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Das Kind der Rache

Das Kind der Rache

Titel: Das Kind der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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allein im Haus, als jemand kam, um sie...«
Dein Vater hat sie auf dem Gewissen, dachte Valerie, aber
sie wußte natürlich, daß sie die Wahrheit nicht laut aussprechen
durfte. Wenn Kate sich weigerte, den Tatsachen ins Gesicht zu
sehen, so würde sie nicht diejenige sein, die dem Mädchen die
Augen öffnete, jedenfalls nicht jetzt. Wenn Alan Lewis dann
verurteilt war... Sie verdrängte den Gedanken. Ich darf nicht
voreilig über andere richten, ging es ihr durch den Kopf. Ich
darf nicht mit Scheuklappen durchs Leben gehen. »Du machst
dir umsonst Sorgen, Kate«, sagte sie. »Niemand wird mir etwas
tun. Ich lebe seit fünf Jahren in diesem Haus, ohne daß ich je in
eine gefährliche Situation geraten wäre. Jedenfalls bin ich nicht
einverstanden, daß du dich wegen nur hier Tag für Tag
einsperrst wie in einem Gefängnis.« Mit einer brüsken
Bewegung stand sie auf, ging zum Telefon und trug es zu dem
niedrigen Tisch, der vor dem Sofa stand. »Und jetzt wirst du
Bob Carey anrufen und ihn bitten, daß er dich auf eine Pizza
einlädt.«
Kate zögerte. »Das kann ich nicht.«
»Natürlich kannst du das«, widersprach ihr Valerie. »Er
kommt dich doch sowieso jeden Tag besuchen, nicht wahr?
Dann hat er sicher auch nichts dagegen, dich zu einer Pizza
oder zu einer Coke einzuladen.« Sie nahm den Hörer ab. »Wie
ist seine Nummer?«
Kate sagte ihr die Nummer, Valerie betätigte die Tasten. Als
Bob sich meldete, sagte sie: »Hier ist jemand, der mit dir reden
will.« Sie reichte Kate den Hörer.
Fünfundvierzig Minuten später verabschiedete Valerie Bob
und das Mädchen. Das kurze Gespräch fand vor der Haustür
statt. »Wage ja nicht, mir Kate vor elf Uhr abends
zurückzubringen«, sagte sie zu dem jungen Mann. »Sie hat sich
lange genug im Schmollwinkel versteckt, jetzt braucht sie
etwas Abwechslung.« Sie sah dem Wagen nach, bis die
Heckleuchten in der Straßensenke verschwanden, dann schloß
sie die Haustür, ging ins Wohnzimmer zurück und holte ihr
Strickzeug wieder hervor.
    Ellen hatte das Telefon abgenommen, um im Medical Center
anzurufen, als sie hörte, wie das Gartentor geöffnet wurde.
Wenig später ging die Haustür auf, Marsh und Alex traten ein.
Ellen ließ den Hörer auf die Gabel sinken. »Warum habt ihr
mir nicht gesagt, daß ihr so lange wegbleibt? Was habt ihr
eigentlich gemacht?«
    »Wir haben die Ratten getötet«, sagte Alex.
Ellen erbleichte. Ihr Blick irrte zu ihrem Mann.
»Marsh, würdest du mir bitte erklären, wovon der Junge
    spricht?«
»Ich erzähle es dir später«, sagte Marsh, aber dann sah er an
ihrer Miene, daß Ellen auf einer sofortigen Antwort bestehen
würde. »Wir haben die Ratten seziert«, sagte er müde. »Wir
wollten sehen, wieviel Verletzungen das Gehirn ertragen kann,
bevor der Organismus stirbt.«
Ellen spürte, wie sich ihr Magen umdrehte. »Ihr habt die
Ratten getötet?« sagte sie ungläubig. »Ihr habt die drei
hilflosen Kreaturen umgebracht?«
Marsh nickte. »Liebling, du weißt doch, daß in den Laboratorien jeden Tag Ratten in großer Zahl getötet werden. In
diesem Fall ging es um ein Experiment, das Alex und mir
wichtig schien.« Er ging an Ellen vorbei und betrat das
Wohnzimmer. Zu Alex sagte er: »Ich wäre dir dankbar, wenn
du mich jetzt mit deiner Mutter allein läßt. Es sieht ganz
danach aus, daß wir einen Streit haben werden.« Alex wollte
die Treppe hinaufgehen, aber Marsh hielt ihn zurück. Er zog
seinen Autoschlüssel aus der Hosentasche. »Warum fährst du
nicht zu einem deiner Freunde?« Er warf seinem Sohn den
Schlüssel zu.
Ellen kroch ein Schauder über den Rücken. Sie spürte, daß
es eine Art Verschwörung zwischen ihrem Mann und ihrem
Sohn gab, ein Geheimnis, von dem sie ausgeschlossen blieb.
Schon Sekunden später wurde ihr Verdacht bestätigt.
»Du meinst, ich soll das machen, worüber wir gesprochen
haben?« fragte Alex seinen Vater. Der nickte. Und dann
geschah etwas, was zum letztenmal im Frühjahr, als Alex sich
von seinen Eltern für die Fahrt zur Abschlußfeier der Schule
verabschiedet hatte, geschehen war.
Alex lächelte.
Es war genaugenommen nur die Andeutung eines Lächelns,
und doch bedeutete es in Ellens Augen eine Sensation.
Sie sah ihrem Sohn nach, bis er im Hausflur verschwand,
dann wandte sie sich zu Marsh. Ihr Zorn war wie weggeblasen.
»Hast du das gesehen?« sagte sie atemlos. »Marsh, unser
Sohn hat gelächelt. Er hat wirklich gelächelt!«
Marsh nickte. »Das hat nichts zu bedeuten«,

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