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Das Kleine Buch Der Lebenslust

Das Kleine Buch Der Lebenslust

Titel: Das Kleine Buch Der Lebenslust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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an seiner Freude. Und er wünscht uns, dass unsere Freude vollkommenwird. Im Griechischen steht: „dass sie voll werde, erfüllt werde, dass sie in ihre Fülle komme.“ Jesus geht davon aus, dass auf dem Grund unseres Herzens schon die Freude wohnt. Durch seine Worte kommen wir mit der Freude in Berührung, die schon in uns ist. Und seine Worte möchten unsere Freude zu ihrer Fülle führen. Seine Worte möchten das, was in unserer Freude anklingt, zur Vollendung bringen. Unsere Freude soll teilhaben an der Fülle Gottes, am Wesen Gottes. Wer die Freude bis auf ihren Grund auskostet, der berührt Ihn.

Auf dem Grund meines Herzens
„,Freude an der Sache‘“, so sagt man; aber in Wirklichkeit ist es Freude an sich vermittelst einer Sache.“ – Für Friedrich Nietzsche meint die Redewendung „Freude an der Sache“ nie nur, dass ich mich an der Arbeit freue oder am Geschenk oder an etwas Äußerem, etwa am schönen Wetter. Die Freude ist letztlich immer eine Qualität der eigenen Seele. Und eine Sache bringt mich nur in Berührung mit der Freude, die in mir ist. Letztlich ist es also immer Freude an sich selbst. Die Freude an mir selbst gehört mir. Sie kann mir daher auch niemand rauben. Sie ist nicht abhängig von der Zuwendung der Menschen, etwa von den Geschenken, die ich bekomme. Die Dinge können die Freude, die in mir ist, hervorlocken. Sie können mich in Berührung bringen mit der Freude auf dem Grund meines Herzens. Freude ist ein inneres Gestimmtsein.
Das ist die eine Seite der Aussage Nietzsches. Die andere Seite besteht darin, dass es auch meine Entscheidung ist, mich an mir zu freuen. Es ist meine Sache, ob ich über mich wütend bin, mich innerlich ablehne, oder ob ich mich über mich freue. DieFreude über mich heißt nicht, dass ich alles gutheiße, was ich tue. Es gibt auch die berechtigte Trauer über mein Zurückbleiben hinter dem, was Menschsein eigentlich heißt. Aber die Freude über mich ist ein dankbares Anerkennen, dass Gott mich geschaffen hat und dass er mich gut gemacht hat. Es ist die Freude am Dasein, das Er mir geschenkt hat. Und dafür muss ich mich auch entscheiden. Sonst können tausend Geschenke die Freude in mir nicht hervorlocken. Und ich kann noch so viele Dinge wahrnehmen. Sie werden immer nur meine Unzufriedenheit oder Bitterkeit bestätigen, mich aber nie mit der Freude in Berührung bringen, die auf dem Grund meines Herzens bereitliegt.

Ein Geschenk, das bleibt
„Ich habe mich so gefreut! Sagst du vorwurfsvoll, wenn dir eine Hoffnung zerstört wurde. Du hast dich gefreut – ist das nichts?“ (Marie von Ebner-Eschenbach)
Manche sind enttäuscht, wenn ihre Vorfreude sich nicht erfüllt. Da hat jemand voll Freude darauf gewartet, dass ein Freund zu Besuch kommt. Dann klingelt das Telefon und er sagt ab, weil ihm etwas dazwischen gekommen ist. Der Vorwurf „Ich habe mich doch so gefreut“, zerstört oft alles: Freude schlägt um in Trauer, Selbstmitleid, manchmal auch in Wut. Man ist untröstlich, dass man sich umsonst gefreut hat. Marie von Ebner-Eschenbach fragt: „Du hast dich gefreut – ist das nichts?“ Wenn ich mich gefreut habe, dann war ich in Berührung mit der Freude, die in mir ist. Dann hat die Freude mich schon verändert. Sie ist schon ein Geschenk. Es liegt an mir, ob ich diese erfahrene Freude in mir weiterhin spüre und dafür dankbar sein kann.

Freude geht auf leisen Sohlen
Hilde Domin arbeitet in ihren Gedichten mit eigenartigen Bildern und lässt uns gerade so die Wirklichkeit neu sehen. So auch in ihrem Gedicht über die Freude:
 
„Die Freude
Dieses bescheidenste Tier
Dies sanfte Einhorn
So leise
Man hört es nicht
Wenn es kommt, wenn es geht
Mein Haustier
Freude
Wenn es Durst hat
Leckt es die Tränen
Von den Träumen.“
 
Domin nennt die Freude ein bescheidenes Tier, ein sanftes Einhorn. Das Einhorn ist in der christlichen Symbolik Bild der Stärke und Reinheit. Es kann nur durch eine reine Jungfrau gefangen und gezähmt werden. Wenn es gejagt wird, flüchtet es sich in deren Schoß. Maria wird daher oft mit dem Einhorndargestellt. Die Freude darf nicht vermischt werden mit Nebenabsichten. Wenn wir sie jagen und gefangen nehmen wollen, dann flieht sie in den „reinen Schoß der Jungfrau“. Dann verbirgt sie sich auf dem Grund unserer Seele, dort wo unsere eigenen Erwartungen und unser Besitzstreben keinen Zutritt haben.
Das zweite Bild für die Freude, das Hilde Domin verwendet, ist das leise Haustier, das man gar nicht hört, wenn es

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