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Das Kind

Titel: Das Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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eben war sie davon ausgegangen, dass die Restaurantleitung hier die Öffnungszeiten oder eine Warnung vor dem Betreten auf eigene Gefahr angeschlagen hatte. Doch für einen permanenten Hinweis wirkte es auf den zweiten Blick viel zu unprofessionell. Wie auf dem Computer selbstgemacht und nur notdürftig mit vier Drähten an den Metallstäben befestigt.
Außerdem irritierte sie jetzt der große strahlende Smiley hinter dem letzten Wort. Das Einzige, was sie bei den schlechten Lichtverhältnissen im fahlen Mondschein überhaupt entziffern konnte.
Carina zog aus ihrer Hüfttasche ein Feuerzeug hervor. Als die gelbe Flamme den gesamten Text beleuchtete, verbrannte gleichzeitig die letzte Hoffnung in ihr. An alle Nachzügler!
Der Morgenlauf startet heute ausnahmsweise vom Strandbad Wannsee.
Kommt bitte pünktlich um sechs Uhr fünfundvierzig. Robert hat eine kleine Überraschung organisiert. ☺
9.
N ichts ergab mehr einen Sinn, und trotzdem glaubte er die
Dinge auf einmal ganz klar erkennen zu können. Hier und jetzt, in der langsam anbrechenden Morgendämmerung. Die DVD, Englers Scheinhinrichtung durch den Motorradfahrer, Roberts eigener Mercedes, vor dem er gerade zusammenzubrechen drohte – all das konnte nur eines bedeuten: Englers sadistischer Plan sah mit Sicherheit nicht vor, ihm die Wahrheit über Felix zu verraten. Im Gegenteil. Der Ermittler würde sein größtes Vergnügen daraus ziehen, ihn am Ende unwissend in den Tod zu schicken. Stern nickte fassungslos mit dem Kopf, wie jemand, der endlich einen schweren Fehler einsieht. Nach und nach fügte sich alles zu einem Bild zusammen, auf dem er am Ende als Leichnam erkennbar sein würde.
»Schauen Sie nicht so entsetzt«, lachte Engler noch immer und stapfte mit kräftigen Schritten um das Auto herum. Er trug einen enganliegenden Trainingsanzug und Boxerstiefel und sah absurderweise darin aus wie ein eleganter Dressman.
»Das haben Sie sich alles selbst zuzuschreiben.« Der Kommissar nahm eine Segeltuchtasche von der Rückbank und warf sie vor Stern auf den Boden. »Erst Harald Zucker. Dann Samuel Probtjeszki. Sie konnten die Toten einfach nicht ruhen lassen.«
Stern spürte den Wind an seinen Hosenbeinen ziehen und wünschte sich, die Böe würde zu einem Orkan anwachsen, der ihn fortriss. Weg von diesem Alptraum. »Ich hatte die Leichen meiner früheren Mitarbeiter schon vor Jahren entdeckt, und wenn es nach mir gegangen wäre,
würden die heute immer noch in ihren Verstecken verrotten.«
»Warum?«, grunzte Robert fassungslos. Es hörte sich an, als wollte er den Laut eines angeschossenen Tieres imitieren. Doch Engler konnte ihn trotz des Knebels verstehen und sah ihn an, als hätte er gerade etwas ganz Dummes gefragt. »Weil ich nicht gegen mich selbst ermitteln wollte.« O mein Gott!
In Sterns Gehirn schien sich eine Schleuse zu öffnen, so dass sich ein ganzer Stapel von Erkenntnissen gleichzeitig Bahn brach: Die Ermordeten waren allesamt Englers Mitarbeiter gewesen. Solange sie nur als vermisst galten, brauchte niemand nach ihnen zu suchen. Jeder war froh, dass der Abschaum verschwunden war. Bis Simon auftauchte und die Leichen fand. Jetzt suchte alle Welt nach dem Mörder. Und nach seinem Motiv. Engler hatte den »Rächer« fi nden müssen, bevor es jemand anderes tat. Und bevor jemand dahinterkam, dass auch Englers eigener Name auf dessen Abschussliste stand.
Stern fröstelte am gesamten Körper, als ihm langsam dämmerte, welche Rolle ihm für den letzten Akt dieses Schauspiels zugedacht war.
Der Kriminalpolizist sah auf die Uhr und nickte zufrieden. Was immer er vorhatte, er schien gut im Plan zu liegen. »Uns bleiben noch fünfzehn Minuten. Die Zeit will ich nutzen, um mich bei Ihnen für die Warnung zu bedanken. Ich kann mir zwar immer noch nicht erklären, woher Simon von der Verabredung heute früh auf der ›Brücke‹ wusste, aber es ist mir eigentlich auch egal. Seit Sie mir den Hinweis gegeben haben, war mir klar, dass der Käufer nur zum Schein bei mir ein Baby bestellt hat. Sehr gekonnt, übrigens. Also wird es sich wohl um den ›Rächer‹ handeln, den wir in wenigen Se kunden hier erwarten.«
Und dem du mich an deiner Stelle opfern willst. Ich soll dein
Sündenbock sein.
Stern riss an seinen Fesseln und wollte schreien, als er begriff, dass er in den vergangenen Stunden nichts anderes getan hatte, als sich ein Messer in den Bauch zu rammen. Er war freiwillig zur Schlachtbank gegangen. Er sollte hier und jetzt bei der Abwicklung eines

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