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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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den Mund fest zusammengekniffen hatte. Die Miene des Hauptmanns war beunruhigend, Johnnys eher vorsichtig, als versuchte er, einen Weg aus einem Dilemma herauszufinden.
    »Ich nehme an, du weißt, warum wir dich hergerufen haben«, sagte Liadan, während sie ein kleines Tuch auswrang und es benutzte, um Colls heiße Stirn zu betupfen.
    »Vielleicht solltet ihr es mir lieber sagen.« Es gelang mir, meine Stimme zu beherrschen, obwohl mein Herz laut und heftig klopfte.
    Es war der Hauptmann, der nun sprach, sehr leise und mit einer Stimme, die dazu gedacht war, auch den kampferprobtesten Männern Angst einzujagen. »Meine Frau sagt, dass ein solches Fieber, das so schnell so hoch steigt, wahrscheinlich nicht ohne eine … Einmischung entstanden sein kann.« In seinem Tonfall lag eine Frage, aber ich antwortete nicht. »Wenn mein Sohn stirbt, werden die Verantwortlichen ihrer Strafe nicht entgehen.«
    »Es ging Coll gestern noch gut«, sagte Liadan, und nun bebte ihre Stimme. »Er rannte umher, war jedermann im Weg, und es ging ihm gut. Es gibt keinen Grund dafür, dass er nun so krank sein soll. Dieses Fieber reagiert nicht auf die Kräutertränke, wie zu erwarten wäre. Er glüht, als befände er sich in den Krallen eines Feuerdrachen. Wenn das Fieber nicht bald bricht, dann weiß ich nicht, ob er überleben kann. Fainne, hast du das angerichtet?«
    Ich zuckte zusammen. Ich hatte erwartet, dass man mir die Schuld geben würde, aber ich hatte nicht angenommen, dass sie mich so direkt darauf ansprächen.
    »Nein, Tante Liadan.« Bildete ich mir das nur ein, oder klang meine Stimme unsicher? Ich hatte es wirklich nicht getan; ich hatte das Kind nicht verzaubert, und ich hätte auch nie an so etwas gedacht, selbst, wenn Großmutter es mir befohlen hätte, selbst wenn sie mir die schrecklichsten Strafen angedroht hätte. Coll war noch so klein. Ich hätte Coll nie wehgetan! Und dennoch trug ich die Schuld an seinem Zustand. Wenn ich nicht wäre, hätte Großmutter den Jungen nicht bemerkt. Sie hätte sich nie in den Kopf gesetzt, ihm wehzutun. Das hier war ebenso sehr meine Tat, als hätte ich den Zauber tatsächlich selbst bewirkt.
    »Ich habe keine Magie angewendet, seit ich nach Inis Eala gekommen bin«, erklärte ich. »Das ist die Wahrheit. Ich würde Coll nichts antun. Er ist mein Freund.«
    »Wäre das nicht ein noch größerer Beweis deiner Macht?«, fragte Johnny vorsichtig. »Eine Demonstration deiner Willenskraft? Einem Freund wehzutun und nicht einem Feind?«
    Ich starrte ihn an. »Mit meiner Willenskraft ist alles in Ordnung«, flüsterte ich, entsetzt, dass er der Wahrheit so nah gekommen war. »Ich brauche sie nicht zu beweisen, indem ich Kindern wehtue.« Und dann spürte ich, wie kaltes Entsetzen mich überfiel, denn nun musste ich an Maeve und das Feuer denken. Kindern wehzutun war etwas, das eine Zauberin ohne zu zögern tun konnte, und ich war eine Zauberin. Ich schlug die Hände vors Gesicht, so dass sie mich nicht mehr ansehen konnten.
    »Sieh uns an, Fainne.«
    Man musste dem Hauptmann einfach gehorchen. Ich blickte auf. Es war, als stünde man einem Brithem gegenüber, der bereits beschlossen hat, dass man schuldig ist, ohne einen Beweis dafür zu haben. Und es tat weh. Ich wollte nicht von diesen guten Menschen, meinen eigenen Verwandten, auf solche Weise verurteilt werden.
    »Ich habe es nicht getan«, wiederholte ich leise und stand auf. »Das ist die Wahrheit. Vielleicht – vielleicht ist es ein Frühlingsfieber. Vielleicht wird es Coll bald wieder besser gehen. Ich würde helfen, ihn zu pflegen, wenn ihr das wollt. Ich würde –«
    »Ich will nicht, dass du in seine Nähe kommst.« Liadans Stimme war barsch vor Emotionen. »Ich habe gesehen, was in Sevenwaters passiert ist; ich wollte nicht glauben, dass du verantwortlich warst, aber ich weiß, dass du Feuer entzünden kannst, wenn du das willst. Ich weiß, dass Ciarán seiner Mutter gestattet hat, dich – dich zu beeinflussen. Kein Wunder, dass Eamonn wie Wachs in deinen Händen war. Kein Wunder, dass dein junger Mann so verzweifelt darauf bedacht ist, dich von hier wegzubringen. Er weiß, wie viel Böses du anrichten kannst.«
    Ihre Worte bewirkten, dass mir kalt wurde. Vor nicht allzu langer Zeit hatte sie so liebevoll mit mir gesprochen, wie eine Mutter es tun würde. Aber Großmutter hatte dafür gesorgt, dass sie zu meiner erbitterten Feindin geworden war.
    »Ich habe es nicht getan«, sagte ich noch einmal. Ich spürte, wie mein

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