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Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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versammelt hatten, in Rufe der Bewunderung und des Staunens aus. Die Geräusche schienen von weit her zu kommen. Daves Gedanken waren bei Guinevere, und er fragte sich, wozu sie inzwischen wohl geworden war.
    Ra-Tenniels Stimme glitt in das Schweigen des Raumes. Seine Augen waren violett, als er nun sprach: »Es stimmt schon so. Jedenfalls soweit in einer solchen Zeit irgend etwas stimmen kann. Seit jener Nacht, als Galadan sie von Brendel trennte, war sein Gewebe mit dem ihrigen verbunden. Im Anor brauchen wir ihn vielleicht nötiger als irgendwo sonst.«
    Dave sah, wie der diamanthellen Lios Alfar-Frau ein Seufzer der Erleichterung entfuhr, aber er verstand es nur zur Hälfte.
    »Niavin von Seresh und Teyrnon der Magier führen das Heer hierher«, ergriff wieder Aileron das Wort, der nun mit Entschiedenheit zu den greifbaren Fakten zurückkam. »Ich habe fast alle meine Streitkräfte hierher gebracht, einschließlich des Heeresteils von Cathal. Und gerade jetzt mobilisiert Shalhassan in seinem Land noch mehr Männer. Ich habe aber mein Wort gegeben, dass sie als Nachhut in Brennin verbleiben sollten. Ich bin hier allein hergekommen, bin mit Galen und Lydan durch die Nacht geritten, da ich meinem Heer ein wenig Ruhe gönnen musste: Sie sind mehr als vierundzwanzig Stunden geritten.«
    »Und du, hoher König,« fragte Ivor. »Hast du ausgeruht?«
    Aileron zuckte mit den Achseln. »Vielleicht finde ich nach diesem Treffen Zeit dazu«, bemerkte er fast gleichgültig. »Es spielt keine Rolle.« Dave warf einen Blick auf ihn, er sah es anders, war aber dennoch beeindruckt.
    »Hinter wem bist du geritten?« fragte Ra-Tenniel plötzlich, und seine Stimme klang unerwartet listig.
    »Glaubst du«, antwortete Galen, bevor Aileron noch antworten konnte, »dass ich einen so schönen Mann mit irgend jemand anderem könnte reiten lassen?« Sie lächelte.
    Aileron errötete unter seinem Bart, als die Dalrei in ein plötzliches, entspannendes Gelächter ausbrachen. Auch Dave lachte, er traf Ra-Tenniels Augen, die nun silbern waren, und empfing ein Zwinkern von dem Lios Alfar. Kevin Laine hätte es sicher zu schätzen gewusst, was Ra-Tenniel gerade getan hatte, dachte er. Ein Kummer lag dort verborgen.
    Aber es war jetzt nicht die Zeit, auch nur zu versuchen, mit solch komplexen Gedanken umzugehen. Und so gehörte es sich wahrscheinlich auch, dachte Dave. Gefühle, die so tief gingen, waren für ihn gefährlich. Sein ganzes Leben lang war es so gewesen, und er hatte jetzt keinen Raum für die Lähmung, die sie verursachten, oder den Schmerz, der dann folgen würde. Inzwischen hatte Ivor zu sprechen begonnen. Dave zwang sich, seine Gedanken wieder nach außen zu richten.
    »Ich war dabei, einen Kriegsrat einzuberufen, Großkönig. Bist du einverstanden, jetzt den Vorsitz zu übernehmen?«
    »Nicht in Celidon«, entgegnete Aileron mit unerwarteter Höflichkeit. Er hatte sich von seiner zeitweiligen Verlegenheit erholt und war wieder direkt und beherrscht, aber dennoch nicht ohne Taktgefühl.
    Aus dem Augenwinkel sah Dave, wie Mabon von Rhoden zustimmend nickte und wie ein dankbarer Blick die Züge des alten Dhira erhellte, der neben dem Herzog saß. Dhira hatte letztendlich doch recht, dachte Dave. Er fragte sich, ob er wohl später noch eine Gelegenheit finden würde, sich zu entschuldigen, und ob es ihm gelingen würde.
    »Ich habe meine eigenen Gedanken«, sagte der Großkönig. »Ich möchte aber zuerst den Ratschluss der Dalrei und der Freunde aus Daniloth hören, bevor ich spreche.«
    »Sehr gut«, kam Ivor mit einer Entschlossenheit, die der Ailerons nicht nachstand, dieser Aufforderung nach. »Mein Rat ist folgender: Das Heer von Brennin und Cathal steht auf der Ebene. Wir haben Daniloth hier bei uns und alle tauglichen Dalrei, die alt genug sind, um zu kämpfen …« Mit einer Ausnahme, dachte Dave unwillkürlich, aber er schwieg.
    »Es fehlt uns jedoch der Krieger wie auch Silbermantel, und außerdem haben wir keine Nachricht aus Eridu«, fuhr Ivor fort. »Wir wissen, dass die Zwerge uns nicht zu Hilfe kommen werden, wir wissen nicht, was zur See geschehen ist oder geschehen wird. Ich glaube nicht, dass wir warten können, bis wir es wissen. Mein Rat ist es, hier nur solange zu bleiben, bis Niavin und Teyrnon eintreffen, und dann nach Norden durch Gwynir nach Andarien zu reiten, um Maugrim dort wieder zum Kampf zu zwingen.«
    Ein kurzes Schweigen folgte, dann murmelte Galens Bruder Lydan: »Armes Andarien. Immer und immer

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