Das Knochenhaus
saubere Luft tief in sich hinein. Anschließend ging er zum Geräteraum, um dem Generator mittels Kurbeln wieder Leben einzuhauchen, und schaltete die Lichter ein. Am Kantinenzelt machte er eine kurze Rast und tauchte den Saum seines Kaftans in etwas Essig, dann kehrte er zum Grabmal zurück. Und dieses Mal – mit den eingeschalteten Lichtern und dem essiggetränkten Stoff über Mund und Nase – stellte er mit eigenen Augen fest, dass genau das passiert war, was er befürchtet hatte: Die Gefangenen waren fort.
Er machte auf dem Absatz kehrt, rannte zurück und die Stufen hinauf. Als er hinaus ins Wadi hastete, schrie er: »Die Gefangenen sind geflohen!«
Con und Mal waren immer noch im Schlafzelt und schienen von der Neuigkeit völlig unbeeindruckt zu sein. »Kannst du nicht die Klappe halten?«, murmelte Mal und fasste sich mit der Hand an den Kopf. »Es ist viel zu früh, um so herumzubrüllen.«
»Worüber redest du überhaupt?«, fragte Con.
»Die Gefangenen sind nicht in der Zelle. Sie sind fort. Sie müssen irgendwie geflohen sein.«
»Bist du sicher?« Mal betrachtete seinen Kumpan misstrauisch.
»Natürlich bin ich mir sicher. Idiot!«
»Okay, okay, bleib locker.«
»Was ist mit den anderen zwei?«, wollte Con wissen. »Immer noch da?«
»Welche anderen zwei?«
»Die Toten. An wen denkst du denn?«
»Sicher, die sind immer noch da.«
»Und sie sind immer noch tot?«, fragte Mal.
»Halt die Schnauze!«, blaffte Dex. »Ich warn dich.«
»Die können nicht weit sein«, meinte Con. »Die finden wir schon wieder.«
»Das solltest du besser hoffen – und zwar bevor Tav zurück ist. Das wird ihm nicht gefallen.«
Die drei marschierten gemeinsam hinaus in den Canyon.
»Ich nehm Baby«, sagte Con. »Vielleicht kann sie ja die zwei aufspüren.«
»Das bezweifle ich«, widersprach Dex. »Lass sie hier. Hol stattdessen die Gewehre. Diese zwei Lümmel kennen sich im Wadi und drumherum nicht aus; somit sollten wir immer noch in der Lage sein, sie zu fangen, bevor sie rausfinden, wie man aus dem Wadi rauskommt.«
Bewaffnet und eifrig darauf bedacht, ihre Schlappe wieder wettzumachen, brachen die drei Burley-Männer auf, um sich durch die beiden Hauptzweige der trockenen Schlucht voranzuarbeiten. »Mal, du überprüfst den hinteren Weg«, befahl Dex. »Und du, Con – du kommst mit mir. Wir nehmen das große Wadi.« Der Gefährte stand da und starrte ihn an. »Was ist los? Komm endlich in die Gänge.«
Mal drehte sich um und verschwand kurz darauf auf dem sich schlängelnden Pfad am Grund des Canyons. Auf dessen Mündung marschierten Dex und Con zu, die sich rasch voranbewegten und mit wachen Sinnen auf die Umgebung achteten, ob irgendetwas Ungewöhnliches zu sehen oder zu hören war. Sie kamen an den Grabnischen einer früheren Epoche und Zivilisation vorbei und durchsuchten rasch jene, die so groß waren, dass ein Flüchtiger oder zwei sich in ihnen verstecken konnten.
Nachdem sie mindestens die Hälfte des Weges bis zum Ende gegangen waren, hielten sie an, um die Verfolgungsjagd neu zu überdenken. »Vielleicht sind sie hochgegangen und über den Rand des Wadis gestiegen«, mutmaßte Con. »Wenn sie diesen Weg hier gegangen wären, hätten wir inzwischen irgendeine Spur von ihnen gefunden.«
»Könnte sein, dass du recht hast«, stimmte Dex ihm zu. »Und uns wäre Mals Signal zu Ohren gekommen, wenn er irgendwas gefunden hätte. Lass uns zurückgehen. An der Biegung gibt es einen Einschnitt in der Canyon-Wand. Auf diesem Weg können wir sie hochklettern und haben dann oben ’nen guten Rundblick.«
Die zwei gingen wieder zurück und folgten dem Weg durch die hügelige Schlucht, der zum Lager führte. An der Biegung – ein sich krümmender Schräghang aus gesprenkeltem Sandstein – verlief das Wadi in einer trägen Neunzig-Grad-Kurve und wechselte so von einer südwestlichen zu einer mehr nördlichen Richtung. Eine tiefe natürliche Spalte in der Felswand war zu irgendeinem Zeitpunkt in der Vergangenheit von den Erbauern des Grabmals erweitert worden; zudem hatten sie flache Stufen aus dem Gestein herausgeschlagen, die eine primitive Treppe bildeten, auf der man aus dem Wadi hinaus und nach oben auf die Hochebene steigen konnte. Die beiden Männer kletterten nun die Spalte hoch und gelangten schließlich oben auf der Felswand an. Was auch immer sie von diesem hohen Aussichtspunkt aus zu erblicken gehofft hatten – sie sahen es nicht.
Eine rasche Überprüfung des sie umgebenden Geländes
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