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Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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heimgesucht, bis er in Hazlebank auf eine Windmühle kletterte und runtersprang.«
    »Du bist verrückt«, sagte Oliver. »Wir sind uns überhaupt nicht ähnlich.«
    »Du meinst, ich sei verrückt?«, zischte der Flüstermann kichernd. »Du solltest die Geschöpfe sehen, die sie jetzt aus der Irrenanstalt herauslassen, Oliver. Seelenschnüffler. Mit Spezialbändigerringen, um sie unter Kontrolle zu halten – mehr ganze Rüstungen als bloße Kragen. In der Irrenanstalt haben wir sie immer die Wilden genannt.«
    Oliver sah über den Bonegate-Platz, der inzwischen leer war. »Was machst du hier, Flüstermann?«
    »So wenig Dank hast du für mich übrig, Oliver. Ich nehme die Dinge in die Hand. Für uns beide. Hier ein Traum, da ein Traum, und das nicht nur für die Irrnebler, nein, auch für die Normalen.«
    Oliver versuchte, das missgebildete Ding nicht direkt anzusehen.
    »Ich wusste nicht, dass du das kannst.«
    »Den Irrnebel gibt es in Jackals seit über tausend Jahren, Oliver, und seitdem sickert seine Essenz in die Felder und Moore und Wälder. Die Weltensänger wollen nichts davon hören, aber inzwischen steckt ein wenig Irrnebel in uns allen.« Er lachte. »In einigen mehr als in anderen, was?«
    »Ich habe noch nicht angefangen, mich zu verändern.«
    »Pah«, stieß der Flüstermann verächtlich hervor. »Träume handeln von der Wahrheit, Oliver. Sie sind eine Tür, an der man der Verleugnung selten Einlass gewährt. Frage dich selbst doch einmal: Wieso gestattet dein Verstand, dein perfekter Verstand, von dem die Wahrheitshexer der Weltensänger und die Gedankenerforschung abperlen wie ein Wassertropfen vom Entengefieder, dass ich immer noch in deine Träume eindringe?«
    »Ich …« Auf diese Frage war Oliver nicht gefasst gewesen.
    »Denk darüber nach, Oliver. Mir gefällt es hier – dein Kopf ist bei weitem der beste. So wunderbare Details. Perfekte Klarheit. Es ist nicht so leicht, mit den Normalen Kontakt herzustellen. Aber ich habe ausgeharrt, Oliver. Ich habe den Laden für uns beide geschmissen. Ich war an so vielen Orten – sogar in den Köpfen der Dampfmänner, und es ist, als wate man durch einen Strom von Glasscherben, wenn man sich auf den Gedankenfluss eines Metallwesens einlässt.«
    »Und dann hast du nichts Brauchbareres von deinen Reisen mitgebracht als obskure Warnungen vor Harry Stave?«
    »Oh, ich erwärme mich allmählich für Harry«, sagte der Flüstermann. »Er ist ein Hurensohn, und ich bin mir noch nicht sicher, ob er unser Hurensohn ist, aber im Augenblick ist er die einzige Chance für den jungen Master Brooks, wenn ich mich nicht irre.«
    »Wie beruhigend.«
    »Auf dich kommen noch ein paar Überraschungen zu, Oliver. Auf mich auch. Da draußen ist jemand – oder etwas. Es hinterlässt kleine Spuren in den Köpfen der Menschen. Sie meinen, ich wüsste nichts von ihnen, aber ich bin mächtig, Oliver. Deswegen haben sie mich so tief unter der Erde begraben. Für mich gibt es keinen Bändigeranzug.« Die sonst so zischende Stimme des Flüstermanns war zu einem Kreischen angeschwollen, und die Kulisse der Wohnblocks am Bonegate erbebte unter der Wucht seiner Wut. »Der arme alte Flüstermann darf nicht mit den Wilden raus und seinen Spaß haben! Ich darf nicht über die breiten Boulevards von Middlesteel wandern. Kein Mondlicht. Keine kalte Abendluft!«
    »Hör auf!«, rief Oliver. »Mein Kopf!«
    Der Traumsturm verebbte und verging, als der Flüstermann schließlich schluchzend aufs Schafott sank. »Ich bin nicht berechenbar, Oliver. Deswegen haben sie Angst vor mir, deswegen haben sie mich mit einem Dutzend ineinandergreifender Fluchwälle gesichert, und deswegen lassen sie den drogenverseuchten Papp, den sie mir zu essen geben, von einem abgerichteten Hund in meine Zelle schleifen.«
    Oliver sah gebannt mit einer Mischung aus Faszination, Entsetzen und Mitleid zu, wie sich der Flüstermann über das Podest schleppte, und sein klumpfüßiges Schlurfen wurde zu einem Rhythmus aus seiner Kindheit, das außer ihm niemand hörte. »Tanz ein kleines bisschen, tanz ein kleines bisschen.«
    »Was wirst du tun, Flüstermann«, fragte Oliver, »wenn sie mich fangen und der Scharfrichter meinen Hals am Galgen streckt?«
    »Sag das nicht, Oliver«, zischte der Flüstermann. »Die Erinnerung an das Roastbeef von gestern Abend ist noch so frisch in deinem Schädel. So klar. Ah, jetzt verstehe ich, was du versuchst. Du willst mich ablenken, so wie du einem Kätzchen einen Bindfaden

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