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Das Kind der Rache

Das Kind der Rache

Titel: Das Kind der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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doch sicher
während des Experimentes beängstigende Empfindungen.
Willst du mir nichts darüber erzählen?«
Alex musterte den Mann mit ruhigem Blick. »Wissen Sie
denn nicht, was für Empfindungen ich während des Versuches
hatte?«
»Denkst du, Dr. Torres weiht mich in alles ein?« entgegnete
Dr. Bloch. »Bei diesem Experiment wird dein Gehirn
stimuliert, das ist alles, was ich weiß.«
»Bei diesem Experiment«, sagte Alex geduldig, »geht es um
die Reaktionen des Gehirns.« Ein seltsames Lächeln spielte um
seine Lippen. »Allerdings ist es nicht mehr mein Gehirn, was
da stimuliert wird, nicht wahr, Dr. Bloch?« Als der Arzt
schwieg, beantwortete Alex seine eigene Frage.
»Es ist nicht mehr mein Gehirn. Seit ich aus der Operation
aufgewacht bin, ist es Dr. Torres' Gehirn.«
Wortlos nahm Raymond Torres die Testberichte entgegen,
die Dr. Bloch ihm gab. Er studierte die Zahlenreihen. Nach
einer Weile zog er die Mundwinkel nach unten.
»Sie müssen bei der Durchführung des Experimentes einen
Fehler gemacht haben«, sagte er und warf die Bögen auf den
Schreibtisch. »Die Resultate ergeben keinen Sinn. Die
Testwerte entsprechen den Werten, die man bei einem
Menschen in wachem Zustand bekommt, nicht bei einem
narkotisierten Patienten.«
»Aber darum ging es doch«, widersprach ihm Dr. Bloch.
»Um einen Test ohne Anästhesie.« Wie immer, wenn er mit
seinem Chef zu tun hatte, hätte er ihm am liebsten die
Untersuchungsberichte in den Mund gestopft, damit er sich das
arrogante Gerede nicht mehr anzuhören brauchte. Aber die
Bezahlung in dieser Klinik war hoch, und die Arbeit war leicht.
Grund genug, die Haßgefühle zu verdrängen, die er gegen Dr.
Torres verspürte. »Sie hatten schriftlich angeordnet, daß dieses
Experiment ohne Narkose durchgeführt werden sollte.«
»Hatte ich das?« entgegnete Dr. Torres. »Hier habe ich den
Beweis, daß Sie sich irren.« Er zog eine Schreibtischschublade
auf und entnahm ihr ein Schriftstück, das er Dr. Bloch
aushändigte. Es handelte sich um die Durchschrift seiner
Anweisung. Auf der untersten Zeile stand geschrieben:
›Anästhesie: SPTL‹.
Dr. Bloch dachte nach. Wie lange hatte er Alex Lonsdale
alleingelassen?
Offenbar lange genug.
»Auf dem Original der Anweisung stand, daß keine Narkose
gegeben werden soll«, stotterte er. »Ich habe das gleich für
ungewöhnlich gehalten.«
»Sie haben es für ungewöhnlich gehalten?« spottete Dr.
Torres. Der Sarkasmus in seiner Stimme, so schien es seinem
Untergebenen, war kaum noch zu steigern. »Sie haben es für
ungewöhnlich gehalten, ein Gehirn mit Halluzinationen zu
füttern, ohne dem Patienten das Narkosemittel Pentothal zu
spritzen?«
Dr. Bloch war eingeschüchtert. »Ich hätte Sie rufen müssen,
um das abzuklären.«
Jetzt war Dr. Torres so weit, daß er vor Wut zitterte.
»Würden Sie mir bitte jetzt erklären, was es bei einer Anweisung, die Ihnen schriftlich erteilt wurde, noch abzustimmen
gibt?«
Drei Minuten und zweiundzwanzig Sekunden später kehrte
Dr. Bloch in das Büro seines Chefs zurück, und Dr. Torres
bekam die Erklärung, die er verlangte. Einige Sekunden lang
betrachtete er das Kärtchen, auf dem Alex mit Hilfe des
Schreibcomputers die Narkosevorschrift geändert hatte.
»Und Sie haben es nicht für nötig gehalten, mit dieser
Anweisung noch einmal zu mir zu kommen?«
»Ich war sicher, daß es so seine Richtigkeit hatte«, erwiderte
Dr. Bloch. »Der Junge hatte mir vor einiger Zeit einmal gesagt,
daß er den Test ohne Narkose machen wollte. Ich dachte, es
wäre ihm gelungen, Sie dazu zu überreden.«
»Mich überreden?« fauchte Raymond Torres. »Der Junge hat
mit mir über das Problem der Narkose nie gesprochen! Ganz
davon abgesehen, daß es bei einem solchen Versuch nicht auf
die etwaigen Wünsche oder Abneigungen eines Patienten
ankommt.« Er maß seinen Untergebenen mit einem
verächtlichen Blick. »Wissen Sie überhaupt, was bei einem
solchen Test im Gehirn eines Patienten vorgeht?«
»Jawohl, Sir«, brachte Dr. Bloch hervor.
»Jawohl, Sir«, echote Dr. Torres. Der Ton war eisig. »Um es
auch für einfache Gemüter verständlich zu machen: Wir fügen
dem Patienten Schmerz zu, physischen Schmerz, seelischen
Schmerz, das Schlimmste, was man sich überhaupt vorstellen
kann. Ertragen kann das der Patient nur, weil er bewußtlos ist.
Wird das Gehirn ohne vorherige Narkose auf diese Weise
stimuliert, so besteht die Gefahr, daß der Patient geisteskrank

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