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Das Kind

Titel: Das Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Sekunden eine weitere Person auf der Bildfl äche erscheinen. Der Käufer! Vielleicht handelte es sich bei ihm um einen Pädophilen. Möglicherweise aber war es tatsächlich der »Rächer«. Der Mann, der für die Morde an den Verbrechern in den letzten fünfzehn Jahren verantwortlich war. So oder so musste sich die Polizei beeilen, wenn sie eine Katastrophe verhindern wollte. Stern sah zum letzten Mal auf die Uhr. Kurz vor sechs. Wenn Carina sich an den Plan hielt, würde sich in spätestens zehn Minuten die menschenleere Chaussee hier in eine Rennstrecke für Streifenwagen, Polizeitransporter und Einsatzfahrzeuge aller Art verwandeln. Doch für den Fall, dass irgendetwas schiefgehen sollte – etwa, weil es tatsächlich einen Mit wisser bei der Polizei gab, der eine Verhaftung vereitelte –, wollte Stern sichergehen, zuvor die Identität der »Stimme« enttarnt zu haben. Die Identität des Mannes, der ihm sagen konnte, was damals auf der Säuglingsstation geschehen war. Und ob sein Sohn noch lebte.
Stern trat hinter dem Anhänger hervor. Es war so weit. Es ging los.
2.
M it geducktem Oberkörper schlich er die kopfsteingepfl a sterte Zufahrt zur »Brücke« hinunter. Schon der kurze Weg bis zum Wagen brachte ihn außer Atem. Er lehnte sich gebückt an den Ersatzreifen, der außen an der Heckscheibe des Geländewagens hing. Als er sich wieder etwas beruhigt hatte, ließ er einmal kurz den Strahl seiner Taschenlampe aufblitzen. Gerade lang genug, um das Nummernschild zu erkennen. Hinweis Nr. 1.
Die kurzen Ziffern des Berliner Kennzeichens waren leicht zu merken. Natürlich ging er davon aus, dass eine Überprüfung der Zulassung im Sande verlaufen würde. Also machte er sich wieder auf, spähte um das Heck des Wagens herum und sah einen Lichtfi nger über das Oberdeck der »Brücke« huschen. Offenbar tastete sich der Händler ebenfalls mit einer Taschenlampe voran.
Also gut. Hinterher!
Stern wollte jetzt zur Gangway aufschließen. Er musste der »Stimme« so nah wie möglich kommen, wenn er einen Blick
auf ihr Gesicht erhaschen wollte. Sein Puls beschleunigte sich. Er wusste, jetzt kam es darauf an, dass er schnell handelte. Solange der vermeintliche Käufer des Babys noch nicht erschienen war, würde die »Stimme« nicht misstrauisch werden, wenn sie eine Bewegung auf dem Parkplatz wahrnahm.
Stern betete, dass er die Schmerzen des kurzen Spurts zum Schiff aushalten würde. Er wollte gerade losrennen, als sein Blick auf die Beifahrertür des Wagens fi el. Er stutzte . Ist sie etwa …? Tatsächlich. Offen. Sie war nicht richtig ins Schloss gefallen. Er zog sie auf und zuckte zusammen.
Verdammt!
Die Innenraumbeleuchtung war angegangen, und Stern fühlte sich, als ob er eine Leuchtrakete in den Himmel geschossen hätte. Er stieg schnell ein, zog die Tür wieder zu und beobachtete aus der Dunkelheit des Wagens heraus, ob der Unbekannte auf der »Brücke« etwas bemerkt hatte. Der Lichtfi nger auf dem Deck war verschwunden. Dafür ging jetzt eine kleine Lampe im Führerhaus an. Stern sah einen Schatten. Noch also war er nicht von dem Mann entdeckt worden, den er für die »Stimme« hielt.
Schnell.
Er saß auf dem Beifahrersitz und sah sich um. FALLE!, blinkte eine Warnlampe vor Sterns geistigem Auge, als er sah, dass die Zündschlüssel steckten. Er griff nach seiner Pistole, überwand alle seine Fluchtrefl exe, drehte sich um, kletterte auf die Rückbank und sah über die Kopfstützen hinweg in den offenen Kofferraum. Als er sich vergewissert hatte, dass er wider Erwarten der einzige Mensch in diesem Fahrzeug war, aktivierte er die Zentralverriegelung. Doch keine Falle?
Stern prüfte im Rückspiegel, ob sich bereits ein anderer Wagen näherte. Doch hinter ihm gab es nicht die geringste Bewegung, wenn man einmal die Bäume außer Acht ließ, deren Äste sich wie Angelruten im Wind bogen. Er öffnete das Handschuhfach, in dem sich nur eine Plastikbox mit Frischhaltetüchern befand. Danach klappte er die Sonnenblende herunter und sah in die Seitentaschen: Nichts. Keine Hinweise auf die Identität des Fahrers.
Sterns Augen gewöhnten sich nur langsam an das fahle Zwielicht, und er erkannte, dass der gesamte Innenraum so sauber und leer war wie der eines Neuwagens. Hier gab es weder CDs noch alte Tankquittungen, Stadtpläne oder sonstigen Ballast, wie ihn jeder Autofahrer normalerweise mit sich spazieren fuhr. Er fand noch nicht einmal eine Parkscheibe. Stern tastete unter den Sitzen, auf der Suche nach

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