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Das Kloster der Ketzer

Das Kloster der Ketzer

Titel: Das Kloster der Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M Schroeder
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erdrücken. Bei jeder Unebenheit, über die das Fuhrwerk rumpelte, presste er die Hände gegen die Hölzer über seinem Kopf, um das scheinbar drohende Verhängnis abzuwehren. Und er verfluchte Haimo Dornfeld, der ihn nicht auf einer Lage Stroh und unter einer Plane aus der Stadt brachte, sondern ihn dieser Gefahr aussetzte, weil er hoffte, die Fahrt zum Kloster der Zisterzienser mit einem einträglichen Geschäft verbinden zu können.
    Zwar hatte der Sägemühlenbesitzer ihm auf dem Hof versichert, dass er in der schmalen Aushöhlung unter den Balken sicher lag, aber dem Wort dieses mürrischen, kurz angebundenen Mannes traute er nicht. Er wusste nur zu gut von Lauretia, dass Dornfeld am liebsten nichts mit ihm zu tun gehabt hätte und ihm nur beistand, weil der Kapuzenmann es von ihm verlangte.
    Er hörte kurz nach ihrem Aufbruch, wie Dornfeld mit den Wachen am Stadttor einige Worte wechselte, und betete inständig zu Gott, dass er ihn nun bald aus dem Versteck herauskriechen
lassen würde, so wie sie sich außer Sichtweite der Wachen befanden. Aber es vergingen noch weitere lange, angsterfüllte Minuten, bis Haimo Dornfeld das Fuhrwerk erneut zum Stehen brachte und endlich die Lattenbündel an seinem Kopfende hochwuchtete, damit er dem gefährlichen Versteck unter den Balken entkommen konnte.
    »Nun mach schon!«, drängte Dornfeld und schwang sich wieder auf den Kutschbock. »Und sieh bloß zu, dass du die Lattenbündel wieder auflädst! Du hast dich ja wohl lange genug ausgeruht.«
    Sebastian kroch aus dem Spalt ans trübe Licht. Noch immer ging ein feiner Nieselregen nieder. Das Fuhrwerk stand abseits der Landstraße im Schutz hoher Büsche. Als er sich nun beeilte, Dornfelds Aufforderung nachzukommen und die Lattenbündel wieder hinter dem Kutschbock aufzustapeln, fiel sein Blick auf den Richtplatz, der schräg hinter ihnen lag und wo Hubert Haberstroh, der Henker von Passau, an Richttagen seinem grausigen Handwerk nachging. Er bekam eine Gänsehaut, als er das hölzerne Podest und den Galgen sah, der sich mahnend in den grauen Himmel erhob. Sofort brachte er den Richtplatz mit Tassilo von Wittgenstein und dem Kerker in Verbindung, der ihm bei seiner Ergreifung drohte.
    Augenblicke später saß er neben Dornfeld auf dem Kutschbock, und das Fuhrwerk kehrte auf die Landstraße zurück, die nach Südwesten führte. Als sie um eine Wegbiegung kamen, zeichneten sich zu ihrer Linken hinter Feldern und weitläufigen Gärten Klostermauern und der Turm einer Kirche ab.
    »Ist es das schon?«, fragte Sebastian überrascht.
    »Nein, das ist Sankt Nicolai, das Chorherrenstift der Augustiner!«, gab Dornfeld unwirsch zur Antwort. »Und jetzt halt den Mund! Du wirst schon sehen, wenn wir bei den Zisterziensern sind!«

    Unter ungemütlichem Schweigen ging die Fahrt durch das leicht hügelige Land weiter. Hier und dort trennten kleine Waldstücke die Gehöfte mit ihren Feldern und Äckern voneinander.
    Sebastian schätzte, dass sie gute zwei bis drei Meilen seit ihrem Halt hinter dem Richtplatz zurückgelegt hatten, als die Landstraße sie durch ein kleines Wäldchen führte und gleich dahinter auf der linken Seite eine zweite Klosteranlage auftauchte, die wie Sankt Nicolai am Ufer des Inn lag und von einer Mauer umschlossen wurde. Das musste die Abtei der Zisterzienser sein! Inzwischen hatte es endlich zu regnen aufgehört und hier und da riss sogar die Wolkendecke auf und ließ einen Rest milden Sonnenscheins hindurch.
    Der grimmige Mühlenbesitzer gab keinen Ton von sich, bog jedoch kurz darauf von der Landstraße ab und folgte mit seinem Fuhrwerk einem schlammigen, von Bäumen und wilden Hecken gesäumten Weg, der durch die dem Kloster vorgelagerten weiten Felder und Äcker auf das Tor zu führte.
    Sebastian erinnerte sich sofort wieder daran, was Lauretia ihm über den schweren Brand erzählt hatte, der erst vor kurzem fast die gesamten Stallungen und einen Teil des Wirtschafttraktes des Klosters zerstört hatte. Der schwere Schaden fiel sogar aus einiger Entfernung sofort ins Auge. Ein verkohlter Dachstuhl, der etwa die Hälfte eines lang gestreckten Gebäudes ausmachte, zeugte von der Katastrophe. Auch war ein Teil der Umfassung an der nordwestlichen Ecke, wo die Mauern in einem rechten Winkel aufeinander trafen und zugleich die Rückwände der Stallungen gebildet hatten, eingestürzt und deutlich von Brandspuren gezeichnet. Dort musste in der Tat ein verheerendes Feuer gewütet haben!
    Als sie sich dem breiten

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