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Das Kind

Titel: Das Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Persönliches sein.«
Es würde allerdings auch bedeuten, dass der größte Psycho-
path von allen die einzige Person ist, die über Felix Bescheid
weiß. Ihn womöglich sogar in seiner Gewalt hat . Stern be hielt diese Überlegungen erst einmal für sich, obwohl er wusste, dass sie ohnehin schon durch Carinas sensiblen
Kopf schwirrten.
»Ich muss weitermachen«, sagte er leise, mehr zu sich selbst als zu den anderen. »Ich kann jetzt nicht aufhören.« Er wusste, seine Entscheidung basierte auf zwei wahnsinnigen Hypothesen. Zum einen ging er davon aus, dass Simons Vision von einem Mord in der Zukunft sich ebenso bewahrheiten würde wie seine Erinnerungen an die Vergangenheit. Zum anderen glaubte er der »Stimme«, dass sein Sohn noch lebte. Beides war unmöglich, obwohl es bereits objektive Beweise dafür gab: Die »Stimme« wusste von der Brücke, kannte den exakten Termin! »Glaubst du, Simon hat schon wieder recht?«, fragte Borchert, als könne er Roberts Gedanken lesen. Bis heute hatte Robert diese Eigenschaft nur Carina zugeschrieben. »Ich weiß nicht.«
Möglicherweise gab es wirklich jemanden, der übermorgen um sechs Uhr früh auf dieser Brücke erschien. Um zu töten.
Aber wer?
Trotz allem war Stern nicht bereit, zu glauben, dass Simon selbst die Wiedergeburt eines Serienmörders war, der für seine letzte Hinrichtung noch einmal auf die Erde zurückkehrte. Es musste einen anderen, realen Rächer geben. Und Stern musste ihn fi nden, wenn er hinter das Geheimnis von Felix kommen wollte.
Die Brücke ist der Schlüssel. Ich muss sie fi nden.
Er wollte seine Gedanken gerade mit Robert und Carina teilen, als Simons Fuß neben ihm auf einmal unkontrolliert zu zittern begann.
10.
H alt!«, brüllte Stern nach vorne zu Andi. »Halt an.«
Sie passierten gerade auf der Stadtautobahn das offene Gelände des Flughafens Tempelhof.
»Wieso, was ist denn … o Scheiße.« Borchert hatte sich nur kurz nach hinten umgedreht, und jetzt erkannte er, warum er plötzlich durch den Sitz hindurch in den Rücken getreten wurde. Simon bekam einen Anfall. Obwohl Stern sein Bein mit aller Gewalt nach unten presste, schlug es immer wieder gegen die Vorderlehne. Gleichzeitig verdrehte der Junge wie tollwütig die Augen.
»Ich fahr rechts ran«, kündigte Borchert an und setzte den Blinker.
»Nein, tust du nicht.«
Carina schnallte sich vom Beifahrerplatz ab und kletterte während der Fahrt auf der Überholspur zu ihnen nach hinten auf die Rückbank. Stern bekam es zunächst gar nicht mit, weil er zu sehr auf Simon konzentriert war. Dessen Krämpfe wurden mit jedem Herzschlag intensiver. Eine Schaumblase wölbte sich vor seinem Mund, und sein Kopf schlug so stark hin und her, dass seine Perücke verrutschte. »Mach mal Platz«, forderte Carina, wartete aber erst gar keine Reaktion ab, sondern quetschte sich gewaltsam zwischen Robert und Simon. Stern wich notgedrungen nach rechts aus, doch Carina hing ihm immer noch halb auf dem Schoß.
»Meine Handtasche«, stieß sie hervor. »Ich brauche meine gottverdammte … danke.«
Borchert reichte sie ihr nach hinten. Sie öffnete den Reißverschluss, nahm ein weißes Etui heraus, etwa in der Größe
eines Kulturbeutels, und wühlte darin herum. »Wieso halten wir denn nicht?«, wollte Stern entgeistert wissen.
»Mit einem geklauten Auto auf dem Standstreifen? Wie stellst du dir das vor?«
Carina hatte in ihrem Medikamententäschchen eine Einwegspritze gefunden. Sie riss die Verpackung der Kanüle mit dem Mund auf und spuckte die Schutzfolie in den Fußraum. Dann zog sie ein kleines Glasfl äschchen hervor, schüttelte es und drehte es auf den Kopf. Schließlich drückte sie die Nadel durch die Falzlasche.
»Wir fahren weiter. Alles andere ist zu auffällig.« Borchert nickte. Er hatte sich den Kombi aus der Tiefgarage der »Titanic« nur »ausgeborgt«, und es war nicht auszuschließen, dass sein Besitzer schon die Polizei verständigt hatte. »Auffällig?«, rief Stern überdreht. »Und deshalb willst du Simon sterben lassen? Damit wir nicht verhaftet werden?« »Robert?« Carina zog die gefüllte Spritze aus dem Fläschchen und hielt sie ihm direkt vor die Nase. »Ja?«
»Halt einfach mal kurz die Klappe.«
Sie drückte Simon mit der fl achen Hand nach hinten gegen die Kopfstütze und spritzte ihm mit einer geübten Handbewegung den Inhalt der Kanüle in seinen rechten Mundwinkel. Als hätte Carina einen unsichtbaren Stecker gezogen, beruhigte sich der Junge schon wenige Sekunden

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