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Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Titel: Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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fragte er skeptisch.
    »Wenn du es schaffst, bist du wieder eingestellt.«
    »Und wo krieg ich das her?«
    Wir sahen ihm beide tief in die Augen.
    »Und wenn nicht?«
    »Dann hast du Pech gehabt«, sagte ich. »Versuch’s im Wintersemester noch mal.«
    Kevin stöhnte. »O Mann! Das darf doch nicht wahr sein! Wir hatten NS-Justiz noch nicht. Das machen eh nur die Rechtshistoriker. Wie soll ich das denn so schnell hinkriegen?«
    »Du schaffst das schon.« Ermunternd klopfte ich ihm auf die Schulter.
    Er steckte den Zettel ein und wandte sich zum Gehen.
    »Kevin?«, fragte Marie-Luise. »Du könntest trotzdem schon mal in der Küche anfangen.«
    Um ein Uhr morgens hatten wir das Allergröbste beseitigt. Dann setzte ich mich mit Marie-Luise in ihr Büro und instruierte sie, mit welcher Strategie wir morgen die sofortige Haftentlassung der sechzehnjährigen Gangsterbraut verlangen würden. Marie-Luise nickte und notierte sich etwas auf ihrem Block. »Ich kriege das schon hin.«
    »Wir kriegen das hin«, verbesserte ich sie.

    Sie schüttelte den Kopf. »Du wirst nichts weiter tun, als das Bett zu hüten. Mit deinem Aussehen solltest du dich besser ein paar Tage nicht in der Öffentlichkeit sehen lassen. Und richtig sprechen kannst du auch nicht.«
    Ich tastete nach meiner Augenbraue. Marie-Luise holte einen Handspiegel aus ihrer Aktentasche.
    »Die Schwellungen werden etwas zurückgehen. Aber auf Rot folgt Violett, dann Gelb und schließlich Grün. Und die Sache mit den springenden Treppen würde ich nicht überbeanspruchen.«
    Die geplatzte Oberlippe und die blutunterlaufenen, geschwollenen Augen reichten schon. Aber Millas Blutergüsse waren durch die Nachbehandlung der beiden Unbekannten zu neuem Farbenreichtum aufgeblüht. Um bei den Haushaltsunfällen zu bleiben: Ich sah aus wie mit dem Bohnereisen bearbeitet. Marie-Luise hatte Recht. Man würde mich noch wegen Missachtung des Gerichtes belangen.

34
    »Joachim, bist du das?«
    Meine Mutter öffnete die angelehnte Badezimmertür. Ich beging den Fehler, mich ohne Vorwarnung nach ihr umzudrehen. Sie schrie auf und schlug die Hand vor den Mund.
    »Es geht schon wieder.« Ich hatte immer noch Schmerzen beim Sprechen.
    Sie kam näher. »Wer war das?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Im Flur hörte ich Schritte. »Was ist denn los?«
    Hüthchen erstarrte noch im Türrahmen. »Hatten Sie einen Unfall?«
    »Nein«, brummte ich. »Darf ich mich jetzt vielleicht ungestört rasieren?«

    Sie zogen sich zurück. Das Frühstück musste ich in halb flüssiger Form zu mir nehmen. Hüthchen zerdrückte eine Banane und mischte sie mit Milch. Auf den ersten Löffel platzierte ich eine Schmerztablette und schluckte alles hinunter.
    »Ich wurde überfallen«, erklärte ich. Ihre Fragen beantwortete ich einsilbig. Schließlich gaben sie Ruhe.
    »Aber du gehst doch heute nicht arbeiten?«, fragte Mutter.
    »Doch. Ihr könntet mir übrigens auch einen Gefallen tun: Habt ihr noch Zeitungen mit den Fotos von der Grunewald-Party? «
    Da die einsetzende Ratlosigkeit von keinerlei Tatendrang getrübt wurde, machte ich mich selbst auf die Suche. Ich fand sie im Schuhschrank.
    Die Bildüberschriften schreiend, in der Mitte Milla auf der Bahre. Ich stand neben ihr und hielt ihr die Hand. Im Hintergrund die Absperrung und die schemenhaften Gesichter der Gaffer. Warum hast du mich vergessen?, hatte Milla gefragt. Eine biblische Frage. Eine peinigende Frage. Ich faltete die Zeitung ganz auseinander.
    Es waren Bilder aus einer anderen Welt. Die leichten weißen Zelte im Garten, die eleganten Gäste. Der Regierende Bürgermeister Arm in Arm mit Sigrun, die Botschaftergattin im Gespräch mit einem Kunstmäzen. Verena von Lehnsfeld sehr vertraut bei mir untergehakt. Ihre Hand lag locker auf meinem Ärmel, man konnte den Ring erkennen. Mit einer guten Vergrößerung war ich aus dem Schneider. Ich suchte die Bildunterzeile. Fotos: A. Dressler.
    Ich warf die Zeitung zu den anderen. Doch dann dachte ich, die Sache wäre ein Treffen wert. Vielleicht rückte er bei dieser Gelegenheit damit heraus, was er über Milla und Sigrun wusste. Vielleicht könnte er Marie-Luise und mir sogar nützlich sein. Ich war Sigrun nichts mehr schuldig. Ich konnte endlich wieder nur noch an mich selbst denken.

     
    In Marie-Luises Büro saß Kevin am einzigen funktionierenden Computer. Er sah kaum hoch und scrollte und tippte wie besessen. Ich rief Dressler an. Nach dem vierten Klingeln meldete er sich. Ich hielt mich nicht lange mit

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