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Das Kleine Buch Der Lebenslust

Das Kleine Buch Der Lebenslust

Titel: Das Kleine Buch Der Lebenslust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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Freude nährt die Seele, durch alle Sinne. Das Schauen vermag mehr zu sättigen als das Essen. Wer vom Schauen satt geworden ist, der muss nicht immer von neuem schauen. Er nimmt das Geschaute in sich auf. Es bleibt dauernde Nahrung für ihn. Freude ist dort, wo die Augen die Schönheit der Welt schauen und die Ohren versunken der tiefen Melodie lauschen. Das Hören vermag in mir Glücksgefühle auszulösen. Aber Hören ist immer im Augenblick. Ich höre immer nur den gegenwärtigen Ton. Ich kann mir die Melodie nochmals vorsummen. Aber ich kann sie nicht festhalten. Wenn sie in mir aufklingt, dann erhebt sie das Herz, dann versinke ich im Gefühl der Freude. Hören führt über mich hinaus. Hören ist immer Ekstase: aus sich herausgehen, um das Wunder der Musik in mich aufzunehmen und mich von der Musik über mich hinaus führen zu lassen in das Geheimnis des Unhörbaren, in das Geheimnis Gottes.

Vom Leben verzückt
Rabindranath Tagore schreibt nicht nur vom Glück und von der Lust. Er hat sie offensichtlich erfahren . Seine Worte sind auch nicht nur Ausdruck seiner eigenen Erfahrung, sie laden uns auch ein, den Erfahrungen zu trauen, die wir selber auch schon einmal gemacht haben, für die wir aber keine Worte fanden. Wenn wir für ein Erlebnis keine Worte finden, dann entschwindet es uns wieder. Worte lassen das Erlebte wirklicher werden.
Die Erfahrung, die Tagore gemacht hat, beschreibt er mit Erwachen. Er drückt etwas aus, was uns alle betrifft: Wir schlafen oft und merken gar nicht, was um uns herum ist. Wir nehmen die Schönheit nicht wahr. Wir nehmen das Glück nicht wahr, das zum Greifen nahe ist. Wir suchen es anderswo, in unseren Träumen, in Illusionen, die wir uns machen. Die Voraussetzung, Lust zu erfahren, ist das Aufwachen. Nur wer die Augen aufmacht, kann überhaupt wahrnehmen, was ist. Wer erwacht, ist wie Tagore, der erlebt, dass er bisher wie in einem Kerker lebte. Tagore bittet in einem seiner schönsten Gedichte, das auch ein Gebet ist, Gott darum, den Kerker aufzubrechen,damit er die Vögel singen hört und den Strahl der Sonne am Leib zu spüren vermag:
„So groß ist mein Glück, so tief die Lust,
verzückt vom Leben bin ich.
Mein Leben ist heute erwacht,
ich weiß nicht warum;
Von fern hör ich des Meeres Lieder raunen.
Ach, dumpf und schrecklich
Ist mein Körper rundherum.
Brich den Kerker, brich ihn Schlag um Schlag.
Wie herrlich singen heut die Vögel.
Ein Strahl der Sonne rührt mich an.“

Freude tut dem Körper gut
„Ein fröhlich Herz tut auch dem Körper gut, den Leib dörrt aus ein kummervoll Gemüt.“ (Sprüche 17, 22) In jedem Sprichwort drückt sich in kurzer und prägnanter Weise eine Lebensweisheit aus. Die meisten Sprichwörter im biblischen Buch der Sprüche – und so auch dieses – handeln vom Menschen. Sie zeigen, wie menschliches Leben gelingt. Auch die Gottesbeziehung drückt sich in Haltungen aus, die der Psyche des Menschen entsprechen. Der religiöse Weg ist für die Bibel immer auch ein therapeutischer Weg, ein Weg zu gelingendem Leben, ein Weg in die Freude und in die Liebe.
Die Gefühle wirken sich auf den Leib aus. Die Freude tut dem Körper gut. Und wer dem Kummer in seinem Herzen zuviel Raum gibt, der schadet seinem Leib. Ein bedrücktes Gemüt zehrt den Körper aus. Es „lässt die Glieder verdorren“, wie es in der Einheitsübersetzung heißt. Wir sehen es einem Menschen an, ob sein Herz fröhlich ist oder gedrückt und sorgenvoll. Aber es geht nicht nur um die Ausstrahlung nach außen, sondern auch um die Wirkung nach innen. Wer sich von Gram verzehren lässt, der hatkeinen Appetit. Er kann sich nicht mehr satt essen. Man kann sich den Ärger mit Essen zustopfen. Doch es gibt auch viele Menschen, die vor lauter Kummer abmagern. Ihr Leib drückt den Kummer aus. Solche Menschen strahlen etwas aus, das andere von ihnen abhält. Der fröhliche Mensch hat immer andere um sich, der bedrückte bleibt allein.

Tanzen, um zu tanzen
Es gibt zielgerichtete Bewegungen, die die direkte und schnelle Verbindung zwischen zwei Punkten suchen. Es gibt Abweichungen vom schnellen Weg zum Ziel – Umwege, die sich aber ebenfalls von ihrem Ziel her bestimmen. Und es gibt Bewegung, die mit solchen Wertungen oder Kategorien einfach nicht zu beschreiben sind. Der Tanz zum Beispiel. „Schließlich tanzen wir ja nicht, um irgendwo hinzukommen.“ Das hat der österreichische Benediktiner David Steindl-Rast einmal gesagt. Im Tanzen genießen wir unsere gemeinsame Bewegung. Wir

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