Das kleine Reiseandenken
Tisches lagen Feuerzeuge, Zigarettenetuis und andere Kleinigkeiten. Es roch stark nach Tabak.
„Na, was willst du? Ich muß auf den Laden aufpassen, du mußt also vorläufig alleine fertig werden. Du kannst in der Schlafstube auspacken, dann werd ich dir sagen, wo du deine Sachen hinhängen und wegräumen kannst.“
Es kam schon wieder Kundschaft, und Ingrid zog sich zurück. Sie packte aus – das war schnell getan. Sie besaß ja nicht allzuviel irdische Güter. Und dann blieb sie wieder unschlüssig stehen. Was sollte sie bloß den ganzen Nachmittag machen?
Sie ging in die Küche. Dort stand eine Menge schmutziges Geschirr. Da konnte sie sich ja nützlich machen.
Sie setzte flink einen Teekessel mit Wasser aufs Gas und hielt Ausschau nach Lappen und Bürsten. Da hörte sie die Tante im Flur. „Was machst du denn da? Wozu brauchst du das warme Wasser?“
„Ich wollte dein Geschirr abwaschen, Tante.“
„Es eilt nicht. Wir machen für das bißchen Geschirr kein Wasser heiß. Hast du denn nicht sparen gelernt, Ingrid? Deine Mutter konnte es, das kannst du mir glauben. Nun ja, du bist vielleicht nicht an das Gas gewöhnt, aber du mußt immer daran denken, Gas ist teuer – furchtbar teuer!“
Tante Agate schlurfte wieder zurück. Ingrid blieb stehen und biß sich auf die Lippen.
Sie schlich in die kleine, vollgestopfte Stube. Es war erstickend heiß darin. Sie rollte den Vorhang hoch, stieß das Fenster auf und sog tief die Luft ein. Alles roch in dieser Wohnung nach Tabak, nach Tabak und Staub. Du liebe Zeit, wie staubig es hier war! Die unzähligen kleinen Dinge, die auf Borden und Tischen herumstanden, waren grau von dem alten Staub.
Ingrid suchte nach einem Lappen und begann alles abzuwischen, gründlich und systematisch.
Da rief die Tante vom Laden. Ingrid machte die Tür einen Spalt weit auf. „Ja, Tante?“
„Was machst du in der Stube?“
„Ich lüfte und wische Staub, Tante.“
„Du lüftest? Hast du etwa den Vorhang hochgerollt? Wo hast du denn deine Gedanken? Zieh sofort den Vorhang runter! Die Sonne brennt ja sonst auf die Möbel, und der teure Bezug bleicht ganz aus. Das fehlte noch!“
Ingrid schluckte die aufsteigenden Tränen herunter. Sie schloß das Fenster und zog den Vorhang herunter. Was sollte sie bloß tun? Sie ging still in die Küche und setzte sich auf den Küchenhocker.
Dann warf sie einen Blick durch das Fenster. Es ging auf einen Hinterhof hinaus mit schmutziggrauen Mauern.
Hier blieb Ingrid sitzen. Auf einem Stuhl lag eine Wochenzeitschrift. Sie sah sich die Bilder an, lesen konnte sie ja nicht.
Der Kopf war ihr schwer. Und das Herz lag ihr wie Blei in der Brust. Sie sah im Geiste Inge vor sich, die jetzt in ihrem großen, hellen Atelier saß und zeichnete. Dixi lag am Fußende der Couch und schaute ihr mit blanken, braunen, treuen Hundeaugen zu. Bald würde Inge in ihre Küchenecke gehen und Wasser zum Nachmittagstee aufsetzen. Ja, heute mußte sie das selber machen. Sie mußte auch die Kalbsknochen für Dixi selber abkochen. Dixi würde heute abend die Couch für sich allein haben, ganz allein…
Ein kleiner Schluchzer stieg ihr in die Kehle, noch einer. Und mit einemmal legte Ingrid die Arme auf den unsauberen Küchentisch und weinte aus ihrem kleinen, verlassenen und bangen Herzen heraus.
Ingrid lernt lügen
Ingrid wälzte sich im Schlaf hin und her. Sie schlief so unruhig, daß die Decke auf den Fußboden rutschte. Sie ächzte, drehte sich auf die andere Seite und wachte auf.
Es war schrecklich heiß. Der Kopf tat ihr weh. Im Zimmer stank es fürchterlich nach Tabak.
Nein! Mochte die Tante schimpfen, so viel sie wollte. So konnte Ingrid nicht schlafen. Sie stand auf und gab sich alle Mühe, das Fenster geräuschlos zu öffnen. Sicher stimmte es, daß Staub hereinwehte, wie Tante Agate sagte, denn das Zimmer ging auf die Straße und lag noch dazu im Erdgeschoß. Aber Staub konnte man wieder wegwischen. Doch eine Nacht wie die letzte konnte sie nicht noch einmal aushalten. Sie war mit bleischwerem Körper und dröhnendem Kopfweh aufgewacht.
Heilfroh war sie gewesen, als die Tante sie zum Einkaufen schickte. Damit hatte sie sich so viel Zeit wie möglich gelassen. Als sie zurückkam, hatte es Schelte gesetzt, denn sie hatte außerdem noch zu viel Geld ausgegeben. Ob es keinen billigeren Salat gäbe? Und warum sie von den großen Eiern genommen hätte, wenn es im Laden an der Ecke Knickeier gab?
„Das wußte ich nicht, Tante. Ich kann doch kein
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