Das Knochenhaus
Pflicht an, den Gebrauch dieser Güter in jeder nur möglichen Weise zu propagieren.
Als sie zum Anger zurückkehrten, sahen sie, dass sich dort ein weiteres Pferd zu ihren Reittieren gesellt hatte. Der Reiter war nirgendwo zu erblicken.
»Das ist ein prachtvolles Tier«, sagte Sir Edward anerkennend. »Ich könnte mir denken, dass der Mann, der es besitzt, etwas von Pferden versteht.«
Lady Fayth betrachtete eingehend das Geschöpf mit seinem glänzenden schwarzen Fell, den weißen Fesseln und der weißen Blesse in der Mitte seiner breiten Stirn. Sie teilte nicht die Leidenschaft ihres Vaters für alle Vierbeiner, doch sie erkannte ein gutes Ross, wenn sie eines erblickte. »Es ist ein ausgezeichnetes Exemplar«, pflichtete sie ihrem Vater bei. »Ich frage mich, wem es gehört.«
Wie als Antwort auf ihre Frage vernahmen sie eine Stimme, die ihnen etwas zurief. Sie drehten sich um und sahen einen Mann, der genau in diesem Moment aus einem Gasthaus herauskam.
»Ich habe Hallo gesagt!«, rief er.
Vater und Tochter hielten inne und warteten auf den sich nähernden Mann. »Ist das Euer Pferd, Sir?«, fragte Lord Fayth mit lauter Stimme.
»Das ist es in der Tat, Sir«, erwiderte der Fremde. Lady Fayth warf einen abwägenden Blick auf den großen Mann, der rasch über den Anger auf sie zuschritt. Er trat mit einem ausgeprägten Selbstvertrauen auf, das zu seinem düsteren, gleichwohl guten Aussehen bestens passte. »Das ist Aquilo«, sagte er und zeigte auf das Pferd.
Statt erneut auf das Tier zu blicken, musterte Lady Fayth den Mann: Mit seinem langen schwarzen Haar, dem stolzen Schnurrbart und den prächtigen Koteletten gab sich der Fremde in jeder Hinsicht den Anschein, als ob er selbst ein Teil des kostbaren Rosses sei.
»Ich hoffe, es macht Euch nichts aus, ein kleines Stück des Angers mit mir zu teilen?« Bevor einer der beiden Angesprochenen antworten konnte, vollführte der Mann mit seinem Oberkörper eine forsche Verbeugung. »Archelaeus Burleigh, Earl of Sutherland. Zu Euren Diensten. Mit wem habe ich das Vergnügen zu reden?«
»Ich bin Sir Edward Fayth, und das ist meine Tochter Haven«, antwortete deren Vater.
Lady Fayth lächelte und bot ihrem Gegenüber die Hand an. Der Mann, der sich selbst Burleigh nannte, ergriff sie und hob sie – nach einem winzigen Moment des Zögerns – an seine Lippen. Seine Augen jedoch blieben auf ihr Gesicht geheftet. »Ich bin entzückt«, sagte er, als sie ihre Hand aus seinem Griff zog.
»Ihr seid weit entfernt von zu Hause, Sutherland«, bemerkte Lord Fayth mit sanfter Stimme. »Was führt Euch zu unserem Flecken Land – falls meine Frage Euch nicht zu kühn erscheint?«
»Durchaus nicht, Sir. Doch es ist eine lange Geschichte, und ich werde mich nicht erdreisten, Euch mit ihr zu behelligen. Es reicht wohl, wenn ich Euch sage, dass ich darüber nachdenke, mir in dieser Gegend ein Anwesen zu kaufen. Es ist viel zu kalt und eintönig im Norden. Ich habe das Lebensalter erreicht, in dem ich glaube, dass man einen südlichen Festungsbau haben muss, wenn man von einem Winter zum nächsten überleben möchte.«
»Fürwahr, Sir!«, pflichtete Sir Edward ihm mit lauter Stimme bei und strahlte voller Liebenswürdigkeit über das ganze Gesicht. »Ich könnte dies nicht besser zum Ausdruck bringen.«
»Wenn da nicht die Pächter wären, würde ich einen permanenteren Aufenthalt im Süden in Betracht ziehen«, erklärte Burleigh beinahe entschuldigend. »Doch bei einer solch großen Anzahl von ihnen, bei sieben Städten und Dörfern innerhalb der Grenzen von Glen Ardvreck ...« Er hielt inne. »Vergebt mir, ich bin in Gedanken völlig woanders. Eine Angewohnheit der Leute im Norden, wie ich fürchte. Es tut mir leid.«
»Denkt Euch nichts dabei, Sir«, beschwichtigte Lord Fayth ihn. »Ich verstehe das vollkommen. Ich kann nur bestätigen: Dies hier ist ein wunderschöner Winkel auf der Erde.« Sein Gesicht hellte sich auf, als ihm plötzlich ein Gedanke kam. »Falls Ihr heute Abend nichts mit Euch anzufangen wisst, möchtet Ihr vielleicht dann zu uns zum Dinner kommen? Nichts Ausgefallenes, gottbewahre, nur ein ungezwungenes privates Abendessen. Bringt natürlich Lady Burleigh mit und jeden anderen, der in Eurer Gesellschaft ist.«
Lord Burleigh schaute Lady Fayth an und zögerte. »Nun, ich ...«
»Ach, ich habe Euch jetzt völlig überrumpelt. Wie gedankenlos von mir. Ich nehme an, Ihr habt schon eine andere Verpflichtung.«
»Nein, nein, nichts dergleichen«,
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