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Das Kloster der Ketzer

Das Kloster der Ketzer

Titel: Das Kloster der Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M Schroeder
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wollte, konnte ich unterhalb von Kreutersroth das Gespräch zwischen dem Domherrn und der Gruppe von Schergen belauschen, die gerade aus dem Moor zurückkamen und berichteten, dass sie euch da oben erwischt und ohne Ausnahme
niedergemacht haben. Der Domherr hat getobt, weil er dich ja unbedingt lebend haben wollte, aber für deine Leiche hatte er wohl keine Verwendung. Und so ist die Bande dann wieder zusammen gen Passau abgezogen. Tja, und da somit die Luft rein war, wollte ich eben mal nachsehen, was es am Ort eures Kampfes für mich noch zu holen gab.«
    Sebastian musste sofort an den flaschengrünen Sack denken, den Lukas sich bei ihrem Aufbruch über die Schulter geworfen hatte. Eindringlich sah er seinen Retter an, sprach aber den Verdacht nicht aus, der ihm auf der Zunge lag.
    »Nur zu, sprich es ruhig aus!«, forderte Lukas ihn mit einem gleichgültigen Achselzucken auf. »Ja, ich wollte die Leichen ausplündern, mir eure guten Stiefel und Gürtel holen und was sich sonst noch zu Geld machen lässt! Jemand wie ich muss eben sehen, wo er bleibt und wie er zu ein paar Gulden kommt. Und gut, dass ich es auch getan habe – andernfalls wärst du nämlich im Moor verblutet!«
    »Ich habe dir doch keinen Vorwurf gemacht«, sagte Sebastian, den plötzlich irgendetwas an Lukas irritierte …
    »Aber gedacht hast du es!«, hielt dieser ihm vor. »Nur kümmert mich das nicht! Ich tue, was ich für richtig halte. Wem das nicht passt, kann sich zum Teufel scheren!« Und nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Warum hätte ich es auch nicht tun sollen? Was braucht ein Toter, der im Moor liegt und sowieso zur Beute für all die wilden Aasfresser der Wildnis wird, noch solide Stiefel oder einen warmen Umhang? Nur die Lebenden haben dafür Verwendung. Und deshalb habe ich auch nicht die geringsten Gewissensbisse gehabt. Leider hatten sie eure Waffen schon an sich genommen. Außerdem...« Er brach ab, stutzte und sagte dann: »Aber du hörst mir ja gar nicht mehr zu. Sag, schläfst du schon?«
    »Ja, gleich«, murmelte Sebastian, der tatsächlich die Augen
nicht länger offen zu halten vermochte. »Lass uns später über alles reden. Ich habe noch... so viele Fragen.«
    »Soll mir recht sein – obwohl ich bezweifle, dass ich dir auf all deine Fragen eine Antwort geben kann, die dich zufrieden stellen wird«, antwortete Lukas rätselhaft, nahm Schale und Löffel an sich und stiefelte aus der Kammer.
    Sebastian hörte die Tür klappen und sann noch einen Moment darüber nach, was Lukas mit seinen letzten Worten wohl gemeint haben mochte und was ihn so an ihm irritierte. Da war ein Bild in seiner Erinnerung, das sich in seine Gedanken drängte, ohne allerdings scharfe Konturen anzunehmen. Doch dann umhüllte ihn auch schon wieder der Schlaf, der ihn seiner Genesung ein weiteres Stück näher brachte.
    Am Abend desselben Tages saß Lukas wieder an seinem Bett. Und Sebastians erste aufgeregte Frage galt der Ledertasche mit der Bibel.
    »Die liegt drüben in meiner Kiste – und auch die pralle Geldbörse fehlt nicht!«, sagte Lukas mit einem breiten Grinsen. »Das wäre ein wahrer Glückstreffer gewesen, wenn auch du tot gewesen wärst. Von dem Geld hätte ich mir ein zweites Pferd und ein anständiges Fuhrwerk kaufen und ein eigenes Fuhrgeschäft anfangen können. Und dann wäre immer noch ein hübscher Batzen übrig geblieben, um für schlechte Zeiten gut gerüstet zu sein.«
    »Tut mir Leid, dass ich dir nicht den Gefallen getan habe, noch rechtzeitig zu sterben!«, erwiderte Sebastian bissig.
    »Mach dir nichts draus, ich bin Kummer gewöhnt«, gab Lukas zurück. »Aber ein paar Silberstücke weniger sind jetzt schon in deiner Geldbörse. Denn ich habe natürlich die Hebamme und den Gastwirt in Kreutersroth von dem Geld bezahlt. Und auch Meister Dornfeld habe ich zwei Gulden gezahlt, damit er keinen Ärger macht und dir in meiner Kammer Zeit lässt, wieder gesund
zu werden. Dem war das nämlich ganz und gar nicht recht, aber der Fremde hat das so bestimmt, und dem hat er wohl nicht zu widersprechen gewagt.«
    Sebastian runzelte die Stirn. »Welcher Fremde?«
    Lukas zuckte die Achseln. »Eben der Mann, der darauf bestanden hat, dass ich dich mit Dornfelds Fuhrwerk aus dem Gasthof hole und unter einer Plane versteckt hierher bringe. Ich kenne seinen Namen nicht und habe ihn bisher auch noch nicht bei Tag zu Gesicht bekommen, um ihn dir beschreiben zu können. Wenn er nach dir gesehen hat, war es immer tiefste Nacht. Und es war

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