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Das Kloster der Ketzer

Das Kloster der Ketzer

Titel: Das Kloster der Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M Schroeder
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einer Kreuzung, wo man in mehrere Richtungen weiterlaufen konnte, und dann gleich dahinter irgendwo durch einen Torbogen in einen Hinterhof verschwinden. Aber das setzte voraus, dass er über einen
größeren Vorsprung verfügte und Jodok ihn zumindest für einige Sekunden aus den Augen verlor. Nur so würde er nicht wissen, in welcher Richtung er, Sebastian, seine Flucht fortgesetzt hatte.
    Aber Jodok tat ihm den Gefallen nicht, dabei hatte er es ungleich schwerer, behinderten ihn doch sein Degen und der Umhang beim Laufen. Und statt weiter zurückzufallen, holte er sogar auf, als Sebastian wenig später über die lange Steingasse in Richtung auf die Pfarrkirche Sankt Paul hetzte.
    Lange würde Sebastian dieses scharfe Tempo nicht mehr durchhalten und dabei war weit und breit keine Rettung in Sicht. Im Gegenteil, mit jedem Augenblick wuchs die Chance, dass doch jemand dem Schergen zu Hilfe kam, und dann war sein Schicksal besiegelt. Jetzt bereute er, dass er sich von seiner Neugierde dazu hatte hinreißen lassen, sich auf dem Residenzplatz unter die Menschenmenge zu mischen, statt sich auf direktem Weg aus der Stadt und hinüber auf das andere Donauufer zu begeben. Dann wäre er dem Schergen sicherlich nicht über den Weg gelaufen. Aber diese Reue kam nun zu spät.
    Mit schmerzenden Lungen, rasendem Herzschlag und wachsender Angst rannte er durch die schmale Gasse, die um die Kirche Sankt Paul herumführte. Augenblicke später gelangte er auf den lang gestreckten Rindermarkt, auf dem an diesem Morgen rege Geschäftigkeit herrschte. Viele Viehhändler und Käufer hatten sich eingefunden und feilschten miteinander.
    Hier war ihm das Glück endlich hold, indem es ihm durch das beherzte Eingreifen eines Pferdehändlers die Möglichkeit verschaffte, seinen Vorsprung zu vergrößern und den Schergen vielleicht doch noch abzuschütteln. Der Mann hatte gerade Pferdemist in einen großen Holzkübel geschaufelt, als Sebastian an ihm vorbeirannte. Als der Pferdehändler sah, wer da
hinter ihm her war, packte er den Kübel und kippte dem Schergen den Mist mitten in den Weg.
    Jodok versuchte der schmierigen Lache aus Pferdekot und -urin auszuweichen, doch ohne Erfolg. Er trat voll in den aufgeweichten Mist, rutschte darin aus und stürzte unter dem schadenfrohen Gelächter der Umstehenden der Länge nach hin.
    Sebastian warf einen Blick über die Schulter zurück, sah Jodok am Boden liegen und wusste, dass dies seine Chance war, ihm zu entkommen. Er bot seine letzten Kräfte auf, den Rindermarkt so schnell wie möglich hinter sich zu lassen und in die nächste Gasse zu kommen. In seiner Angst und Eile bemerkte er jedoch zu spät, dass er in eine Sackgasse eingebogen war. Er wusste, dass sein Vorsprung nicht groß genug war, um wieder zurückzulaufen und sich in eine der Nachbargassen zu flüchten. Und als er dann zu seiner linken Hand den Torbogen bemerkte, sah er keine andere Möglichkeit, als dort Zuflucht zu suchen.
    Der kleine, schmale Hinterhof, der hinter dem steinernen Durchgang lag, gehörte offenbar zur Werkstatt eines Fassbinders, war er doch mit Fässern aller Größe halb zugestellt.
    Mit fliegendem Atem und von heftigen Seitenstichen gequält, blieb er kurz stehen, um sich nach einem Versteck umzusehen. Doch noch bevor er wusste, was er jetzt tun sollte, hörte er metallisches Klirren hinter sich im Tordurchgang und die triumphierende Stimme des Schergen, der ihm zurief: »Eine nette Hatz, die du mir da durch die halbe Stadt geboten hast! Aber jetzt ist das Spiel aus! Ich habe dir doch gesagt, dass du mir nicht entkommen wirst!«
    Er saß in der Falle.

15
    Maßlos entsetzt, dass Jodok trotz des Sturzes auf dem Rindermarkt doch noch mitbekommen hatte, wo er sich hatte verstecken wollen, wich Sebastian zwischen den Fässern vor ihm zurück. Die Gedanken jagten sich hinter seiner Stirn. Alles, was er im Moor erlitten und was Lauretia, der geheimnisvolle Kapuzenmann und Meister Dornfeld für ihn getan hatten, war vergeblich gewesen! Und er wünschte, er wäre im Hochmoor seinen Verletzungen erlegen, denn dann wäre ihm das erspart geblieben, was nun im Kerker des Domherrn Tassilo von Wittgenstein auf ihn wartete! Und Lauretia würde vermutlich nie erfahren, weshalb er nicht in die Kammer zurückgekehrt und was aus ihm geworden war. Ein Gedanke, der ihn seltsamerweise fast noch mehr mit bitterer Reue erfüllte als alles andere.
    Ein stämmiger, kleinwüchsiger Mann mit einem eisengrauen Bart und einer Lederschürze vor

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