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Das Knochenhaus

Das Knochenhaus

Titel: Das Knochenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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Hause zu bringen.«
    »Vernon«, keuchte Gemma, »was sagst du da? Wir haben London für alle Zeiten verlassen. Wir sind hierhergekommen, um bei dir zu sein. Um mit dir zu leben.«
    »Es tut mir leid – das ist nicht möglich«, entgegnete der Lord steif. »Die Dinge haben sich geändert. Meine Umstände haben sich geändert. Ich denke, es wäre am besten, wenn ihr ein Zimmer im Hotel neben dem Bahnhof nehmen würdet. Ich werde dann später zu euch kommen und alles erklären.«
    »Ein Hotel!« Gemma konnte nicht verhindern, dass sie das Wort in einem lauten, schrillen Ton aussprach. »Was ist passiert? Was hat sich geändert? Du hast gesagt, wir würden heiraten. Du hast es versprochen.«
    »Hör mir zu«, erklärte Lord Ashmole steif und beflissen zugleich. »Nimm dir ein Zimmer. Später komme ich zu euch, und dann werden wir diese Sache durchsprechen.« Er drehte sich um und rief Melton herbei, um ihm behilflich zu sein. »Die Dame und ihr Sohn verlassen uns jetzt«, informierte er den Hausdiener. »Lass ein Taxi kommen, das sie zum Hotel bringen soll.«
    »Gewiss, Sir.«
    »Mach dir keine Mühe!«, blaffte Gemma Burley. »Wir finden uns alleine zurecht.«
    Sie machte auf den Fersen kehrt und marschierte zur Tür; fast riss sie den kleinen Jungen dabei mit sich. Draußen hielt sie an, um zur Besinnung zu kommen. Der kleine Archie, der völlig durcheinander und erschrocken war wegen dem, was sich gerade ereignet hatte, begann zu weinen. Seine Mutter hob ihn hoch und drückte ihn fest an sich, um Trost und Wärme zu finden. Dann murmelte sie ihm zu: »Schon gut. Es kommt alles wieder in Ordnung. Es hat ein paar Versehen gegeben; das ist alles. Ich bin mir sicher – alles kommt in Ordnung.«
    Sie stand immer noch da, als die Tür sich erneut öffnete. Vernon trat in Pantoffeln heraus. Sein Morgenmantel blähte sich hinter ihm auf, während er zu ihr rannte. Zuerst vermutete sie, er sei gekommen, um zu erklären, dass alles ein schreckliches Missverständnis gewesen war. Dass er seine Torheit bereut hatte und jetzt alles in Ordnung bringen würde. Dann erblickte sie die Geldbörse in seiner Hand.
    »Ich kann es einfach nicht ertragen zuzusehen, wie du auf diese Weise weggehst«, erklärte er. »Hier, nimm das.« Er stieß den Lederbeutel gegen sie. »Bitte.«
    »Vernon«, sagte sie, und ihre Stimme zitterte. »Warum?«
    »Ich kann nicht ... Es tut mir leid, Gem«, antwortete er. »Ich hatte vor, es dir zu erzählen. Ich habe es versucht ...« Er schob ihr die Geldbörse in die Armbeuge, wo sie ihr wimmerndes Kind hielt. »Das ist alles, was ich im Augenblick hierhabe. Nimm es.«
    »Ich will nicht dein Geld.«
    »Etwas anderes kann ich dir nicht geben. Tut mir leid.« Er trat einen Schritt zurück – er begann bereits, sich von ihnen zu entfernen.
    »Aber warum, Vernon? Einst hast du mich geliebt. Wir hätten glücklich sein können. Wir können immer noch zusammen glücklich sein.«
    »Es ist vorbei, Gem. Wir kommen aus vollkommen verschiedenen Welten.« Er sprach, als hätte er die Wörter einstudiert, bis ihre ganze Bedeutung ausgelaugt worden sei. »Mein Vater hatte recht. Es würde niemals mit uns beiden funktionieren. Sicherlich kannst du das einsehen.«
    Es gab keine Antwort, die sie auf diese Zurückweisung erwidern konnte. Er wandte sich um und schritt ohne ein weiteres Wort ins Haus zurück und verschloss ihnen die Tür. Gemma war fassungslos. Sie stand einfach nur in der Kälte da und starrte auf die fest zugeschlossene Tür. Als sie sich umdrehte, um fortzugehen, nahm sie eine Spiegelung im Erkerfenster wahr, von dem aus man den Vorbau überblickte, und bemerkte, dass sie in den Raum gucken konnte – in das Tageswohnzimmer. Sie erkannte, dass da drinnen eine junge Dame war, die an einem für das Frühstück gedeckten Tisch saß. »Juliana!«, keuchte sie. Ihr drehte sich der leere Magen um.
    Während sie weiter ihre einstige Freundin beobachtete, betrat Vernon den Raum, verweilte kurz bei seiner neuen Braut, um sie zu küssen, und nahm seinen Sitz am Tisch wieder ein. Gemma hatte das Gefühl, als würde sich die Erde unter ihren Füßen verschieben, während ihre Welt um sie herum zerfiel. Juliana, die einen seidenen Morgenmantel trug, strich Butter auf ihren Toast, so, als ob nichts geschehen wäre.
    Gemma hatte genug gesehen. Sie strengte sich an, ihren Kopf hochzuhalten, und begann, die lange Auffahrt hinabzugehen. Einen Fuß nach dem anderen stellte sie vor sich hin, als wäre dies irgendwie noch von

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