen kannte die Geste. Das war immer ein
Zeichen dafür, daß ihr Mann einen Entschluß gefaßt hatte, von
dem er sich nicht mehr abbringen ließ.
    »Das ist ja der Grund, warum wir Alex wieder ins Institut
bringen sollen«, entgegnete Ellen. »Dr. Torres will herausfinden, woran es hapert.« Es war schon das dritte Mal, daß
sie ihm das sagte. Warum war Marsh so schwer von Begriff?
Es war doch wirklich nichts Rätselhaftes an Raymonds
Wunsch, Alex für ein paar Tage in seinem Institut unter
Beobachtung zu halten. »Wenn Dr. Torres ernsthafte Risiken
für den Jungen befürchtete«, fuhr sie fort, »dann hätte er Alex
sicher gleich dortbehalten.«
    »Wenn er ihn dortbehalten hätte, dann wäre ihm heute früh
die einstweilige Verfügung meines Anwalts ins Haus
geflattert«, sagte Marsh. »Das weiß er ganz genau, und deshalb
hat er Alex mit dir gehen lassen. Die Verzichtserklärung, die
ich unterschrieben habe, ändert nichts an der Tatsache, daß ich
immer noch der Vater des Jungen bin. Wenn dieser Dr. Torres
mir nicht die Einzelheiten der Operation enthüllt, die er bei
Alex vorgenommen hat, und wenn er mich nicht über die
Probleme ins Bild setzt, die sich nach dem chirurgischen
Eingriff ergeben haben, bringe ich Alex nicht in sein Institut
zurück.« Er schob seinen Stuhl zur Seite und stand auf. Ellen
hatte noch Einwände vorbringen wollen, aber sie wußte, daß
das jetzt sinnlos war. Sie würde tun, was für Alex gut war. Sie
würde Marsh vor vollendete Tatsachen stellen. Nachdem er
den Raum verlassen hatte, räumte sie das Geschirr ab und trug
es zur Spülmaschine.
    Marsh fand Alex in seinem Arbeitszimmer vor. Der Junge
saß am Schreibtisch. Vor ihm lag eines der medizinischen
Fachbücher, die zu Marsh' Bibliothek gehörten, ein Buch mit
Abbildungen des menschlichen Gehirns. Eine der weißen
Ratten, die Alex aus der Schule mitgebracht hatte, saß auf dem
Schreibtisch.
    »Kann ich dir in irgendeiner Weise behilflich sein?« bot
Marsh an.
Alex sah von seinem Buch auf. »Ich glaube, nein.«
»Vielleicht weiß ich etwas besser über das menschliche
Gehirn Bescheid, als du glaubst«, sagte Marsh. Er nahm die
Ratte vom Schreibtisch und kraulte sie hinter den

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