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Das Kind

Titel: Das Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Gegensatz zu ihm. Der scheint nicht zu sehen, dass hier kein Trottel vor ihm steht.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich meine, dass es Fernsehen gibt. Ihr haltet mich vielleicht für senil, aber ich erkenne meinen Jungen, wenn er wie ein entfl ohener Sträfl ing in den Abendnachrichten präsentiert wird. Außerdem hat mich ein gewisser Kommissar Brandmann mehrfach belästigt. Ist nur ’ne Frage der Zeit, bis er auch hier auftaucht. Robert hat also ausnahmsweise mal recht, wenn er sagt, dass ihr hier nicht bleiben könnt.« »Dann verstehe ich nicht, wieso Sie so hässlich mit ihm umspringen – wenn Sie doch wissen, was er gerade durchmacht.«
»Aber das ist es doch gerade, Kindchen.« Der Vater klatschte in seine rauhen Hände.
»Natürlich weiß ich, dass er in Schwierigkeiten steckt. Zehn Jahre lang schon, und heute sind wohl noch ein paar Probleme mehr dazugekommen. Aber was soll ich tun? Robert redet ja nicht mit mir. Kommt ständig vorbei und quatscht über das Wetter, die Bundesliga oder meine Arztbesuche. Mein eigener Sohn behandelt mich wie einen Fremden. Lässt mich nicht an sich ran. Sogar jetzt, wo er dringend meine Hilfe braucht …«
Stern sah einen feuchten Glanz in den milchigen Augen seines Alten Herrn, als er sich zu ihm umdrehte. »Ich beleidige dich sogar, Junge. Jedes Mal, wenn wir uns sprechen oder sehen. Aber du bist stumpf. Ich krieg dich nicht zu fassen. Dabei würde ich das doch so gerne …« Er räusperte sich, um den Belag auf seiner Stimme loszuwerden, und sprach jetzt wieder mit Carina, die verloren in der Mitte des niedrigen Zimmers stand.
»Aber vielleicht kriegen Sie das ja hin, Mädel. Hab gleich gewusst, dass Sie Schneid haben. Schon vor drei Jahren, als Sie mal mit ihm hier waren, haben Sie mir schon widersprochen, als ich dummes Zeug gequatscht habe. Und jetzt tun Sie’s wieder. Find ich gut.«
Georg öffnete den Mund, als hätte er noch etwas Wichtiges zu sagen, klatschte dann aber nochmals in seine Hände und kehrte den beiden seinen krummen Rücken zu. »Genug damit«, murmelte er in sich hinein. »Jetzt ist nicht die Zeit für Sentimentalitäten.«
Er verließ schleppend das Zimmer, um nur wenige Sekunden später mit einem kleinen braunen Kulturbeutel zurückzukommen.
»Hier.«
»Was ist das?«, fragte Carina und streckte die Hand aus. »Marias Hausapotheke. Ihr Medikamentenvorrat. Meine Frau hat die Opiate zum Schluss wie Smarties geschluckt. Das Verfallsdatum ist sicher abgelaufen, aber vielleicht wirkt das Tramadolor ja trotzdem noch. Robert sieht aus, als ob er einen guten Schluck aus der Betäubungspulle vertragen könnte.« Er lächelte schief.
»Und das hier ist für euch beide.«
Stern fi ng den Schlüssel auf, den sein Vater ihm zuwarf. »Wozu gehört der?«
»Zu einem Wohnmobil.«
»Seit wann fährst du …?«
»Ich doch nicht. Das Ding gehört meinem Nachbarn. Eddie
ist verreist, und ich soll das Ungetüm umparken, wenn der Heizöllieferant auf sein Grundstück muss. Nehmt es, haut ab und sucht euch für die Nacht ein sicheres Plätzchen.« Georg kniete sich auf den Boden und zog eine Reisetasche unter der Sitzbank zwischen Roberts Beinen hervor. »Und hier sind frische Sachen, Pullis und so was, zum Umziehen.«
Stern stand auf und wusste nicht, was er sagen sollte. Am liebsten hätte er seinen Vater in die Arme geschlossen. Doch das hatte er noch nie getan. Seit er denken konnte, gaben sie sich zur Begrüßung wie zum Abschied immer nur die Hand. »Ich bin unschuldig«, sagte er deshalb nur. Sein Vater, der gerade wieder auf dem Weg zurück in den Flur war, drehte sich erschrocken um.
»Sag mal, wofür hältst du mich eigentlich?«, fragte er wütend. Seine Stimme klang wieder fast so zornig wie zuvor. »Glaubst du wirklich, ich hätte auch nur eine Sekunde daran gezweifelt?«
Später, lange nachdem die Geräusche des Dieselmotors verklungen und die roten Bremslichter hinter der Zufahrt zur Kleingartenkolonie verschwunden waren, stand Georg Stern immer noch in der Tür seiner kleinen Laube und starrte in die regnerische Dunkelheit hinaus. Er ging erst wieder in sein Häuschen zurück, als der Wind drehte und ihm den feinen Sprühnebel direkt in die Augen wehte. Im Wohnzimmer sammelte er die benutzten Tassen zusammen, wischte einmal feucht über den Tisch und goss in der Küche den kalt gewordenen Tee in den Ausguss. Dann zog er sein Handy aus der Ladestation und wählte die Nummer, die ihm der Mann für den Notfall gegeben hatte.
30.
D er Lkw-Rastplatz hinter

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