Das Knochenhaus
Sperrung des Durchgangs –, bis Burleigh in holprigem Deutsch seinen Namen, Titel und sein Anliegen nannte.
Was auch immer er erzählte – die Wachmänner jedenfalls nahmen ihre Waffen beiseite und erlaubten den beiden Besuchern weiterzugehen. Unter einem Giebel mit der Statue des heiligen Georg, der den Drachen erschlug, betraten sie den Gebäudekomplex und gelangten in das weiträumige Vestibül des Palastes. Dort wurden sie von einem der kaiserlichen Saaldiener abgefangen: Es waren junge Männer, deren Aufgabe darin bestand, die Gäste des Kaisers zu ihren gewünschten Bestimmungsorten zu führen.
Erneut sprach Burleigh ein paar Worte auf Deutsch, und anschließend wurden sie tiefer durch das Gewirr von Räumen und Gebäuden eskortiert, aus denen die kaiserliche Residenz bestand.
»Wie ist Euer Deutsch?«, erkundigte sich Burleigh, als sie durch eine scheinbar endlose Galerie voranschritten.
»Warum fragt Ihr, Sir? Ich habe keinerlei Kenntnisse von dieser Sprache«, gestand Haven bereitwillig.
»Ihr wisst mehr, als Ihr glaubt«, teilte ihr der Earl mit. »Da Ihr Englisch sprecht, kennt Ihr bereits tausend deutsche Wörter oder mehr. Wie auch immer ... von Euch wird nicht verlangt, dass Ihr sprecht. Seid nur aufmerksam, und Ihr könnt das meiste verstehen, was Ihr zu wissen braucht, aufgrund der Gesten und der Situation. Erinnert Euch nur immer daran, dass die Böhmen sehr förmliche Menschen sind.«
Sie kamen vor einer großen getäfelten Tür an und blieben stehen. Der Saaldiener klopfte für sie an die Tür, und von innen antwortete eine Stimme. Daraufhin verbeugte sich der Saaldiener, trat zur Seite und gab mit einer Armbewegung zu verstehen, dass sie eintreten sollten.
»Nach Euch, meine Liebe«, sagte Burleigh.
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NEUNZEHNTES KAPITEL
E rstmals seit Wochen erwachte Kit aus einem tiefen und erholsamen Schlaf. Eine Weile blieb er noch liegen und lauschte dem Geräusch des Wassers, das sanft gegen den Rumpf der Dahabija schlug – ein Klang voller Gelassenheit und Frieden. Schließlich gab er sich einen Ruck und setzte sich auf; erst jetzt bemerkte er, dass sich das Boot bewegte. Er schlich aus dem Raum und dann auf der Kajütenleiter zum Deck hoch, obwohl er immer noch das Nachthemd trug, das ihm Thomas Young gegeben hatte. Kit sah, dass die Morgendämmerung gleich einsetzen würde und dass der Kapitän das Boot flussaufwärts steuerte. Luxor hatten sie bereits hinter sich gelassen, und vor ihnen lagen nur die grünen Ufer des Nils mit Dattelpalmen und blühenden Sesamfeldern auf beiden Seiten.
»Guten Morgen, mein Freund!«, rief eine Stimme vom erhöhten Achterdeck. »Haben Sie Lust auf einen Schluck Tee?«
»Von mir aus gerne«, antwortete Kit. Während er auf die Stufen zuging, die zum höheren Deck führten, erblickte er Thomas, der in einem seidenen Morgenrock auf einem großen Rattansessel thronte und in seinen Händen eine Tasse hielt, der dünne Dampfwolken entstiegen. Auf einem niedrigen Tisch neben ihm lag Wilhelminas Brief. Kit zog einen der Rattansessel herbei, die an der Reling standen, und gesellte sich zum Arzt.
»Zu dieser Tageszeit kann ich am besten denken«, bekannte Thomas. »Es ist kühler und somit zuträglicher für klare Gedanken.« Von einer bemalten Keramikkanne entfernte er die Haube, die den Inhalt warm hielt, goss eine weitere Tasse voll und reichte sie Kit. »Wann immer ich mich einem hartnäckigen Problem gegenübersehe, hilft mir – wie ich finde – Tee, mich zu konzentrieren.«
»Es geht nichts über die erste Tasse am Morgen«, pflichtete Kit ihm bei. »Gibt es auch Milch?«
»Dort im Krug. Bitte, bedienen Sie sich selbst.« Während sich Kit eingoss, fügte Thomas hinzu: »Es ist übrigens Kamelmilch.«
Kit probierte einen kleinen Schluck: Es schmeckte süß und leicht pikant, fand er, doch im Großen und Ganzen annehmbar. Die beiden Männer tranken schweigend weiter und betrachteten das Flussufer, das langsam an ihnen vorüberglitt – unter einem Himmel, der die Farben von Rosenblütenblättern angenommen hatte.
Nach einer Weile brach Thomas die Stille. »Ich bin die halbe Nacht wach gewesen und habe über Ihr Problem nachgedacht.«
Mehmet, der auch der Schiffskellner war, brachte eine Teekanne mit frisch aufgesetztem Tee und nahm den alten mit sich.
»Was sind Sie bereit, mir über dieses Artefakt zu erzählen, das wir im Grabmal zu finden hoffen«, fragte Thomas, während er die Tassen wieder füllte.
Kit dachte einen Augenblick nach. »Sie wissen
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