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Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Titel: Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Frau im Krankenhaus ein und dieselbe sind?«
    Dressler kritzelte etwas auf seinen Block. »Name?«
    »Keine Russin, Ukrainerin. Dreiunddreißig Jahre alt. Von einem Unbekannten angefahren. Fahrerflucht.«
    »Name.«
    »Später.«
    Dressler sah hoch. »Wie, später? Jetzt. Wir hatten eine Abmachung.«
    »Ich muss noch einmal einen Blick auf die Fotos werfen, die Sie damals gemacht haben. Sie haben doch bestimmt mehr als die drei oder vier geschossen, die dann gedruckt worden sind.«
    »Natürlich. Warum wollen Sie sich die ansehen?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich habe ein schwaches Gedächtnis. Vor allem, was Namen angeht.«

    »Hatten Sie was mit ihr?«
    »Das kann ich erst sagen, wenn ich die Fotos sehe. Es war eine stressige Situation damals. Die vielen Leute, meine Verlobte, diese Frau …«
    Dressler erhielt seinen Gin Fizz.
    »Noch einen!«, brüllte er der jungen Frau hinterher. »Sie müssen doch wissen, mit wem Sie ins Bett gegangen sind!«
    »Nicht immer. Sie etwa?«
    Er trank sein Glas aus und steckte den Block ein. »Und dann? Fällt es Ihnen dann wieder ein, wenn Sie die Fotos sehen?«
    »Bestimmt.«
    Er kratzte sich mit dem Bleistift in seinem spärlichen Resthaarbestand. »Gut. Jetzt verraten Sie mir eins. Warum?«
    »Warum was?«
    »Ihr Motiv. Ihre Beweggründe. Sie haben mir für diese Frau …« – er deutete wieder auf Sigrun – »eins in die Fresse gegeben. Ich mag diese Frau nicht. Ich mag ihre Partei nicht. Und ihre Politik stinkt mir erst recht. Ich muss sie auch nicht mögen. Ich will sie ja nicht heiraten. Aber Sie. Sie wissen, was Sie ihr antun, wenn ich das veröffentliche. Warum wollen Sie es tun?«
    Ich schwieg. Ich hätte sagen können, dass Sigrun mich betrogen hatte. Dass ihr die Familie wichtiger war als ich. Dass sie sich, vor die Wahl gestellt, für eine Lüge entschieden hatte. Und dass sie diese Wahl gehabt hatte.
    »Ach so«, sagte Dressler und grinste. »Ach, so ist das. Die saubere Frau Senatorin. Hat auch was am Laufen?«
    Die junge Frau brachte den zweiten Gin Fizz.
    »Zeigen Sie mir die Fotos. Oder noch besser: Schicken Sie mir die Abzüge. Vielleicht entdecke ich ja etwas darauf, was Sie noch nicht gesehen haben.«
    »Was denn? Ihren Liebhaber?«
    Ich lächelte und fühlte mich wie ein Schwein.
    »Wo soll ich sie hinschicken?«, brummte Dressler. Als er
hochsah, glitt sein Blick an mir vorbei, und seine Augen wurden groß.
    Ich drehte mich um.
    »Welch schöne Überraschung!«
    Die Dame war nicht mehr ganz jung. Sie hatte ihre Augen hinter einer überdimensional großen, grau spiegelnden Sonnenbrille versteckt und sah umwerfend aus. Sie reichte mir die Hand. Dann wandte sie sich an Dressler. »Marietta Ducasse. Sehr erfreut.«
    Dressler sprang schneller auf, als sein Übergewicht vermuten ließ. Er nahm die Hand der Dame und hauchte ihr einen Kuss darauf. Sie zog die Hand zurück und wischte sie unauffällig an ihrer Kostümjacke ab.
    »Wie ich sehe, kaufen Sie Ihre Pretiosen nicht nur im Grunewald ein.« Sie nahm die Sonnenbrille ab und musterte mich mit diesem unglaublichen Selbstvertrauen, das nur Frauen haben, denen man selten widersteht. Hoffentlich war sie diskret. Es wäre meiner Sache nicht hilfreich, wenn sie ausgerechnet jetzt mit dem Ring anfangen würde. Dressler bot ihr einen Stuhl an.
    »Wenn ich nicht störe?«
    »Der Herr wollte sowieso gerade gehen«, antwortete ich schnell, bevor er sich wieder hinsetzen konnte.
    »Die Adresse«, knurrte Dressler.
    Ich diktierte sie ihm.
    »Sie hören von mir«, verabschiedete er sich. Er stürzte seinen Gin Fizz hinunter und verschwand in der Menge.
    »Möchten Sie etwas trinken?«, fragte ich sie.
    »Nein danke, ich habe keine Zeit. Außerdem muss ich heraus aus dieser Gluthitze.«
    Ich legte das Geld für die Rechnung auf den Tisch. Da wir beide in der gleichen Richtung geparkt hatten, liefen wir die wenigen Schritte gemeinsam.
    »Was machen Sie hier?«, fragte sie mich.

    »Ich arbeite in der Gegend. Und Sie?«
    »Ich werde ab und zu als Gutachterin für das Pergamon-Museum bestellt.« Sie sah sich um. »Es ist unglaublich, was sich hier in zehn Jahren getan hat. Eine neue Stadt. Eine neue Mitte. Eine komplett ausgetauschte Gesellschaft.«
    Wir hatten den Volvo erreicht. Falls der Wagen sie irgendwie amüsierte, ließ sie es sich nicht anmerken. Sie reichte mir ihre kühle, glatte Hand. »Vielleicht ein anderes Mal?«
    »Gerne.«
    Sie nahm eine Visitenkarte aus ihrer Handtasche, ich gab ihr eine von

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