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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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nicht.«
    »Das war sehr klug von ihm. Wenn man erst einmal weiß, wie es geht, ist es viel zu einfach, sich jedes Mal, wenn es schwierig wird, nach Hause davonzumachen. Nun, diesen Zauber kennst du also noch nicht. Aber es gibt andere.«
    »Willst du wissen, ob ich dich in einen Frosch verwandeln könnte, da du das feuchte Wetter so genießt?«
    »Nun ja. Du könntest es versuchen. Aber ich bin ein wenig älter als du, und ich benutze zwar nicht oft solche Zaubertricks, aber das bedeutet nicht, dass ich nichts darüber weiß. Es könnte sein, dass diese Verwandlung dir nicht so leicht fallen würde, wie du denkst. Du müsstest ausgesprochen schnell sein.«
    Ich starrte auf das Steinsims herab, auf dem wir saßen. Das Geräusch des Regens umgab uns auf allen Seiten, das Wasser rauschte an der runden Öffnung über uns vorbei, toste vor dem schmalen Eingang, durch den wir hineingegangen waren. Unter uns, auf dem Höhlenboden, floss Wasser über die Steine und sammelte sich in der Mitte. Die Wände trieften.
    »Ich wollte, dass er blieb«, sagte Conor leise. Trotz des Lärms des Wassers hörte ich ihn laut und deutlich. »Ich habe ihn gebeten zu bleiben, aber er wollte nicht. Er war sehr jung und sehr gekränkt, und er hätte uns nicht verlassen sollen. Es hat nie wieder einen mit solchen Fähigkeiten gegeben, mit einer solchen Breite der Begabung, einer solchen Tiefe des Intellekts. Es ist mir schwer gefallen, mir das zu verzeihen. Es gehört zur Überlieferung, es gehört zu unserer Funktion als Hüter, dass jede Generation den Weisen einen Sohn oder eine Tochter gibt.«
    »Es gab doch sicher auch andere?«, sagte ich und fragte mich, wie er, selbst wenn er nackte Lügen aussprach, so überzeugend klingen konnte. Er musste doch von den Einschränkungen wissen, die denen von unserer Art auferlegt waren. Er musste verstehen, was Ciarán war und wie ihn das behinderte. Aber er sprach wie ein Vater, der einen geliebten Sohn verloren hat. »Nimm zum Beispiel meine Cousinen, Seans Töchter, und die Söhne meiner Tante Liadan. Irgendeiner von denen wird doch begabt genug sein?«
    »Die Begabten sind nicht leicht zu finden. Es ist keine Berufung, zu der man sich selbst entschließt. Sie wählt dich. Ich dachte einmal, Liadan würde diesen Weg einschlagen, Liadan oder ihr Sohn, aber sie hat das Muster gebrochen. Und was Johnny angeht, er hätte alles sein können, was er wollte, aber sie hat ihn von hier weggebracht. Johnny ist nun ein Krieger und ein Anführer von Kriegern, so jung er auch sein mag. Liadan hat ihren eigenen Weg gewählt. Sowohl die seltsamen Bewohner von Inis Eala und die Menschen auf dem Landsitz ihres Mannes in Britannien betrachten sie als Herz ihrer Gemeinschaft. Und sie ist eine begabte Heilerin. Muirrin hat diese Rolle nun in Sevenwaters inne. Aber es gibt keinen Druiden.«
    Ich saß schweigend da und beobachtete, wie die Pfütze auf dem Boden größer und größer wurde, eine dunkle Schüssel voll Wasser, das in die Ecken der Höhle zu schwappen begann. Ich wollte nicht zeigen, wie verängstigt ich war.
    »Wusstest du«, sagte Conor beiläufig, »dass ich selbst beinahe zwanzig war, bevor ich in die Nemetons ging? Ich hatte selbstverständlich studiert und mich mit der Überlieferung und der Disziplin beschäftigt. Aber ich bin erst sehr spät angetreten. Als Ciarán in diesem Alter war, stand er bereits kurz davor, seine Studien abzuschließen. Ich wäre zufrieden, wenn ich glauben könnte, dass diese Zeit nicht verschwendet wurde. Das Wasser steigt anscheinend.«
    Ich nickte.
    »Wer war das erste Volk in Erin?«, fragte er leise.
    »Die Alten.« Diese Art von Fragen waren leicht. Vater hatte diese Geschichten über die Jahre an mich weitergegeben, und er und ich beherrschten Fragen und Antworten perfekt. »Die Fomhóire. Ein Volk aus der Tiefe des Ozeans, den Brunnen und den Seen. Ein Volk aus dem Meer und den dunklen Tiefen der Erde.«
    »Und nach ihnen?«
    »Die Fir Bolg.«
    »Könntest du weitermachen?«
    »So lange du willst. Ich nehme an, das wäre auch eine Art zu sterben. Die Überlieferung zitieren, während man langsam ertrinkt.«
    Er schaute auf den Höhlenboden. Das Wasser lief nicht nur die Wände herab, es rauschte auch durch den niedrigen Eingang herein wie ein neuer Bach. Dort würden wir nicht mehr hinauskommen. Die Wasseroberfläche kam unserem Sims immer näher. Das Tosen draußen ging unvermindert weiter.
    »Es scheint wirklich schlimmer zu werden.«
    Ich biss die Zähne zusammen

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