Das knallrosa Tagebuch: Das knallrosa Tagebuch
Jeff sich beim Sprechen am Riemen reißen muß. Wenn er eine doppelte Verneinung benutzt, boxt sie ihm gegen den Arm - richtig fest, daß er »autsch« schreit. Gestern abend war auch so ein Beispiel. Marsha hat Popcorn gemacht und Jeff gefragt, wo die Margarine ist. »Wir haben keine Margarine nicht«, hat Jeff geantwortet. Marsha hat ihn aufgefordert, den Satz zu wiederholen, was er auch tat. Dann hat sie sich umgedreht und ihn geboxt. Sie hat zwar gelacht, aber Jeff sah aus, als würde er gleich einen Mord begehen. Als ich grinste, kam er drohend auf mich zu. Ich habe mich schleunigst verdrückt. Kurz darauf hörte ich Jeff und Marsha lauthals lachen.
Marsha hat Mama einen gravierten Schlüsselanhänger aus Sterlingsilber gekauft, als eine Art Anreiz, damit sie die Führerscheinprüfung wiederholt. Ich habe ihr eine Flasche Parfüm besorgt, das laut Marsha Jeden Mann um den Verstand bringt« (vielleicht sollte ich es auch mal benützen). Es heißt »Seduction«, Marsha träufelte sich etwas davon aufs Handgelenk und ließ mich schnuppern. Es riecht wie eine Mischung aus Wildblumen und Insektenvertilgungsmittel. Wenn das Männer anmacht, okay. Hoffentlich gefällt es Mama.
Im Laden habe ich Theresa aus der Schule gesehen. Sie tat, als bemerkte sie mich nicht. Eigentlich wollte ich ihr Spielchen mitspielen, aber als ich einen Schritt rückwärts machte, habe ich aus Versehen einen Ständer mit Schals umgestoßen. Es hat furchtbar gescheppert, und jetzt mußte sie sich umdrehen. Ich bin fast gestorben. Sie zischte »hallo«, und ich schnaubte ebenfalls »hallo«. Dann habe ich sie noch eine Weile beobachtet. Sie hat zwei Pullover und eine Jeans von Calvin Klein gekauft. Die reiche Zicke hat eine eigene Kreditkarte.
19:35
Oma hat gerade ein langes Gespräch mit Mama geführt. Ein langer Streit würde die Sache besser treffen. »Du mußt selbst entscheiden«, schimpfte Oma. »Entweder sitzt du weiter den ganzen Tag auf dem Hintern und wartest, bis er zur Tür hereinspaziert kommt, oder du gehst wieder ins Rennen.« Mama murmelte, daß sie niemanden kennt, mit dem sie noch einmal von vorne anfangen will, und Oma fauchte: »Ich kenne genug nette Männer!« »Was soll ich tun? Sie etwa anrufen?« brüllte Mama zurück.
Oma findet, daß Mama mehr unter Leute gehen muß, damit man auch weiß, daß sie frei ist Mama war böse und antwortete: »Dann glauben alle, daß ich einsam bin.« »Du bist einsam!« hat Oma geschrien.
Eine Zeitlang war Mama ganz ruhig. Dann fing sie an zu schnüffeln, wie immer, bevor sie wieder einen Heulanfall kriegt. Sie sah sich im Spiegel an und sagte: «Ich kann nicht.« Ganz leise, es klang fast wie ein Flüstern. »Schluß mit den Tränen«, hat Oma geschimpft. »Wenn du dich durchgesetzt hättest wäre er vielleicht gar nicht erst gegangen.« Da fing Mama erst recht zu weinen an.
Dann Kam Jeff vom Training nach Hause und fragte, was los wäre. Mama rannte aus dem Zimmer, und Oma zuckte nur die Achseln und schüttelte den Kopf. Jeff sah mich an. »Sie haben über Papa geredet«, antwortete ich.
Ich war sauer auf Oma, weil sie Mama zum Weinen gebracht hatte, aber ich mußte ihr recht geben. Mama hat sich nie zur Wehr gesetzt, als Papa gegangen ist. Ich weiß nicht, was sie dagegen hätte unternehmen Können, doch alles wäre besser gewesen als ihre Reaktion. Sie ist einfach sitzengeblieben und hat es über sich ergehen lassen, als ob sie vollkommen hilflos wäre. Wenn sie daran denkt, ärgert sie das sicher furchtbar. Jedenfalls ärgert es mich.
4. Oktober
Habe heute zufällig Carol getroffen. Mag mußte auf die Bank, um den Gehaltsscheck ihrer Mutter einzulösen, und ich bin mitgegangen, weil ich vergessen hatte, daß ich dort Carol begegnen könnte.
Sie stand am Trinkwasserspender und rauchte eine Zigarette. Als sie mich sah, wollte sie sich schon umdrehen. Aber dann hat sie es sich überlegt und mit verkniffenem Lächeln »hallo« gesagt.
Ich habe nicht geantwortet.
Carol hat noch ein bißchen weitergequalmt, und dann meinte sie; »Dein Papa vermißt dich.«
Ich habe weggeschaut und genuschelt, daß ich ihn auch vermisse. Dann war Mag am Schalter fertig und hat mich zur Tür rausgeschoben.
Carol ist dagestanden, die Zigarette gezückt, als ob sie damit auf mich schießen will. Am liebsten hätte ich ihr eine geklebt. Sie sieht so billig aus, wie eine richtige Schlampe eben. »Wahrscheinlich stopft sie ihren BH aus«, sagte Mag beim Rausgehen.
5. Oktober
Mr. Taylor (Beratungslehrer) hat
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