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Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Titel: Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Oder das Bernsteinzimmer. Das sind die größten der verschwundenen Schätze. Die kleinen hat niemand mehr gezählt.«
    Ich zog das Foto von Verena und Aaron hervor und reichte es Marietta.
    Sie sah es sich an und gab es mir wieder zurück. »Ist das der Ring, den du mir vor kurzem gezeigt hast? Was ist damit?«
    »Ich möchte wissen, wo er herkommt.«
    Sie lachte. »Woher soll ich das wissen?«
    »Ich dachte, du hättest Kontakte. Gibt es nicht eine Möglichkeit herauszufinden, ob dieser Ring gestohlen wurde? Vielleicht im Zweiten Weltkrieg?«
    »Ach so.« Sie stand auf, holte die Champagnerflasche und schenkte noch einmal ein. »Das ist also der Grund für unser Wiedersehen.«
    »Nein. Nicht nur.« Ich nahm ihr das Glas aus der Hand und stellte es ab. Dann zog ich sie zu mir und küsste sie. Es war ein schöner Kuss. Zart, dann intensiver, zum Schluss schon fast etwas leidenschaftlich. Sie war ein Profi, was gutes Küssen anging. Ich öffnete die Augen.

    »Nicht nur, aber auch«, sagte sie. »Hast du ihn dabei?«
    Ich nickte und holte das Etui hervor, das sie mir gegeben hatte. Sie begutachtete den Ring und leckte sich gedankenverloren mit der Zungenspitze über die Lippen. Die Smaragde spiegelten sich in ihren Augen.
    »Hast du es schon einmal über Lost Art versucht?«
    »Was ist das?«
    Sie führte mich durch den Vorhang in die Büroräume. Die Wände standen voller Regale mit Katalogen und Aktenordnern. Die Schreibtische waren picobello aufgeräumt. Im größeren der beiden Räume stand ein runder Tisch, um den vier Armlehnsessel gruppiert waren. Astreiner Jugendstil, sie mussten ein Vermögen gekostet haben.
    Marietta zog eine Schublade des Schreibtisches auf und holte ein kleines, mit Samt ausgeschlagenes Tablett und eine Lupe hervor. Darauf legte sie den Ring und schaltete dann ihren Computer ein.
    »Lost Art«, erklärte sie, während der Computer hochfuhr, »ist eine Website von Bund und Ländern, über die man verschollene Kulturgüter suchen kann, in die aber auch Kunst mit fragwürdiger Herkunft eingestellt wird, um die rechtmäßigen Eigentümer zu finden. Es handelt sich vor allen Dingen um Kunstschätze, die infolge des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verbracht, verlagert oder verfolgungsbedingt entzogen wurden.«
    Sie tippte ein Passwort ein. Auf dem Bildschirm erschien ein Suchfenster. Dann griff sie zu dem Tablett und klemmte sich die Lupe vor das rechte Auge.
    »So, mein Kleiner, dann zeig mal, was du draufhast. Gold, Smaragd und Brillanten. Circa sechs Gramm, achtzehn Karat. Okay.« Sie tippte die Suchbegriffe ein. Sofort öffnete sich ein Fenster. Marietta drehte sich zu mir. »Hier ist tatsächlich ein ähnliches Stück als vermisst aufgeführt. Hundertprozentig kann ich es aber
nicht identifizieren. Du musst dich an das Referat Kunstobjekte der Oberfinanzdirektion wenden.« Sie fuhr den Computer herunter. »Alle Fragen geklärt?«
    Der zweite Kuss begann dort, wo der erste aufgehört hatte.
    »Hast du Schmerzen?« Sie berührte vorsichtig die Wunden und hauchte zarte Küsse über die blauen Flecken in meinem Gesicht. Ich griff ihren Kopf sanft mit beiden Händen und streichelte ihr Gesicht. Sie war kühl und warm, zart und fordernd, sie war genau das, was ich jetzt brauchte. Sie war wie ein Sprung in einen klaren Bergsee nach einem heißen, staubigen Tag in der Stadt. Ich setzte mich auf den Schreibtisch und zog sie zu mir.
    »Hier?«, fragte sie heiser.
    »Ich wohne noch bei meiner Mutter«, flüsterte ich ihr ins Haar.
    Sie lachte leise auf. »Das ist nicht dein Ernst.«
    »Doch. Und lass uns bitte nicht über meine Mutter reden.«
    Ich hatte jahrelang keine andere Frau außer Sigrun berührt. Marietta roch anders und bewegte sich anders, sie war wie die Neuentdeckung eines Buches, das man vor langer Zeit aus der Hand gelegt hatte. Ihr Körper war zarter als der Sigruns, er war ihr ein vertrautes Instrument, mit dem sie umgehen konnte. Ich fühlte mich hölzern und unbeholfen. Meine Hände griffen falsch zu, und sie fanden die Wege nicht, die ich bei Sigrun, ohne nachzudenken, hinabgeglitten war. Ich wollte nicht an Sigrun denken, doch ihr Bild schob sich immer wieder zwischen uns.
    »Dir geht es nicht besonders«, flüsterte Marietta. Sie hatte die blauen Flecken auf meinem Körper gesehen und deutete auf den Verband an der Wade.
    Ich nickte. »Es tut mir leid.«
    »Das muss es nicht. Wirklich nicht.« Sie nahm mich zärtlich in die Arme, doch ihr Kuss

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