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Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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es ihm am liebsten, wenn die Hand in der Kasse dem berüchtigten Stave selbst gehörte.
    Ohne den Wind, der tagsüber den Qualm der Maschinen davonblies, war Shadowclock derselben eklig riechenden Nebelsuppe ausgesetzt wie Middlesteel. In den Nächten breiteten sich dicke Abgaswolken aus und ließen den Vollmond nur noch wie einen silbern schimmernden Fleck durch die Schwaden blinzeln.
    Oliver sah auf das Kopfsteinpflaster der steilen Straßen, und seine Schuhe bewegten sich unsichtbar im Nebel, wobei die Feuchtigkeit seine Strümpfe auf der Haut jucken ließ. Sie konnten oben auf der Stadtmauer die Wachpatrouillen hören, die sich gegenseitig etwas zuriefen, und sahen gelegentlich eine Windlaterne aufblitzen. Vorsichtig hielten sie die Augen offen, um nicht auf die Nachtkonstabler oder die Schläger des Kombinats zu treffen, aber die groben Kerle konzentrierten sich mit ihrer ganzen Wachsamkeit auf die Stadtmauer. Dampfhieb war trotz seines riesigen Körpers in der Lage, sich beinahe geräuschlos zu bewegen; sein helmartiger Kopf drehte sich unablässig, und aus dem Gitter seiner Sprechvorrichtung drangen Laute in einer Frequenz, die das menschliche Ohr nicht wahrnahm. Der Dampfmann behauptete, dass er sich auf diese Art und Weise im Nebel orientieren konnte und so auch die Männer des Kombinats und des Statthalters so aufspürte. Offensichtlich besaß er dieses Talent tatsächlich, denn es gelang ihm, sie durch das Labyrinth der langen, verlassenen Straßen zu leiten, ohne dass sie jemandem begegneten. Im Zickzack führte er sie den Hügel hinauf, dem Landeplatz des Statthalters entgegen.
    Oliver sagte seinen Freunden nicht, dass er die Gegenwart der Schlägertrupps ebenfalls fühlte und bemerkte, wie gut der Dampfritter sie um die bewaffneten Patrouillen herumnavigierte. Er konnte sie alle fühlen, wie kleine Kerzen aus Gemeinheit, die in der Nacht brannten. Und nicht nur die Patrouillen: auch den betrunkenen Kolonnenführer vier Straßen weiter, der seine Frau schlug, die ihrerseits versuchte, ihre Kinder vor dem Zorn ihres Gatten zu schützen. Oder auch den Einbrecher, der ein Dachfenster aufgehebelt hatte, im dunklen Zimmer nach dem Schlüssel für einen verschlossenen Schrank suchte und für den Fall, dass man ihn stören würde, ein Messer im Gürtel trug. Oliver spürte sogar den Statthalter in seinem prächtigen Anwesen, der in trunkener Erheiterung zusah, wie seine Soldaten einen Bergarbeiter totschlugen, der versucht hatte, den Schleppern zu entkommen. Jeder Funken Bösartigkeit glomm in der Dunkelheit.
    »Oliver!« Harry half dem Jungen auf, der auf die Knie gestürzt war. »Bist du krank?«
    »Ich kann es fühlen, Harry.«
    »Was fühlen?«
    »Das Böse. Ich kann das Böse in ihnen fühlen.«
    »Du schwitzt, als hätten dich die Pocken erwischt«, sorgte sich Harry. »Und du redest, als wolltest du eine Gruppe für eine Seance zusammentreiben.«
    »Weniger Lärm. Wir müssen weiter«, raunte Dampfhieb.
    »Diese Nacht legt vielleicht der letzte Aerostat mit Bergleuten an Bord ab.«
    »Mir geht es gut«, sagte Oliver. »Das Schwitzen wird vergehen.«
    Eine Reihe kleiner Lichter flammte an der Seite Lord Drahtbrands auf, der auf den Rücken des Dampfmanns geschnallt war. »Es ist, als ritten dich die Loas, Oliver Weichkörper. Aber ich spüre hier keine Präsenz, nur das Drängen großer Ereignisse. Eigentümlich.«
    »Ich bin hier, Bewahrer der Ewigen Flamme«, sagte Oliver. »Nur ich. Und Dampfhieb hat Recht; dies ist unsere letzte Möglichkeit, auf Kosten des Statthalters aus der Stadt auszufliegen. Wir müssen weiter.«
    Der Flugplatz lag auf der Spitze des Hügels, hinter den Mauern des großen Anwesens, das der Statthalter selbst bewohnte. Ein Aerostat wartete auf den Rückholgleisen vor dem Hangar. Es handelte sich um ein Schiff der Handelsmarine, dessen Rumpf nicht von Kanonenluken oder Flossenbombenklappen verunziert war. Zweifelsohne hätten Thaddius oder einer der anderen Jungen von Hundred Locks seinen Typ mit einem bloßen Blick auf die Silhouette bestimmen können.
    Für Oliver sah es schlicht aus wie einer der unzähligen Flugkörper, die auf ihrem Weg nach Shadowclock über sie hinweggeschwebt waren. Das Fahrzeug war mit Seilwinden dicht an den Boden gebracht worden, und man hatte eine Einstiegstreppe zu der Gondel unter seinem Bauch herangeschoben.
    »Es ist zu offen«, sagte Dampfhieb und deutete auf die Windlaternen, die den ganzen Hügel hinauf aufgestellt waren. »Zu wenig Deckung und

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